Head over Heels 2
belauern.
„ Ein Geschenk?“, wiederhole ich erwartungsvoll. Noch klammere ich mich an einen winzigen Strohhalm.
Ein stummes Nicken muss mir als Antwort genü gen. Dann zeigt er wieder auf den Karton. „Mach ihn auf“, drängt er.
Ich nehme all meinen Mut zusammen und hebe vorsichtig den Deckel an. Drinnen finde ich zwei flache Gegenstände, die in Papier gewickelt sind. Meine Kopfhaut kribbelt, während William mich mit einem seltsamen Lächeln ansieht. Es hat nichts Freundliches an sich, sondern ist dunkel und hasserfüllt. Als wäre er ein böser König, der mir den Kopf eines Verräters präsentiert.
Ich nehme den oberen Gegenstand heraus, entferne das Papier und entdecke die Rü ckseite eines Bilderrahmens. Verdutzt ziehe ich die Augenbrauen nach oben. Er will mir doch nicht wirklich ein Geschenk machen und hat ein Bild von uns beiden besorgt? William ist zwar egozentrisch, doch das grenzt an Masochismus.
Achtlos werfe ich das Papier zu Boden und drehe den Bilderrahmen um.
Im nä chsten Moment stockt mir der Atem. Meine Augen sind starr auf das Gebilde in meinen Händen gerichtet und kalte Schauder jagen über meinen Rücken.
Ich kann meinen Blick nicht von dem Bild wenden . Keine Ahnung, wie lange. Doch noch immer bin ich mir Williams Blicken bewusst. Sie durchbohren meinen Kopf und scheinen meine Gedanken zu lesen.
„ William“, flüstere ich und lege meine freie Hand auf den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken.
„ Ich konnte mich nicht entscheiden, welches ich nehmen soll. Letztendlich sind es zwei geworden. Ihr werdet euch schon einigen, welches euch am besten gefällt.“
I n meinen Ohren setzt ein unerträgliches Rauschen ein.
„ Mach das zweite auf“, blafft er und reißt es aus dem Karton, der wenige Sekunden später auf dem Fußboden landet. Schon lange habe ich ihn nicht mehr so wütend erlebt!
„ William, bitte“, flehe ich.
„ Mach es auf“, knurrt er und lässt seine Faust auf die Tischplatte knallen.
Noch zittriger als zuvor en tferne ich das Papier und bin abermals mit dem konfrontiert, was ich getan habe.
„ Auf dem zweiten Bild ist besonders schön zu erkennen, wie leidenschaftlich du bist. Ich muss es schließlich wissen, immerhin bin ich des Öfteren in diesen Genuss gekommen. Wenn es denn nicht gespielt war.“
Ich nehme die beiden Bilder nä her in Augenschein. Sie sind nicht ganz scharf, da wahrscheinlich aus einiger Entfernung aufgenommen, und die Sonne erledigt das Übrige. Trotzdem sind die abgebildeten Personen deutlich zu erkennen. Sogar deren Mienenspiel, in dem Punkt muss ich William zustimmen. Auf dem ersten berühren sich unsere Lippen kaum. Es ist ein Kuss, der mit etwas gutem Willen auch als freundschaftlich durchgehen könnte. Auf dem zweiten geht es schon eher zur Sache. Ich habe meine Finger in Andys Haaren verkrallt und es sieht so aus, als wollte ich ihn nie mehr loslassen.
Eine Trä ne löst sich aus meinen Augenwinkeln und kullert über meine Wange, um schlussendlich auf dem rechten Bild zu landen.
„ Du möchtest jetzt bestimmt wissen, wie ich an diese Fotos gekommen bin. Ich werde es dir erzählen. Vielleicht ist dir das bis jetzt noch nicht aufgefallen, aber ich bin ein klein wenig bekannt. Campbell ist es auch. Na ja, mit dem Bekanntheitsgrad steigt auch das Interesse an deinem Privatleben. Man will wissen, mit wem du dich triffst, was du machst, wo du bist … eine ganze Liste. Es gibt Menschen, die bekommen Geld dafür, nicht dafür, dass sie sich durch die Welt vögeln, wie manch andere.“ Ich weiß, dass das auf mich gemünzt ist, und wage einen mutigen Versuch, ihm in die Augen zu sehen, was ich umgehend bereue. „Wie dem auch sei. Sie machen Bilder von bekannten Personen und verkaufen sie an Zeitungen oder ans Fernsehen. Hier haben wir ein solches Exemplar.“ Aus einer Schublade taucht die neueste Ausgabe eines Klatschmagazins auf, auf dessen Cover die beiden Bilder zu sehen sind, die ich eben geschenkt bekommen habe.
„ Zweigleisig – hat sich Englands begehrtester Junggeselle in die Falsche verliebt?“, lautet die Schlagzeile.
„ Diese Zeitungen kann man in jedem x-beliebigen Geschäft kaufen. Ganz England kann das – auch ich. Es war sicher eine romantische Idee, euch im Park zu treffen, dort zusammen zu essen, die Sonne zu genießen und eure junge Liebe der Welt zu zeigen.“
Ich weine mittlerweile so laut und heftig, dass es mich sch üttelt und ich nach einem Taschentuch kramen muss. Er macht mir Angst. Oder
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