Hawaii
zurück. An dem Abend, als er seine aufreizende Radiorede hielt, sagte ich zu ihm: >Paps, du weißt doch, daß alles Lüge ist, was du sagst<, und er antwortete: >Es ist Krieg, mein Sohn.««
»Du möchtest mich also heiraten, um mit ihm ins reine zu kommen?«fragte Reiko. »Ich könnte dich niemals unter dieser Bedingung heiraten.«
»Der Zwang sitzt tiefer, Reikochan. Eenk daran, daß ich in Japan lebte. Gleichgültig, wie alt wir beide werden, Reiko, vergiß nie, was ich dir auf der Höhe dieses Krieges sagte: >Wenn Frieden ist, werden Japan und Amerika ebenbürtige Freunde sein.< Es ist mein Ernst. Ich bin sicher, daß mein Vater, da er ein guter Mensch ist, dich freudig als Tochter begrüßen wird. Denn die Leute müssen schließlich einmal ihre eignen Irrtümer einsehen. Sie müssen die getrennten Einheiten verbinden.«
»Du spricht, als wäre dein Vater das Problem«, sagte Reiko leise.
»Du meinst, deiner ist es?«
»Wir werden uns nie heiraten können«, sagte Reiko bekümmert. »Mein Vater würde es nicht dulden. «
»Sag deinem Vater, er kann zum Teufel gehen. Ich hätte es gesagt.«
»Aber ich bin eine Japanerin«, sagte sie und küßte ihn auf die Lippen.
Kamejiro Sakagawa entdeckte die Liebe seiner Tochter mit einem Weißen erst, als sein guter Freund Sakai eines Morgens im Laden erschien und zu ihm sagte: »Es tut mir leid, Kamejiro, aber meine Tochter kann nicht länger bei dir arbeiten.«
Sakagawa war verblüfft und fragte: »Warum nicht? Ich zahle gut.«
»Ja, und wir brauchen das Geld. Aber ich kann nicht riskieren, daß sie noch einen Tag länger hier arbeitet. Es könnte auch ihr geschehen. Hier kommen so viele Haoles her.«
»Was soll ihr geschehen?« stammelte Sakagawa.
»Wir gehen besser hinaus«, sagte Sakai. Als sie am Randstein der Hotel-Street standen, sagte er bekümmert: »Du warst ein guter Freund, Kamejiro, und du hast unsere Tochter gut bezahlt, aber wir können nicht die Gefahr laufen, daß auch sie sich in einen Haole verliebt, wie es deine Reiko schon getan hat.«
Dem kleinen, untersetzten Kamejiro traten die Nackenmuskeln vor. Er packte seinen Freund bei den Schultern und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Schlag zu versetzen. »Was sagst du?« drohte er. »Kamejiro!« protestierte sein Freund und versuchte umsonst, sich aus der eisernen Umklammerung zu befreien. »Frag die andern. Deine Tochter ißt jeden Tag mit einem Weißen zu Mittag - bei Senaga.« Erschüttert stieß Kamejiro Sakagawa einen Freund von sich und blickte die Hotel-Street hinunter zu dem OkinawaRestaurant des Schweinezüchters Senaga. Gerade trat der geschäftige Senaga in sein Restaurant und hatte einen weißen Freund an seiner Seite. Dieses kleine Zeichen bewies ihm, daß sein Landsmann Sakai mit seiner Behauptung recht hatte. Reikochan, die beste Tochter, die ein Mann sich nur wünschen konnte, stark und pflichtergeben, war mit einem Weißen in ein Okinawa-Restaurant gegangen. Fassungslos lehnte sich der kleine, untersetzte Mann, der damals einundsechzig Jahre alt war, gegen einen Laternenmast und vergaß das Gewimmel der Matrosen und Soldaten um ihn herum. Es war seltsam, dachte er, daß der Krieg zwei der hassenswertesten Menschengruppen so fest in den Sattel gehoben hatte. Die verdammten Chinesen hatten alle guten Anstellungen in Pearl Harbor bekommen und kauften mit ihren Löhnen ganz Honolulu auf. Ihre Söhne waren nicht im Krieg, und ihre Arroganz war unerträglich. Als Alliierte, Gefolgsleute des verdammten Tschiang Kaischek, der den ständigen japanischen Unternehmungen in China widerstand, erschienen sie auf allen Paraden und hielten Ansprachen über den Rundfunk. Den Chinesen, dachte Sakagawa an diesem trübsinnigen Morgen, geht es sehr gut. Aber noch abscheulicher war, daß es den Leuten aus Okinawa fast noch besser ging. Nun, ein Okinawa-Mann, überlegte Sakagawa mißmutig, während er Senagas Restaurant betrachtete, ist zunächst einmal ein armer Wicht, er ist weder ein richtiger Japaner noch ein richtiger Chinese, aber er will einem weismachen, daß er ein Chinese ist. Einem Mann aus Okinawa kann man nicht trauen. Man muß ihm dauernd auf die Finger schauen, damit er einem mit seiner Tochter nicht den Sohn fortlockt. Er ist ein Mann, dem der wahre japanische Geist abgeht. Es gibt wenig Menschen in der Welt, dachte Sakagawa, die niedriger als ein Mann aus Okinawa sind. Aber man mußte nur sehen, wie es ihnen während des Krieges ergangen war! Weil sie vor dem Jahre 1941
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