Hawkings neues Universum
CTC-Einweihung eine Überraschung enthüllt: Eine knapp einen Meter große Hawking-Skulptur. Es ist die letzte Arbeit des englischen Künstlers Ian Walters, der 2006 an Krebs gestorben war.
Losgelöst: Geist im Höhenflug
„Space, here I come“, tönte Stephen Hawkings Computerstimme im Mai 2007. Damals startete er an Bord einer modifizierten Boeing 727 vom Kennedy Space Center in Florida. In einer Höhe zwischen 2400 und 3400 Meter flog das Flugzeug acht Parabeln, bei denen im freien Fall, wie es schon Einstein erklärt hatte, knapp 30 Sekunden Schwerelosigkeit herrschte (was mit fast der doppelten Schwerkraft davor und danach „bezahlt“ werden musste). „It was amazing“, freute sich Hawking anschließend über diese Art von Raumfahrt des kleinen Mannes.
Aber es war nicht nur das grandiose Erlebnis der Schwerelosigkeit. (Der Autor weiß, wovon er schreibt, hat er doch mit 62 22-Sekunden-Parabeln bei Kampagnen der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR die sehr erträgliche Leichtigkeit des Seins ebenfalls genossen und war dabei mit über 20 Minuten sogar länger schwerelos als Alan Shepard, der erste amerikanische Astronaut.) Für ein paar Sekunden war Hawking von einem immobilen Leben erlöst.
„Ich war fast vier Jahrzehnte lang an den Rollstuhl gefesselt. Und die Chance, frei in der Schwerelosigkeit zu schweben, wird wundervoll sein“, sagte er vor dem Flug, den ihm die Firma Virgin Galactic gesponsert hatte. Mit Suborbitalflügen will diese demnächst das Geschäft mit dem Weltraumtourismus beginnen – und ein über 100 Kilometer hoher vorgesehener „Hüpfer“ würde die Passagiere für zunächst 200.000 Dollar definitionsgemäß in den Weltraum bringen.
Doch Hawking, der auch zu einem solchen Flug eingeladen wurde, hatte selbst eine ganz andere „Werbebotschaft“: Er betont die Notwendigkeit für den Menschen, den Weltraum zu kolonisieren. Denn nur dies kann langfristig das Überleben der Menschheit gewährleisten. Doch es besteht die Gefahr, wegen irdischer Querelen diesen Schritt, der mit den bemannten Mondlandungen und den Raumstationen begonnen hat, nicht oder zu spät fortzusetzen. „Das Leben auf der Erde hat ein steigendes Risiko, von einer Katastrophe ausgelöscht zu werden – etwa einem plötzlichen Temperaturanstieg, einem Atomkrieg, genetisch modifizierten Viren oder anderen Gefahren“, sagte Hawking. „Ich möchte deshalb das öffentliche Interesse am Weltraum unterstützen. Ein Parabelflug ist der erste Schritt.“
Besonderheit: Ist Hawking eine Singularität?
Hawking als „Genie“ zu bezeichnen, ist längst zur einfallslosen Floskel geworden. Damit kann und muss er leben – zumal es schlimmere Vorurteile gibt. Freilich ist „Genie“ oft eine abgedroschene Phrase. Aber das ist nichts Neues. Schon 1931 hatte Robert Musil in seinem – fast wäre man versucht zu sagen: genialen – Roman Der Mann ohne Eigenschaften beschrieben, wie sein Protagonist nach guten Leistungen in der mathematischen Forschung keinen Sinn mehr in dieser enormen Anstrengung des Geistes sah. Denn: „Es hatte damals schon die Zeit begonnen, wo man von Genies des Fußballrasens oder des Boxrings zu sprechen anhub, aber auf mindestens zehn geniale Entdecker, Tenöre oder Schriftsteller entfiel in den Zeitungsberichten noch nicht mehr als höchstens ein genialer Centrehalf oder großer Taktiker des Tennissports.“ Doch dann erschien „in einem Bericht über einen aufsehenerregenden Rennbahnerfolg“ die Formulierung „das geniale Rennpferd“, und der Protagonist, der dem heiligen Tier der Kavallerie und dem ganzen Geschwätz darüber entflohen war, „um ein bedeutender Mensch zu werden“, musste sich, „nun nach wechselvollen Anstrengungen der Höhe seiner Bestrebungen“ näher gekommen zu sein, bitter eingestehen, dass ihn dort oben bereits das Pferd begrüßte, „das ihm zuvorgekommen war“. Was zählte da noch die Wissenschaft? Denn man darf, wie Musil schrieb, „nicht unterschätzen, wie viele bedeutende Eigenschaften ins Spiel gesetzt werden, wenn man über eine Hecke springt“ – und die berühmten Hürdenpferde machen das vor. „Nun haben aber noch dazu ein Pferd und ein Boxmeister vor einem großen Geist voraus, dass sich ihre Leistung und Bedeutung einwandfrei messen lässt und der Beste unter ihnen auch wirklich als der Beste erkannt wird, und auf diese Weise sind der Sport und die Sachlichkeit verdientermaßen an die Reihe
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