Hawks, John Twelve - Dark River
Unterwasserkamera gekauft – Dinge, die ein Tourist für einen Schnorcheltrip auf den Bahamas kaufen würde.
»Die Druckluftflasche sieht sehr klein aus«, kommentierte Lumbroso.
»Das nennt man einen Pony Tank. Sie haben gesagt, im Tunnel sei nicht viel Platz.«
Maya legte zuerst den Bleigürtel an, dann verband sie das eine Ende des Lungenautomaten mit dem Pony Tank und hängte sich den Plastikriemen der Kamera um den Hals. Der Tunnel war so schmal, dass sie die Druckluftflasche mit einem Arm eng an sich würde pressen müssen.
»Wonach suche ich genau?«
»Sie müssen alle lateinischen oder griechischen Sätze am äußeren Rand der Sonnenuhr fotografieren. Einige der Sätze beschreiben Städte in der antiken Welt, andere einen spirituellen Ort — eine Einstiegsstelle.«
»Und wenn die Schrift mit Schutt bedeckt ist?«
»Sie dürfen ihn beiseiteschieben, aber berühren Sie nicht die Wände.«
Maya zog die Tauchermaske über und presste sie sich ins Gesicht, dann öffnete sie das Luftventil und fing an, durch das Mundstück zu atmen.
»Viel Glück«, sagte Lumbroso. »Und bitte … seien Sie vorsichtig.«
Maya kniete sich auf den Boden und hielt den Kopf unter Wasser. Sie streckte sich flach aus und glitt auf das Loch in der Wand zu. Sie konnten ihren eigenen Atem hören, das Blubbern des Lungenautomaten und das Scharren von der Kante des Pony Tanks, die sie über den Kalkboden schleifte.
Als sie die Öffnung erreicht hatte, streckte sie die Arme aus und richtete die Taschenlampe ins Dunkel. Im Lauf der Jahre hatte die Wasserströmung einen Tunnel durch die Trümmer der Vergangenheit gegraben. An den Tunnelwänden hatten sich Steine, römische Ziegel und Bruchstücke aus weißem Marmor angesammelt. Die Röhre machte einen instabilen Eindruck, so als könnte sie einstürzen, dabei drohte die wahre Gefahr aus der Gegenwart. Um das bröckelnde Hausfundament abzustützen, hatte man Eisenstangen bis tief in den Grund getrieben. Die scharfen Stangenenden ragten in den Tunnel hinein wie die Spitzen verrosteter Schwertklingen.
Maya schob sich mit den Zehen vorwärts und glitt durch den Tunnel. Wenn sie zu den Trümmern und den Eisenstangen hinaufschielte, fühlte sie sich, als drückte die Stadt mit ihrem ganzen Gewicht auf die Röhre. Sie bewegte sich dicht über dem Travertinboden, konnte aber keine Bronzeschrift entdecken.
Der Lungenautomat machte ein kratzendes Geräusch, und Blasen stiegen neben ihrem Gesicht auf. Sie schob sich Zentimeter für Zentimeter vor, bis ihr ganzer Körper im Tunnel verschwunden war. Der Durchmesser war so niedrig und schmal, dass sie sich nicht mehr umdrehen konnte. Um in den Kellerraum zurückzugelangen, würde sie sich mit den Händen rückwärtsschieben müssen.
Vergiss deine Angst , hatte Thorn immer gesagt. Konzentriere dich auf dein Schwert. Ihr Vater schien niemals irgendwelche Zweifel gehegt zu haben. Und doch hatte er zwei Jahre in Rom verbracht, um seinem Schicksal zu entgehen. Maya verdrängte alles aus ihrem Kopf außer dem Tunnel und kroch weiter vorwärts.
Sie hatte sich vier oder fünf Meter vorgearbeitet, als der Tunnel eine Biegung nach rechts machte. Sie glitt unter einer Eisenspitze durch und kam in einen größeren Hohlraum, der wie eine Unterwasserhöhle aussah. Die Oberfläche der Sonnenuhr wirkte an dieser Stelle noch dunkler, aber beim Näherkommen entdeckte sie die griechischen und lateinischen Wörter, die in Bronze in den Boden eingelassenen waren.
Maya hielt die Taschenlampe in der linken Hand, tastete mit der rechten nach der Unterwasserkamera und begann, Fotos zu schießen. Wenn sie ihren Körper bewegte, erschienen und verschwanden immer neue Schattengebilde.
Während sie weiter vorankroch, entglitt ihr die Druckluftflasche und stieß irgendwo seitlich von ihr an. Etwas Schutt löste sich aus der Wand und fiel auf die Sonnenuhr. Eigentlich war es nichts, nur ein paar schwarze Kieselsteine, aber Maya empfand auf einmal Furcht.
Mehr Sand und Steine rieselten von der Wand. Ein ordentlicher Brocken rollte auf sie zu. Rasch knipste sie noch ein paar Fotos und versuchte dann, sich zurückzuschieben, aber plötzlich brach ein Stück aus der Decke und krachte direkt vor ihr auf den Boden.
Aufgewirbelter Sand verdunkelte das Wasser. Maya versuchte zu entkommen, aber sie steckte irgendwo fest. Sie kämpfte gegen die Panik an, legte beide Handflächen auf den Marmorboden und stieß sich mit aller Kraft ab. Vor ihren Augen explodierten Luftblasen,
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