Headhunter
herab, und der rechtwinklige Rahmen ließ sie wirklich wie
eine Manga-Figur aussehen. Die lockere Seidenbluse, die leicht auf ihren
schmalen, muskulösen Schultern und den perfekt geformten Brüsten ruhte, glänzte
im Licht der Spots bläulich-weiß. Mein Gott, diese Diamantohrringe würden
wirklich unheimlich gut zu ihr passen!
Mein
Blick entließ sie nur widerwillig, um über den Rest der Anwesenden zu
schweifen. Das Publikum stand vor den Bildern und betrieb höflich Konversation.
Es waren die immer gleichen Menschen - reiche Geschäftsleute (Anzug mit
Schlips) und echte Prominente (Anzug mit Designer-T-Shirt), die tatsächlich
etwas geleistet hatten. Die Frauen (Designerkleider) waren Schauspielerinnen,
Autorinnen oder Politikerinnen. Und dann war da natürlich auch wieder eine
ganze Reihe von jungen, vielversprechenden Talenten. Junge, revolutionäre
Künstler ohne Geld (Jeans mit Löchern, T-Shirts mit Aufschrift), die ich im
Stillen immer als QPR bezeichnete. Ich hatte anfänglich die Nase gerümpft, wenn
ich diese Leute auf den Einladungslisten ausmachte, doch Diana meinte, wir
brauchten ein bisschen mehr Leben und Gefahr in dieser langweiligen Versammlung
aus Kunstmäzenen, kalkulierenden Investoren und all jenen, die nur gekommen
waren, um ihr kulturelles Image zu pflegen. Das war so weit in Ordnung,
andererseits wusste ich, dass diese Taugenichtse nur hier waren, weil sie
Diana um eine Einladung angefleht hatten. Sie wusste ganz genau, dass diese
Leute nur auf der Suche nach Käufern für ihre eigenen Bilder waren, sie konnte
aber einfach nicht nein sagen, wenn sie von jemand um einen Gefallen gebeten
wurde. Ich merkte, dass einige - vor allem Männer - in regelmäßigen Abständen
verstohlene Blicke in Dianas Richtung warfen. Das fehlte gerade noch. Ihre Attraktivität
war wie von einem anderen Stern, unerreichbar und unvergleichlich, und das war
keine Vermutung, sondern eine unwiderrufliche, logische Tatsache, denn von
allen Frauen war sie die schönste. Und sie war mein. Wobei ich mich nicht mit
der Frage quälen wollte, wie unwiderruflich diese letzte Tatsache war. Bis auf
weiteres beruhigte ich mich damit, dass sie allem Anschein nach wirklich auf
Dauer blind war.
Ich
zählte die Männer mit Schlips. In der Regel waren das die Käufer. Der
Quadratmeterpreis für Norums Werke lag zurzeit etwa bei 50 000. Bei 50 Prozent Provision für
die Galerie mussten gar nicht so viele Bilder verkauft werden, damit es ein
lukrativer Abend für uns wurde. Oder anders ausgedrückt: Es musste einfach
klappen, schließlich verging viel Zeit zwischen den jeweiligen
Norum-Ausstellungen.
Immer
mehr Menschen strömten jetzt in die Galerie, und ich musste beiseitetreten,
damit sie Zugang zum Champagner bekamen.
Ich
schlenderte zu meiner Frau und zu Norum, um ihm zu sagen, was für ein
begeisterter Anhänger seiner Kunst ich war. Das war zwar eine Übertreibung, aber
keine direkte Lüge, denn der Kerl war wirklich gut. Doch als ich ihm die Hand
reichen wollte, wurde der Künstler von einem speichelsprühenden Wesen
angefallen, das er allem Anschein nach kannte, und das ihn zu einer kichernden
Frau zerrte, die offensichtlich - ihre Körpersprache war eindeutig - dringend
aufs Klo musste.
»Sieht
gut aus«, sagte ich und stellte mich neben Diana.
»Hallo
Liebling!« Sie lächelte zu mir herab, ehe sie die Zwillingsmädchen zu sich rief
und sie bat, noch eine Runde mit dem Fingerfood zu machen. Sushi war out,
weshalb ich ihr den neuen Cateringservice von Algerie empfohlen hatte.
Nordafrikanisch mit französischen Anklängen, very hot. In doppelter Hinsicht.
Sie aber hatte wieder bei Bagatelle bestellt. Das war auch gut, kein Zweifel,
aber dreimal so teuer.
»Gute
Neuigkeiten, Liebling«, verkündete sie und schob ihre Hand in meine. »Du hast
mir doch neulich von dem Job bei dieser Firma in Horten erzählt?«
»Pathfinder?
Was soll damit sein?«
»Ich
habe den perfekten Kandidaten gefunden.«
Ich
sah sie überrascht an. Als Headhunter griff ich natürlich manchmal auf ihr
Kundenportfolio oder ihren Bekanntenkreis zurück, der viele Geschäftsleute
umfasste. Und das ohne schlechtes Gewissen, schließlich war ich es ja, der
diese Geldvernichtungsmaschine finanzierte. Ungewöhnlich war aber, dass Diana
selbst einen konkreten Kandidaten für eine Position vorschlug.
Diana
hakte sich bei mir ein, beugte sie zu mir und flüsterte: »Er heißt Clas Greve.
Vater Niederländer, Mutter Norwegerin. Oder umgekehrt. Egal, er hat
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