Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
Unsinn waren, dennoch gruselte es sie. Bei der Vorstellung, die tote Margarita könnte in den finsteren Korridoren der Hazienda spuken, lief es ihr eiskalt über den Rücken. Die Puppe, die vor ihrer Tür gelegen hatte, fiel ihr wieder ein. Steckte Alicia dahinter?
Ihr wurde schwindlig, und sie musste sich an einer Stuhllehne festhalten. Schluss jetzt mit diesen dummen Gedanken! Energisch rief sie sich zur Ordnung und sagte in scharfem Tonfall: „Ich hoffe, Sie verbreiten diesen Unfug nicht, wenn Kico in Hörweite ist.“
„Wofür halten Sie mich? Aber das ist kein Unfug, Señorita Julie. Bitte seien Sie vorsichtig. Alicia mag Sie nicht.“ Die Köchin schüttete Mehl in eine Schüssel. „Es passt ihr bestimmt nicht, dass Sie Eloisa gebeten haben, auf den Jungen aufzupassen.“
„Falls sie etwas sagt, berufen Sie sich auf mich.“ Julie klopfte Eloisa freundschaftlich auf die Schulter. „Machen Sie sich mit Kico einen schönen Tag und passen Sie gut auf ihn auf. Bis heute Abend.“
Obwohl sie Eloisa vertraute, betrat sie die Fähre eine Stunde später mit einem unguten Gefühl, das jedoch verflog, sobald das Schiff abgelegt hatte. Der Himmel war grau und bleiern, die Luftfeuchtigkeit schier unerträglich, nur auf dem See ließ es sich im Fahrtwind aushalten.
Julie lehnte entspannt an der Reling und beobachtete die Fischer mit ihren Netzen.
In Patzcuaro führte ihr erster Gang zum Postamt. Sie ging in eine der Telefonzellen und rief ihre Eltern in Florida an.
Sie freute sich sehr, als ihre Mutter sich meldete. „Hallo, Mom.“
„Julie! Geht es dir gut? Wie gefällt dir der Ferienjob?“
„Alles ist wunderbar, Mom.“
„Und was ist mit dem Hurrikan?“
„Welcher Hurrikan?“
„Jezebel. Heute Morgen habe ich in den Nachrichten gehört, dass er aufs Festland zurast. Wie hieß der Ort doch gleich? Mansan…“
„Manzanillo? Da weißt du mehr als ich. Ich habe heute noch gar kein Radio gehört.“
„Wie weit seid ihr von dem Ort entfernt, Julie?“, fragte ihre Mutter besorgt.
„Ungefähr dreihundert Meilen. Aber ich glaube nicht, dass er uns erwischt. Mach dir keine Sorgen, in der Hazienda sind wir auf alle Fälle sicher.“
Ihr Vater war nicht zu Hause, aber ihre Schwester Susie wollte unbedingt Neuigkeiten mit Julie austauschen. Nachdem sie kurz mit ihr gesprochen hatte, legte Julie auf. Das Gespräch hatte sie aufgemuntert, doch nachdem es beendet war, fühlte sie sich noch einsamer als zuvor.
Um sich abzulenken, spazierte sie zum Marktplatz und besuchte das Völkerkundemuseum in einem wunderschönen Gebäude, das ursprünglich als Hochschule gedient hatte. Im Souvenirladen des kleinen Museums erstand sie eine Schnitzerei für Kico.
Anschließend entschied sie sich, eine der alten Kirchen zu besichtigen. Dort war es ruhig und angenehm kühl. Julie war nicht gläubig, dennoch hatte sie das Bedürfnis niederzuknien und für ihre Familie zu beten. Ohne weiter darüber nachzudenken, schloss sie auch Kico und seinen Vater in das Gebet mit ein.
So vergingen die Minuten. Ein leichter Duft von Weihrauch und verwelkenden Blumen hing in der Luft. Die Jungfrau von Guadaloupe, Mexikos Schutzheilige, blickte auf Julie herab.
Julie sah zu der Skulptur hinauf. „Hilf Kico“, flehte sie. „Beschütze ihn!“
Von derKircheführte ihr Weg zudemRestaurant, indem sie und Kico zu Mittag gegessen hatten. Sie setzte sich auf die Terrasse und hatte gerade bestellt, als eine Windbö die Decken von den Tischen fegte und es anfing, wie aus Eimern zu schütten.
Die Kellner hatten alle Hände voll zu tun, die Tischdecken einzufangen. Die Gäste suchten im Restaurant Zuflucht.
„O je, nun hat uns der Hurrikan erwischt“, sagte der Oberkellner besorgt. „Vorhin habe ich in den Nachrichten gehört, dass er mit 130 Meilen in der Stunde durch Manzanillo gefegt ist.“
„Ich glaube, wir werden verschont“, widersprach ein Kollege. „Wahrscheinlich trifft er erst weiter südlich Richtung Acapulco auf Land.“
„Woher wollen Sie das wissen?“, fragte ein Gast. „Der Sturm kann ebenso gut uns treffen.“
Ein Kellner servierte Julie das bestellte Clubsandwich. „Ich möchte gleich bezahlen“, sagte sie. „Dann nehme ich ein Taxi zum Fähranleger.“
„Bei diesem Wetter fährt sicher kein Taxi und erst recht keine Fähre, Señorita. Warten Sie lieber, bis das Unwetter abgezogen ist.“
„Ich muss aber zurück.“
Sie hätte Kico nicht allein zurücklassen dürfen. Eloisa mochte eine
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