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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Tante Lucinda. Sie kam nie wieder auf Mary Hale zurück, Michas Tochter; aber die Zuhörer ahnten, daß sie irgendwie mit Whipple Janders verwandt sein mußte. Dann sagte Tante Lucinda etwas, was von der größten Wichtigkeit war: »Sie sehen, daß Whipple aus einem der besten Häuser Hawaiis kommt. Während dreier Generationen haben die Whipples Janders geheiratet, wahrscheinlich, um ihr Familienvermögen zusammenzuhalten.«
    Sie wandte sich Noelani zu, dem Mädchen, das bald heiraten sollte, und sagte: »Du hättest niemand Besseres wählen können als Whipple Janders, und ich freue mich sehr für dich, Noelani. Wenn ich dein bezauberndes Gesicht betrachte, dann sehe ich deinen Ururgroßvater Micha Hale vor mir, den Retter dieser Inseln. Du hast seine hohe Stirn, seinen Mut und seinen festen Charakter. Aber deine Schönheit stammt von den Whipples. Ist das nicht seltsam«, fragte sie ihre schweigenden Zuhörer, »daß der Same eines hübschen Mannes so viel Schönheit auf diesen Inseln erzeugen sollte? Ich weiß, daß es üblich ist, über alte Jungfern zu lachen, und sicher halten Sie mich für eingebildet, wenn ich behaupte, daß ich in meiner Jugend eine typische Whipple-Schönheit war. Kimiko, hol das Bild aus meinem Schlafzimmer!« Die Dienerin brachte schweigend eines der letzten großen Porträts, die Sargent vollendet hatte. Eine junge, strahlende Schönheit war darauf zu sehen, in weißem, spitzenbesetztem Kleid, und Lucinda fuhr fort: »Das ist es, was ich mit dem Whipple-Zug meine. Du hast ihn, Noelani, und es ist mir eine große Beruhigung, wenn ich bedenke, daß er sich nun mit der männlichen Seite der Whipple-Familie wieder vereinigen soll. Was für schöne Kinder werdet ihr haben!«
    Die Dienerin hielt verlegen das schwere Bild, und Lucinda sagte: »Du kannst es wieder zurückhängen, Kimiko.« Als das Mädchen gegangen war, gestand sie: »Sargent malte dieses Bild, als ich mit einem Engländer verlobt war, aber Vater meinte, es wäre besser, wenn ich einen Mann fände, der mehr aus der Nähe stammte. Wie Sie wissen, verlobte ich mich dann mit Horace Whipple, aber er...« Sie zögerte. Dann fiel ihr ein, daß alle ihre Besucher, mit Ausnahme Noelanis, die Geschichte ohnehin schon kannten, und sie fuhr fort: »Vor der Hochzeit erschoß sich Horace. Anfangs dachte man, er habe von J. & W. Geld entwendet, aber natürlich konnte das rasch widerlegt werden, denn in der Familie ist niemals ein Diebstahl vorgekommen.«
    »In welcher Familie?« fragte Noelani.
    »Die Familie. Wir alle«, antwortete Lucinda. Und als ihr Neffe sich mit seiner hübschen Tochter verabschiedet hatte, rief sie Kimiko, um die Gläser zu füllen, und sagte: »Diese Noelani ist eines der lieblichsten Geschöpfe, das die Inseln je hervorgebracht haben. Sie hat ausgezeichnete Zensuren von Wellesley mitgebracht, und wir können glücklich sein, daß sie zurückgekehrt ist, um einen aus unserem Kreis zu heiraten. Schließlich kommt sie aus bester Familie.«
    Einer der hervorstechendsten Charakterzüge Hawaiis war, daß sich jeder auf edle Vorfahren berief. 1949 gab es kaum noch einen Eingeborenen, der nicht von einem König stammte. Die Hales hatten den Mythos erfunden, daß der streitsüchtige alte Abner von der erbärmlichen Farm bei Marlboro, wenn man nur weit genug in der englischen Geschichte zurückging, aus einem alten Rittergeschlecht stammte. Die Kees sprachen nie davon, daß ihr Stammvater ein durchtriebener kleiner Glücksspieler war, der sich seine Konkubine aus einem Bordell in Macao geholt hatte. Er war nach dem, was von ihm gesagt wurde, so etwas wie ein Gelehrter und Schüler des Konfuzius. Und sogar Yoriko Sakagawa erzählte ihren Kindern immer wieder: »Denkt daran, daß ihr mütterlicherseits aus einem Samurai-Geschlecht stammt.« Von all diesen Fabeln war nur die von Sakagawas Frau wahr. 1703 hatte der Großfürst von Hiroschima unter seinen Lakaien einen Tölpel gehabt, dessen einzige Aufgabe war, mit einem federgeschmückten Stab dazustehen und jeden Eindringling abzuwehren, wenn sein Herr auf die Toilette ging.
    Der Herkunft nach war dieses männliche Stubenmädchen ein Samurai. Aber er war selbst zum Halten des Toilettenbanners zu dumm gewesen und bald aus dem Dienst entlassen worden.
    Er kehrte in sein Heimatdorf zurück, wo er ein Mädchen heiratete und zum Vorfahren Yoriko Sakagawas wurde. Und wenn sie wie alle anderen in Hawaii in ihrer eingebildeten illustren Herkunft eine Genugtuung fand, so wurde damit

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