Hawaii
niemandem ein Leid angetan.
Die Hale-Janders-Hochzeit wurde zu einem großen Ereignis und fand in der blumengeschmückten alten Missionskirche statt, wo Pastor Timothy Hewlett das Paar einsegnete. Aber- wie ich schon früher sagte - es machte nur den Anschein, daß Goro Sakagawa größere Unannehmlichkeiten mit seiner Familie hatte als sein Gegenspieler, Hoxworth Hale. Noelani und Whipple waren kaum vier Monate verheiratet, als Whipple - und nie kam eine solche Eröffnung aus heitererem Himmel - erklärte: »Ich liebe dich einfach nicht, Noelani.«
»Wie?« fragte sie betroffen.
»Ich werde nach San Francisco gehen und dort leben«, sagte er. »Hast du dort ein Mädchen?« fragte Noelani ohne Verlegenheit. »Nein. Ich glaube, ich mache mir nichts aus Mädchen«, erklärte er.
»Whip!«
»Du trägst keine Schuld, Noe. Aber Eddie Shane und ich wollen zusammen eine Wohnung nehmen. Er ist der Junge, mit dem ich bei der Luftwaffe war.«
»O Gott. Whip! Hast du mit irgend jemand darüber gesprochen?«
»Sieh, Noe! Mach keine Staatsaffäre daraus, bitte. Die Ehe ist nichts für mich, das ist alles.«
»Aber du bist bereit, Eddie Shane zu heiraten, oder nicht?«
»Wenn du es so nennen willst, gut. Ich bin bereit.«
Er verließ Hawaii, und man hörte später, daß er und Eddie Shane ein großes Appartement im North-Beach-Viertel von San Francisco hatten, wo Eddie Keramiken herstellte, die einmal in LIFE abgebildet wurden. Tante Lucinda erklärte gerne, was geschehen war. Sie sagte, während Kimiko Gin eingoß: »Sie müssen bis zu Micha Hales Tochter Mary zurückgehen. Dieses Mädchen war zu einem Achtel Hawaiin - durch ihre Mutter Malama Hoxworth, die eine Tochter von Noelani Kanakoa, der letzten Alii Nui, war. Nun, das ist schon schlimm genug. Aber wie Sie wissen, heiratete Mary Hale einen Janders, und man sollte denken, daß dieses kräftige Geschlecht das schwächliche hawaiische Blut aufwog. Unglücklicherweise heiratete sie jedoch in die Janders-Linie, die eines der Hewlett-Mädchen geheiratet hatte, und wie Sie wissen, waren die hawaiisch. So tat der arme Whipple Janders, als er mit dem Mann aus der Luftwaffe durchbrannte, nur das, was zu erwarten war, da er von beiden Seiten seiner Familie hawaiisches Blut in sich hatte.«
Hoxworth Hale jedoch, der die Wirkung dieser traurigen Ehe auf seine hochintelligente Tochter Noelani sah, dachte: Wenn ich ihr nicht helfen kann, wird es wieder eine Frau geben, die ihre Nachmittage in den oberen Räumen verbringen muß. - Aber er wußte nicht, welche Hilfe er ihr bieten sollte.
1951 führte Nyuk Tsin ihren letzten Streich für das Kee-Hui, und in vieler Hinsicht stellte er ihre typischste Leistung dar, denn er gründete sich auf Klugheit und wurde mit Mut bewerkstelligt. Sie war hundertundvier Jahre alt, saß in ihrem häßlichen Haus in dem Nuuanu-Tal und hörte zu, wie ihr Enkel Harvey aus der Zeitung vorlas. Mit ihrer zittrigen Stimme unterbrach sie ihn: »Was war das eben?« Da Harvey Englisch las und Hakka sprach, war er nicht sicher, ob er die verwirrende Geschichte selber verstanden hatte.
Deshalb wiederholte er den Satz: »Im amerikanischen Geschäftsleben ist es heute möglich, daß ein Unternehmen, das Geld verliert, einträglicher ist als vor einigen Jahren, wo es Gewinne machte.«
Ungeduldig ließ das alte Oberhaupt ihren Enkel diese seltsame Darstellung dreimal wiederholen, und als sie schließlich verstanden hatte, worum es ging, sagte sie mit ihrer krächzenden Stimme: »Das ist genau einer jener Kniffe, den sich die Haoles ausdenken und auf den wir dummen Chinesen erst kommen, wenn es zu spät ist.« Sie ließ ihren Urenkel Eddie kommen, Hong Kongs Sohn, den sie auf die Harvard Law School geschickt hatte, und erklärte ihm: »Ich möchte einen ausführlichen Bericht darüber, wie das zugeht.«
Zu dieser Zeit war in Hawaii noch nicht viel bekannt über die Art, wie unwirtschaftliche Unternehmungen an gutgehende angeschlossen werden konnten, aber Eddie machte sich an die Arbeit, sammelte die Auslegungen des Gesetzes durch die Gerichtshöfe des Festlandes und war innerhalb von zwei Monaten ein Experte auf dem Gebiet. Als er dann noch einige Steuerberichte aus New York erhalten hatte, meldete er sich in dem kleinen Haus bei seiner Urgroßmutter. Als er hinkam, zupfte sie gerade Scharpie von einem Schal, und er mußte denken: Wie kann sie nur in ihrem Alter noch so interessiert sein?
»Kannst du mir die Geschichte jetzt erklären?« fragte sie mit ihrer
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