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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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Industriestaaten wurde heutzutage nicht mehr von obsoleten politischen Idealen inspiriert. Wahre Rebellion ergab sich aus dem eigenen Verhältnis zum System.
    Sebastian fuhr gelegentlich zur Uni, und Ice lebte noch bei ihren Eltern, aber die meisten Free Runner hielten sich mit Jobs im Untergrund über Wasser. Einige Leute arbeiteten in durchgehend geöffneten Tanzclubs, andere servierten in Pubs während der Fußballübertragungen das Bier. Sie reparierten Motorräder, schleppten Möbel oder verkauften Touristen Souvenirs. Jugger hatte einen Freund, der im Auftrag der Stadtverwaltung tote Hunde einsammelte.
    Die Free Runner kauften ihre Bekleidung an Straßenständen und ihre Lebensmittel auf Bauernmärkten. In der Stadt gingen sie zu Fuß oder benutzten merkwürdig aussehende Fahrräder, die aus verschiedenen Einzelteilen zusammengeschweißt waren. Jeder besaß ein Mobiltelefon, aber alle telefonierten mit Prepaid-Handys, die schwer rückzuverfolgen waren. Sie verbrachten Stunden im Internet, ohne sich jemals bei irgendeinem Provider anzumelden. Roland bastelte improvisierte Antennen aus leeren Kaffeedosen, mit denen sie sich Zugang zu verschiedenen WLAN-Netzwerken verschafften, also angelten, wie sie das nannten. Außerdem zirkulierten bei den Runnern Listen von Coffeeshops, Bürogebäuden und Hotellobbys, deren Internetzugänge offen standen.
    Um neun Uhr abends hatten alle, die sich vorgenommen hatten, betrunken zu werden, ihr Ziel erreicht. Malloy, der Teilzeit-Barmann, der am Rennen teilgenommen hatte, hielt eine Rede über Pläne der Regierung, die Fingerabdrücke aller Kinder unter sechzehn Jahren zu nehmen, die einen Reisepass beantragten. Diese Abdrücke und weitere biometrische Daten würden in einer geheimen Datenbank gespeichert.
    »Das Innenministerium behauptet, den Terrorismus besiegen zu können, indem es die Fingerabdrücke irgendwelcher elfjährigen Mädchen einsammelt« rief Malloy. »Warum begreifen die Leute nicht, dass es hier bloß um Kontrolle geht?«
    »Kontrolliere du lieber mal deinen Alkoholpegel«, sagte Jugger.
    »Wir sind längst Gefangene!«, schrie Malloy. »Und jetzt wollen sie den Schlüssel wegwerfen. Wo bleibt der Traveler? Das möchte ich wissen. Alle sagen mir: ›Hoffe auf einen Traveler‹, aber ich habe noch keine Spur von ihm gesehen.«
    Gabriel fühlte sich, als wüssten plötzlich alle Partygäste über seine wahre Identität Bescheid. Er ließ seinen Blick durchs Wohnzimmer schweifen und rechnete damit, dass Roland oder Sebastian mit dem Finger auf ihn zeigten. Da ist der Traveler. Da drüben. Nutzloses Arschloch. Er steht direkt vor euch.
    Die meisten der Free Runner hatten keine Ahnung, wovon Malloy überhaupt sprach, trotzdem schienen ein paar von ihnen äußerst bemüht, den Betrunkenen zum Schweigen zu bringen. Zwei Mitglieder seiner Crew begannen, ihn zur Hintertür hinauszuschieben. Niemand schenkte dem besondere Beachtung, und die Party ging einfach weiter. Mehr Bier. Reich mal die Chips rüber. Gabriel hielt Jugger im Flur im Erdgeschoss an. »Wovon hat er gesprochen?«
    »Ist irgendwie geheim, Mann.«
    »Ach komm, Jugger. Du kannst mir vertrauen.«
    Jugger zögerte kurz, dann nickte er langsam. »Ja. Ich schätze, das stimmt.« Er nahm Gabriel in die leere Küche mit und fing an, den Abfall in Plastiktüten zu stopfen. »Erinnerst du dich an den ersten Abend im Pub, als ich dir vom System erzählt habe? Einige Free Runner behaupten, hinter der ganzen Kontrolle und Überwachung stünde eine Gruppe namens Tabula. Sie versucht, aus Großbritannien ein Gefängnis ohne Mauern zu machen.«
    »Aber Malloy hat von einem Menschen namens Traveler gesprochen.«
    Jugger warf den Müllsack in eine Ecke und öffnete eine Bierdose. »Na ja, an der Stelle wird die Geschichte ein bisschen verrückt. Den Gerüchten nach gibt es Menschen, die man Traveler nennt und die uns vor der Gefangenschaft bewahren können. Deswegen schreiben die Leute überall in London ›Hoffe auf einen Traveler‹ auf die Wände. Ich habe das auch schon ein paarmal gemacht.«
    Gabriel versuchte, entspannt und beiläufig zu klingen. »Und wie wird der Traveler die Verhältnisse ändern, Jugger?«
    »Verdammt, wenn ich das wüsste. Manchmal glaube ich, dieses ganze Gerede über die Traveler ist bloß ein Märchen. Realität ist hingegen, dass ich bei jedem Spaziergang durch London noch mehr Überwachungskameras entdecke. Es ist zum Verzweifeln. Unsere Freiheit schmilzt dahin, auf tausend verschiedene,

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