Head over Heels 2
wenn ich an Lisas fünf Anrufe an diesem Tag denke, das bevorstehende Gespräch mit ihr und an den morgigen Tag, dreht sich mir der Magen um.
Ich lege den Kopf in den Nacken, als ich plötzlich eine Hand an meiner Taille spüre. Eine zweite folgt und sie treffen sich auf meinem Bauch, den sie behutsam streicheln und mich dabei an den hinter mir stehenden Körper drücken. Ich stöhne auf, vielleicht ein bisschen zu laut. Schließlich sind wir nicht alleine. Ich sollte mich zusammenreißen.
William zieht mich noch enger an sich, greift nach dem Shampoo, verteilt einen Klecks in seinen Händen und schäumt mein Haar ein. Er tut dies auf eine genießerische Art, was bei mir totale Entspannung hervorruft. Mein Kopf ruht auf seinen breiten Schultern, während ich nur seinen Mund und den Ansatz seiner Nase im Blickwinkel habe. Der Mund ist zu einem spitzbübischen Grinsen verzogen, was sämtliche Alarmglocken schrillen lässt.
„ Ich bin für dich da, das weißt du doch“, flüstere ich müde und verfolge die Veränderung in seinem Gesicht – es wird hart, das Lachen verschwindet und er verkrampft sich.
Als keine Antwort von ihm kommt und er seine Hä nde demonstrativ von meinen Brüsten nimmt, weiß ich, dass er wieder hinter seiner Mauer verschwunden ist. „Es ist schwer für dich, das versteht jeder. Vor allem ich. Ich verurteile dich nicht, William. Ich liebe dich. Rede mit mir!“
Er schn aubt und entfernt sich weiter von mir – ein glatter Rückzug.
„ Du kannst nichts dafür. Was hättest du machen sollen?“
„ Ich hätte sie schon längst von diesem Schwein befreien sollen. Stattdessen haben Gaby und ich sie alleine gelassen und das, obwohl sie jahrelang für uns gelitten hat.“
Seine Stimme bricht, er le hnt sich an die Wand der Dusche und lässt den Kopf hängen. Etwas zerreißt in mir. „William“, ich bin entsetzt über seinen Gedankengang, drehe mich zu ihm um und nehme sein Gesicht zwischen meine Hände. Er sieht kurz hoch, schließt dann die Augen und schnaubt abermals.
Mir ist bis jetzt nicht wirklich bewusst gewesen , wie sehr ihm das alles an die Nieren geht. Ich habe in meiner naiven Art angenommen, er sei stark, und doch habe ich mich getäuscht. Wie sollte er auch stark sein nach allem, was passiert ist? Das ist wohl das Sahnehäubchen des bitter schmeckenden Sirups, den er sein Leben lang zu schlürfen hatte.
Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Ich möchte ihm so gerne helfen. Immer wieder streichle ich seine Wangen, seine Lippen, stelle mich letztendlich auf die Zehenspitzen und küsse ihn liebevoll. Wobei ich nicht zu erwähnen brauche, dass er den Kuss nicht erwidert. Zu weit ist er in seiner dunklen, voll von Hass gegen sich selbst erfüllten Welt verschwunden.
„ Du kannst nicht die ganze Welt beherrschen, ebenso wenig wie sie dich. Aber jetzt wird alles gut. Deine Mutter ist hier bei dir, du kannst sie beschützen und ihr beistehen. Sie ist in Sicherheit und sie ist so unbeschreiblich tapfer.“
Er macht eine abfä llige Handbewegung und sieht mich verzweifelt an. „Sie kann ich retten, doch dich habe ich ins Verderben gestürzt.“
Was? Das alles nach diesem langen Kampf – wieder ein Schritt zurück? „Einen verdammten Scheiß hast du. Ich bin bei dir, William. Ich werde dich nicht mehr verlassen. Du weißt, wie viel du mir bedeutest.“
„ Rose“, er klingt noch nüchterner, noch abweisender. „Mein Vater weiß von unserem Verhältnis und so wie ich ihn kenne, ist er bereits in London. Er wird dich mit mir und meiner Mutter sehen – hier.“
Langsam fü gen sich die einzelnen Puzzlesteine zu einem Ganzen. Doch noch immer sind die Konturen verschwommen und grau. „Glaubst du, er würde mir etwas antun?“
So krank ist Charles Bennet doch nicht – bitte nicht. Der letzte Rest von Achtung, den ich ihm noch entgegenbringe, würde sich dann in Nichts auflösen.
William s Blick beantwortet meine Frage. Ich lege meine Hände auf seine Brust und blicke ihn verstört an. „In nächster Zeit solltest du auf mich hören und keinen Unsinn machen. Kein Weglaufen und keine Spinnereien. Hast du mich verstanden, Rose?“
Ich nicke und habe einen schalen Geschmack im Mund.
„ Es ist so viel geschehen, ich möchte dich nicht mit dem Müll belasten. Außerdem möchte ich nicht, dass du vor mir wegläufst. Was du zweifelsohne tun würdest.“
Ic h weiß doch schon alles, denke ich traurig und lehne meinen Kopf an seine Brust, die sich schnell hebt und wieder senkt.
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