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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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zurück in den Palast und sank betrübt auf seine Matte. »Was haben wir nur versäumt?« fragte er gequält.
    »Ich habe nichts bemerkt, was noch fehlte«, sagte der alte Mann. »Haben wir irgend etwas Lebenswichtiges vergessen, Tupuna?«
    »Nichts, was auf der Hand läge.«
    »Was hat der Traum nur zu bedeuten?« rief der König in tiefer Beunruhigung. »Ich habe so verzweifelt versucht, alles richtig anzuordnen. Wo habe ich etwas versäumt?«
    Sein Onkel sagte ruhig: »Ich habe bemerkt, daß jeder Mann, als wir mit der Besichtigung fertig waren, seine Bündel fester zusammenschnürte. Am Kanu zerrten sie die Seile noch ein wenig straffer. Vielleicht ist es das, woran die Götter uns erinnern wollten: Die letzte Anstrengung, die den sicheren Erfolg bringt.«
    »Du glaubst, es war nur das?« fragte Tamatoa begierig. »Es war ein langer Tag«, wich Tupuna aus. »Laß uns alle noch eine weitere Nacht verträumen, und wenn die Zeichen günstig sind,
    dann muß das die Bedeutung gewesen sein.«
    So versammelten sich in der vierten Nacht des Sturms alle Männer, die an der Fahrt teilnahmen, gemäß der alten Sitte im Tempel, um den letzten Zufluß göttlicher Kraft zu erhalten und um dort in Erwartung der Träume zu schlafen, die die Zukunft bloßlegten. Noch einmal träumte Teroro von seinem Kanu, und wieder rief Malama, sie sei Tane, und Tehani, sie sei Ta'aroa, und gerade, ehe er erwachte, verwandelte sich jede Frau in einen Mast, so daß das Zeichen offensichtlich günstig sein mußte. Teroro war so erfreut darüber, daß er es wagte, das mächtige Tabu zu verletzen und aus dem Tempel zu schleichen. Er ging zu Malamas Bett, legte sich ein letztes Mal zu ihr und versicherte ihr, daß er sie nur auf Geheiß des Königs zurücklasse. Sie weinte in der stürmischen Dunkelheit, ehe die Dämmerung anbrach. Aber er tröstete sie, indem er das Tauende aus der Tasche nahm, das er im Tempel von Havaiki aufgehoben hatte, und Malama hinaus in den Sturm führte. Er hob einen großen Stein auf und legte das Tauende vorsichtig darunter. »Wenn ich ein Jahr fort bin, dann wälze den Stein beiseite, und du wirst wissen, ob ich noch lebe«, denn wenn das Tauende noch immer sauber und gerade dalag, dann hatte das Kanu sein Ziel erreicht, aber wenn es sich verdreht hatte...
    König Tamatoa erwachte aus seinem Traum und schlug vor Freude mit den Fäusten auf seine Matte, denn - so unglaublich es scheinen mochte - er hatte im Traum die SIEBEN KLEINEN AUGEN gesehen. Er hatte sie gesehen! Sie hatten gerade über Bora Bora gehangen und waren mit ihrem Kanu weitergezogen. »Oh, gepriesen sei Tane!« rief der König in Verzückung. Und während der letzten Stunden dieser Nacht konnte er nicht mehr schlafen, sondern stand am Eingang des Tempels und blickte in den Sturm. Der Regen schlug ihm ins Gesicht, und in diesen feierlichen Stunden gelangte er zu einer bleibenden Zufriedenheit: »Unser Schiff ist gut beladen. Wir haben gute Männer. Mein Bruder kennt sich auf dem Meer aus, und mein
    Onkel kennt die Gesänge. Heute werden wir in See stechen.«
    Aber der Traum, der vor allen anderen zum Aufbruch trieb, wurde in der Hütte des alten Tupuna geträumt. Er sah im Traumhimmel einen Regenbogen, der über dem Weg stand, den das Kanu nehmen mußte. Ein schlimmeres Omen als das hätte es nicht geben können. Aber als er länger hinsah, hoben Tane und Ta'aroa den Regenbogen auf und stellten ihn achtern vom Kanu, wo er über den Wassern in glühenden Farben erstrahlte. Das Omen, in dem sich Schlechtes durch den Eingriff der Götter zum Guten wandelte, war so glückverheißend, daß der alte Mann nicht einmal erwachte, um seinen Traum zu verkünden. Am nächsten Morgen strahlte er vor Freude und sagte zum König: »Etwas wunderbar Gutes hat sich in der Nacht ereignet. Ich habe vergessen, was es war, aber wir werden heute abend segeln.« Er ging sogleich an den Altar und nahm von ihm die kostbaren Heiligtümer für die Reise herab: einen Stein, der schwarz und weiß gestreift, mit gelben Flecken versehen und rund war, so groß wie ein Fisch - es war Tane; der andere Stein war lang und dünn und grünlich - es war Ta'aroa, der Gott des Meeres, in dessen Macht sie sich nun begaben. Tupuna wickelte jeden in ein kleines Stück Tuch, das aus gelben Federn gemacht war, und brachte seine Gottheiten zum Kanu. In einer kleinen Grashütte, die auf der Plattform hinter den beiden Masten errichtet worden war, stellte er die Gottheiten so auf, daß Tane nach dem

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