Hawaii
vorgeschrieben war. Auch der
Verwalter des königlichen Nachtgeschirrs war nicht mitgekommen, und ein Sklave, der vor dieser Aufgabe schauderte, mußte nun die königlichen Exkremente in das Meer schütten, anstatt daß sie heimlich in einem heiligen Hain vergraben wurden, damit kein Feind sie fand und durch einen bösen Zauber den Tod des Königs herbeiführte. Den Frauen erging es auf einer solchen Reise nicht gut. Natürlich mußten die Vorräte vor allem den Männern zukommen, denen der schwere Ruderdienst oblag. Auch die Schweine und Hunde mußten am Leben erhalten werden, damit man sich in dem neuen Land ernähren konnte. Aus diesem Grund warfen die Frauen bei jeder Gelegenheit die Angelleinen aus und überwachten sie genau. Der erste Fisch, den sie fingen, kam jeweils dem König und Teroro zu, den nächsten erhielt Tupuna und sein altes Weib, weitere vier gingen an die Ruderer, der siebte und achte wurde den Schweinen vorgeworfen, der neunte den Hunden, der zehnte den Hühnern und Ratten. Was sie darüber hinaus fingen, durften die Frauen selber essen. Mit großem Geiz wurden die Nahrungsmittel verwaltet. Wenn sie gelegentlich ausgeteilt wurden, war das immer ein Fest. Ein Mann erhielt dann vielleicht ein Stück harter, getrockneter Brotfrucht, und während er sie zerkaute, erinnerte er sich an die verschwenderischen Feste, die er einst gefeiert hatte, als es die süßen, frischen Brotfrüchte in so reichen Mengen gegeben hatte, daß die Tiere damit gefüttert wurden. Die größte Freude stellte sich aber ein, wenn der König befahl, ein Bambusrohr voll trockenem TaroMark, dem köstlichsten Gericht der Insel, aufzubrechen. Wenn dann das dunkelrote Mark ausgeteilt wurde und im Mund klebrig zu werden begann, dann strahlten die Männer vor Behagen. Doch bald ging das Taro-Mark zu Ende, und die Brotfruchtvorräte wurden immer kleiner. Auch der reichliche Regen hörte auf, und König Tamatoa mußte die Rationen noch weiter kürzen, so daß die Mannschaft jetzt nur noch ein oder zwei Bissen feste Nahrung und zwei Schluck Wasser pro Tag erhielt. Frauen und Sklaven bekamen nur die Hälfte, so daß sie am Verhungern waren, wenn sie nicht Makrelen fischten und in den Segeln Wasser auffingen. Bald nachdem die Trockenperiode eingesetzt hatte, machten der König und Teroro die bittere und quälende Erfahrung, die alle Seeleute auf solchen Fahrten machen: wenn die Zunge ausgedörrt war und der Leib vor Hitze brannte, wenn man sich mit seinem ganzen Sein nur noch nach Wasser sehnte, dann geschah es zuweilen, daß ein unerwartetes Gewitter im Abstand von einer Meile an ihnen vorüberzog und ungeheure Wassermengen über dem Meer ausschüttete - gerade außer Reichweite. Doch war es zwecklos, zu versuchen, das Gewitter durch wildes Rudern einzuholen, denn wenn man die Stelle erreichte, wo der Regen niedergegangen war, dann war das Gewitter längst weitergezogen, und die Mannschaft blieb mit glühenderen Händen und noch größerem Durst zurück. Nicht einmal ein so erfahrener Seemann wie Teroro konnte die Launen eines Gewitters absehen und es einholen. Nichts blieb übrig, als geduldig weiterzurudern und trotz dürstender Lippen und brennender Augen die Wassermengen zu ignorieren, die neben einem ins Meer stürzten. Aber man konnte auch beten, daß, wenn man zielstrebig und in seemännischer Haltung weiterruderte, früher oder später auch ein Gewitter über dem Kanu niedergehen werde. Auf einer solchen Reise war jeder geschlechtliche Kontakt tabu. Das hinderte aber den König nicht, oft zu seinem stattlichen Weib Natabu hinüberzusehen. Auch Tupuna sorgte dafür, daß Teura etwas von seinen Rationen abbekam. Und in der Hitze des Tages pflegte Tehani ein Stück Tapa in das Meer zu tauchen, um es dort zu kühlen und dann auf den schlafenden Körper ihres Mannes zu drücken. Wenn er nachts die Sterne beobachtete und den Kurs festgelegt hatte, setzte er sich zuweilen still neben das hinreißend schöne Mädchen, das er mitgenommen hatte, und unterhielt sich mit ihr über Havaiki, oder über seine Jugend in Bora Bora. Und obwohl sie kaum je etwas Vernünftiges zu sagen wußte, so achteten sich die beiden doch mehr und mehr.
Aber die seltsamsten Gedanken entspannen sich zwischen den zwölf unvermählten Frauen und den vierunddreißig Männern. Vielleicht ist unvermählt nicht das richtige Wort, um die Stellung der Frauen zu bezeichnen; denn diese und jene unter ihnen war schon in Bora Bora einem Mann vermählt gewesen. Aber auf
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