Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
im Auftrag eines Risikokapitalgebers, der die meisten von Florencias Klienten gedeckt hatte. Ich streute ausreichend Informationen ein, die ich den Akten der Agentur entnommen hatte, um meine Vertrautheit mit der fraglichen Firma zu beweisen, Informationen, die niemand anders besitzen konnte.
»Sie arbeiten demnach nicht für die Versicherungsaufsicht«, bemerkte er.
»Ich habe Ms. Cathcart angelogen. Ich glaube nicht, dass sie mit der Wahrheit zurechtkommen würde. Sie schon. Tatsächlich glaube ich, dass Sie meinen Anruf bereits erwartet haben«, sagte ich.
»Vielleicht sollten Sie mir erst mal verraten, worum es eigentlich geht«, antwortete er.
»Das wissen Sie.«
Am anderen Ende der Leitung setzte ein langes Schweigen ein. Ich kniff die Augen zusammen, fügte der Stille die Dunkelheit hinzu.
»Nein, das tue ich nicht«, behauptete er schließlich.
»Sie waren der geschäftsführende Vorstand der Agentur. Treuhänderisch verantwortlich für den korrekten Umgang mit Kundengeldern. Und Sie wissen nicht, dass etwas davon fehlt?«
Erneut langes Schweigen.
»Ich hatte keine Ahnung«, sagte er. »Ich bin im Ruhestand.«
»Glauben Sie, der Ruhestand wird Ihnen Immunität verleihen?«, fragte ich.
»Ich habe getan, was ich konnte«, sagte er. »Meine Erfahrung beschränkt sich auf Risikoübernahmen und Produktentwicklung. Ich habe noch nie im Vertrieb gearbeitet, ganz zu schweigen von einer Agentur. Selbstverständlich können mir Irrtümer unterlaufen sein. Aber keine absichtlichen Fehler. Haben Sie Kontakt zu dem gegenwärtigen Management aufgenommen?«
»Das werde ich noch.«
»Muss ich mich um einen Anwalt kümmern?«
»Das überlasse ich Ihnen. Meine Klienten würden eine stille und schmerzlose Lösung vorziehen. Für alle Beteiligten.«
»Wie darf ich das verstehen?«, fragte er.
»Wir veranstalten ein Treffen, bei dem alle Probleme auf den Tisch kommen. Wir schlagen eine Lösung vor, die Sie und die Gegenparteien diskutieren, modifizieren und freigeben. Ein Scheck wird ausgestellt, und das Leben geht für alle weiter wie bisher. Leute wie die Versicherungsaufsicht müssen nicht mal davon erfahren.«
»Ich weiß immer noch nicht, was man mir eigentlich vorwirft«, wandte er ein.
»Glauben Sie, ich würde mit Ihnen sprechen, wenn es keinen Diskussionsbedarf gäbe?«
»Sie sind ein Ausputzer«, sagte er. »Ich habe von Leuten wie Ihnen gehört, und ich finde Sie ekelhaft.«
Ich war doppelt überrascht. Dass ich nicht der Einzige war, der von diesen mythischen Wesen wusste, und dass ein Mann von Bruce Fingers Statur an den Mythos glaubte.
»Ekelhafter als einen vertrauenswürdigen Berater, der ruiniert, was man ihm anvertraut hat?«
»Was schlagen Sie vor?«, fragte er in dem erschöpften Ton eines Mannes, der sich zögernd in das bittere Alter begibt.
»Ein Treffen«, sagte ich. »Hier ist die Nummer, die Sie anrufen müssen.«
Ich kam kaum zum Luftholen, da klingelte schon das Handy, dessen Nummer ich Jenkins gegeben hatte. Sie waren zur Transaktion bereit.
»Waren im Wert von einer halben Million, zusammengesetzt wie folgt«, sagte er und las dann eine Einkaufsliste vor: fünfzig Prozent Gold, der Rest eine Auswahl von Exoten.
Wir vereinbarten die Übergabe an diesem Abend auf einem Parkplatz hinter einer leerstehenden Lagerhalle in einem alten Industriegebiet von North End in Hartford.
Sobald ich aufgelegt hatte, zerrte ich Little Boy vom Sportkanal weg und wies ihn an, einen seiner Jungs zu der Lagerhalle zu schicken, wo er mit ein bisschen Glück vor der Gegenseite eintraf. Bis zur Übergabe waren es noch vier Stunden, reichlich Zeit für einen fähigen Beschatter, dort einzudringen.
Der Rest von uns quälte sich mit der Aufgabe, die Waren in Little Boys Minivan zu laden. Glücklicherweise reichten meine Vorräte, um die Bestellung abzudecken. Aber nach der nächsten Runde musste ich wieder aufstocken. Ich schickte eine Teilzahlung an CMT & M, um Zahlungsrückstände zu vermeiden und Spielraum zu gewinnen. Ich sah keinen Grund zu stehlen, solange ich nicht musste.
Nachdem wir den Wagen beladen hatten, schickte Little Boy eine weitere Vorhut, um den ersten Mann abzulösen. Mit Gewissheit konnte er es nicht sagen, aber der erste Mann war ziemlich sicher, dass niemand von der Gegenpartei dort herumschlich. Die Lagerhalle stand in einem gesichtslosen Industriegebiet, weit von anderen Gebäuden entfernt, von denen seiner Meinung nach keines als Versteck für einen Heckenschützen
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