Hawaii
amerikanischer Staatsangehöriger werden.« Goro protestierte: »Es ist die Chance deines Lebens!« Kamejiro fuhr in deutlichem Japanisch fort und sagte: »Sie hätten mir das Angebot vor fünfzig Jahren machen sollen, als ich hierher kam.«
»Papa!« warf Shigeo ein. »Wir leben heute in einer anderen Welt. Hack' nicht auf den Dingen herum, die fünfzig Jahre zurückliegen.«
»Fünfzig Jahre lang hat man uns erklärt: >Ihr schmutzigen Japsen sollt nie Amerikaner werden. < Fünfzig Jahre lang hat man uns erklärt: >Macht, daß ihr nach Japan zurückkommt.< Jetzt sagen sie zu mir: >Du bist ein anständiger alter Mann, Kamejiro, und wir haben uns schließlich bereit gefunden, dich Amerikaner werden zu lassen. < Wißt Ihr, was ich ihnen ins Gesicht sage: >Ihr kommt fünfzig Jahre zu spät.<«
Die Söhne waren überrascht, als sie erkannten, wie tief die Abneigung ihres Vaters war. So wandten sie sich an ihre Mutter und versuchten, sie zu überzeugen. Aber noch ehe sie ihrem Drängen nachgeben konnte, sagte der alte Kamejiro: »Yoriko, du wirst nicht die Prüfungen auf dich nehmen. Unser ganzes Leben lang waren wir gute Bürger, und wir brauchen nicht erst ein Blatt Papier, auf dem es uns bescheinigt wird.«
Dann brachte Shigeo zwei Argumente vor, die ein ganz anderes Licht auf die Sache warfen. »Papa«, begann er, »das letzte Mal verlor ich fast die Wahl, weil einige Leute diesen
Unsinn über Ischii und seine verrückte japanische Fahne während des Flottenbesuches aufbrachten. Sie wiesen daraufhin, daß er mein Schwager ist und daß ich wahrscheinlich dasselbe empfände wie er. Wenn du jetzt die Staatsangehörigkeit ablehnst, werden sie rufen: >Das beweist es! Die ganze verdammte Familie ist projapanisch!<« Der alte Kamejiro dachte lange darüber nach, und Shig konnte sehen, daß er sehr verwirrt war, denn kein Japaner war während der Wahl glücklicher als Kamejiro gewesen. Er hatte stundenlang in seinem Laden gestanden und das Plakat seines Sohnes angestarrt. »Da ist unser Junge«, hatte er seiner Frau stolz erklärt, und er bat alle Leute, für ihn zu stimmen. Als Shig bei der Wahl siegte, war der alte Mann durch ganz Kakaako stolziert, hatte allen japanischen Familien die Ergebnisse mitgeteilt und ihnen versichert, daß sie endlich einen persönlichen Beschützer im Iolani-Palast hätten. Während Kamejiro noch an diesem ersten Köder kaute, ließ Shigeo schon einen anderen vor seiner Nase hin- und herpendeln, der noch verlockender war als der erste: »Papa, wenn du und Mama Staatsangehörige werdet, dann könnt ihr 1954 zur Wahlzelle gehen. Ihr sagt: >Gib uns unseren Wahlzettel<, und dann geht ihr hinein und gebt mir zwei weitere Stimmen.« Jetzt konnte Shig sehen, wie sich sein Vater den Wahltag vorstellte, an dem er zum Wahlort schreiten würde, während sich seine Frau einen Meter hinter ihm hielt. Der alte Mann liebte nichts mehr als Pomp und die feierlichen Zeremonien des Lebens, und Shig erinnerte sich seit seinen ersten Tagen an den Stolz, mit dem sein Vater erzählte, wie er damals die Uniform des Oberst Ito angezogen und neben dem Rezitator gestanden hatte. Das war der Höhepunkt in Kamejiros Leben gewesen, dem nur jene Tage im zweiten Weltkrieg gleichkamen, da er zusah, wie seine Söhne in ihren eigenen Krieg gezogen waren. Shig war deshalb nicht auf das vorbereitet, was er nun hören mußte.
»Ich werde nicht die Staatsangehörigkeit annehmen«, sagte
der alte Mann mit Entschiedenheit. »Wenn es dir schadet, Shigeo, dann tut es mir leid. Wenn meine Stimme und die der Mutter dich um den Wahlsieg bringen, dann tut es mir leid. Aber es gibt die rechte Zeit, um eine Ananas zu essen, und wenn sie vorüber ist, dann ist die Ananas bitter im Mund. Fünfzig Jahre lang war ich einer der besten Bürger von Hawaii. Keiner der Söhne kam in Not. Keine Steuerschulden. Wenn mir deshalb Amerika jetzt am Ende meines Lebens erklärt, ich könne die Staatsbürgerschaft haben, so ist das eine Beleidigung. Amerika kann zum Teufel gehen.«
Er wollte nichts mehr von der Sache hören. Einmal brachten ihm Shig und Goro die Neuigkeit, daß das Einwanderungsgesetz nun eine weitere Ausführungsverordnung enthalte: »Leute, die schon lange auf den Inseln wohnen, brauchen keine Prüfungen in Englisch abzulegen. Das bedeutet, Papa, daß ihr Staatsbürger werden könnt, ohne auf die Sprachschule zu gehen.«
»Es wäre eine Beleidigung«, wiederholte Kamejiro. Die Söhne schwiegen. Shig sprach mit McLafferty über die
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