Hawaii
nicht in die japanische Gemeinde aufgenommen worden waren, hatten sie sich zusammengetan. Der meiste Unrat in Honolulu wurde von diesen Leuten aufgesammelt. Um die Abfälle zu verwerten, hatten sie begonnen, Schweine zu mästen, Hunderte und aber Hunderte von Schweinen. Als dann der Krieg kam und kein frisches Fleisch von Kalifornien nach Hawaii gebracht werden konnte -wo ging da alles hin, um frisches Fleisch zu kaufen? Zu den Okinawa-Leuten! Wer eröffnete ein Restaurant um das andere? Die Okinawaner! Wer sollte aus dem Krieg reicher als die Haoles hervorgehen? Diese Männer aus Okinawa! Es war ein schändlicher Scherz, daß ein Mann aus Okinawa reich und mächtig und in Ehren enden sollte, nur weil er zufällig Schweine züchtete.
Mit diesem Gedanken verbarg sich der kleine Sprengarbeiter Kamejiro Sakagawa hinter der Menge auf der Hotel-Street und wartete auf seine Tochter Reiko. Und während er wartete, murmelte er vor sich hin: »Mit einem Haole in ein OkinawaRestaurant!« Er konnte es nicht fassen. Um fünf Minuten nach zwölf Uhr betrat Leutnant Jackson das Restaurant und nahm an dem Tisch Platz, den ihm der lächelnde Senagasan reserviert hatte. Der Offizier bestellte ein Gericht eingemachter Rettiche, die er geschickt mit Stäbchen aß. Sakagawa dachte: Warum in aller Welt ißt er nur Tsukemono? Mit Haschi?
Fünf Minuten später eilte Reiko Sakagawa in das Restaurant, und ein Blinder hätte an der Art, wie sie lächelte und wie ihre ganze Gestalt vorwärtsstrebte, sehen können, daß sie verliebt war. Sie berührte den Marineoffizier nicht, aber ihr leuchtendes Gesicht und ihre funkelnden Augen kamen seinem Gesicht sehr nahe. Sie begann mit ihrer Gabel ein wenig von dem Rettich zu nehmen, und ihr Vater, der sie von der Straße aus beobachtete, dachte: Es ist alles sehr verwirrend. Was tut sie nur mit der Gabel?
Während der ganzen Mahlzeit betrachtete der kleine Japaner dieses trostlose Schauspiel, daß seine Tochter eine Verabredung mit einem Weißen hatte, und ehe Reiko das Restaurant verlassen hatte, eilte Kamejiro die Hotel-Street zurück und betrat den Laden seines Freundes Sakai. Er fragte: »Sakai, was soll ich tun?«
»Hast du es mit eignen Augen gesehen?«
»Ja. Du hattest recht.«
»Hasegawa nimmt seine Tochter auch aus dem Barbierladen.«
»Zum Teufel mit dem Barbierladen! Was soll ich mit Reiko tun?«
»Du mußt herausfinden, wer dieser Haole ist. Dann mußt du zur Marine gehen und darum bitten, daß er versetzt wird.«
»Würde die Marine auf mich hören?« fragte Kamejiro.
»In solchen Fällen schon«, sagte Sakai mit Entschiedenheit. Dann fügte er hinzu: »Aber das wichtigste ist, daß du einen Mann für deine Tochter findest.«
»Ich suche schon seit Jahren nach einem«, sagte der kleine Dynamitarbeiter. »Ich will der Heiratsvermittler sein«, versprach Sakai. »Aber es wird nicht leicht sein. Jetzt, wo sie sich mit einem Weißen ruiniert hat.«
»Nein! Sag nicht so etwas. Reikochan ist ein gutes Mädchen.«
»Aber alle wissen schon, daß sie mit einem Weißen gegangen ist. Welche ehrbare japanische Familie wird sie jetzt noch haben wollen, Kamejiro?«
»Willst du dich anstrengen, Sakai?«
»Ich werde einen Mann für deine Tochter finden. Einen anständigen Japaner.«
»Du bist mein Freund«, sagte Sakagawa unter Tränen. Aber ehe er den Laden verließ, fügte er noch weise hinzu: »Sakai, würdest du bitte einen Mann aus Hiroschima suchen? Das wäre besser.«
Frau Sakagawa hatte den Vormittag zu Hause verbracht, um Gemüse einzumachen, und war nachmittags zu Frau Mark Whipple gegangen, um dort Binden für das Rote Kreuz zu wickeln. Diese Arbeit war immer ein wenig ermüdend, denn alle Frauen in diesem Zimmer hatten mindestens einen Sohn bei den Zwei-Zwei-Zwei, mit Ausnahme von Frau Whipple. Ihr Mann befehligte aber die Truppe. Deshalb drehte sich die Unterhaltung, an der die meisten japanischen Frauen nicht teilnehmen konnten, um den Krieg in Italien und um die schweren Verluste, die die japanischen Soldaten erlitten. Aber jedesmal, wenn in dem Zimmer die Trauer um sich griff, brachte Frau Whipple, die eine Tochter der Familie Hale war, irgendein neues fröhlicheres Thema auf. Einmal sagte sie: »Präsident Roosevelt hat selber verkündet, daß unsere Jungen zu den tapfersten gehören, die je unter dem Sternenbanner gekämpft haben.« Später fügte sie hinzu: »Und TIME berichtet diese Woche, daß unsere Jungen, als sie auf Urlaub nach Salerno kamen, von den Soldaten auf
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