Headhunter
unsere Kosten ihr Spiel mit uns
spielen. Das ist in Ordnung, das muss so sein. Aber dann müssen sie ihr Spiel
verdammt noch mal auch gut spielen.«
Mir
war längst klar, dass die Testresultate und ein tiefer gehendes Gespräch
meinen Eindruck nur bestätigen würden. Das war der Mann. Egal, wie viel Zeit
ISCO oder Mercuri Urval sich ausbaten, einen perfekteren Kandidaten konnten
auch sie nicht auftreiben.
»Weißt
du was, Clas? Wir müssen uns wirklich einmal unterhalten. Diana hat mich darum
gebeten.« Ich reichte ihm meine Visitenkarte. Es war keine Adresse darauf zu
lesen, keine Faxnummer oder Webseite, nur mein Name, meine Handynummer und der
Schriftzug von Alfa, klein und bescheiden in einer Ecke der Karte.
»Wie
gesagt ...«, begann Greve und blickte auf meine Karte.
»Hör
zu«, unterbrach ich ihn. »Niemand, der sein eigenes Wohl im Sinn hat,
widersetzt sich Diana. Ich weiß nicht, worüber wir reden sollen. Vielleicht
über Kunst. Oder über die Zukunft. Oder über Renovierungsarbeiten. Zufällig
kenne ich einige der besten und gleichzeitig günstigsten Handwerker in Oslo.
Aber reden müssen wir. Wie wäre es morgen um drei?«
Greve
sah mich eine ganze Weile an und lächelte. Dann fuhr er sich mit der schmalen
Hand über das Kinn. »Ich dachte, es wäre der Sinn einer Visitenkarte, den
Empfänger mit genug Informationen für eine mögliche Visite auszustatten?«
Ich
holte meinen Conklin-Füller heraus, schrieb die Büroadresse auf die Rückseite
der Karte und sah sie in Greves Jackentasche verschwinden.
»Ich
freue mich darauf, mich ausführlicher mit dir zu unterhalten, Roger, aber
jetzt muss ich nach Hause und mich seelisch darauf vorbereiten, die Tischler auf
Polnisch zur Rede zu stellen. Grüß deine bezaubernde Frau von mir.« Greve
deutete eine steife, beinahe militärische Verbeugung an, drehte sich auf dem
Absatz um und ging zur Tür.
Diana
kam zu mir herüber, als ich ihm noch nachblickte. »Wie ist es gelaufen,
Liebling?«
»Ein
Prachtexemplar. Sieh dir nur seinen Gang an. Wie eine Raubkatze. Perfekt.«
»Soll
das heißen ...«
»Es
ist ihm sogar gelungen, so zu wirken, als würde ihn dieser Job überhaupt nicht
interessieren. Mein Gott, ich will diesen Kopf an der Wand haben, ausgestopft
und mit gefletschten Zähnen.«
Sie
klatschte freudig in die Hände wie ein kleines Mädchen. »Dann konnte ich dir
helfen? Dann war ich wirklich eine Hilfe für dich?«
Ich
streckte mich hoch und legte ihr den Arm um die Schultern. Die Galerie war gut
besucht, angenehm voll, fast vulgär. »Du wirst hiermit offiziell zur
Headhunterin ernannt, meine kleine Blume. Mit Brief und Siegel. Wie läuft der
Verkauf?«
»Wir
verkaufen heute Abend nicht. Habe ich dir das nicht gesagt?«
Einen
Augenblick lang hoffte ich, mich verhört zu haben. »Das ist nur ... nur eine
Ausstellung?«
»Atle
will sich von den Bildern nicht trennen.« Sie lächelte beinahe entschuldigend.
»Ich verstehe ihn. Du würdest doch auch nicht auf etwas so Schönes verzichten
wollen?«
Ich
schloss die Augen und schluckte. Versuchte ruhig zu bleiben.
»Findest
du das dumm, Roger?«, hörte ich erst Dianas besorgte Stimme und dann meine
eigene Antwort: »Aber nein, nicht doch.«
Dann
spürte ich ihre Lippen auf meiner Wange. »Du bist so wunderbar, Liebling. Wir
können ja später noch verkaufen. Das ist gut für unser Image und lässt uns
exklusiv wirken. Du betonst doch selbst immer, wie wichtig das ist.«
Ich
rang mir ein Lächeln ab. »Natürlich Schatz, Exklusivität ist gut.«
Sie
strahlte. »Und weißt du was? Für die Party nach der Vernissage habe ich den DJ
bestellt! Den aus dem Blä, der den 70er-Jahre-Soul spielt, du sagst doch selbst
immer, dass das der Beste der Stadt ist ...« Sie klatschte in die Hände, und
mein Lächeln schien sich von meinem Gesicht zu lösen, auf den Boden zu fallen
und zu zersplittern. Doch im Spiegelbild auf dem erhobenen Champagnerglas war
mein Lächeln noch immer an Ort und Stelle. Der Gnsus4-Akkord von John Lennon
erklang wieder, und sie tastete in der Hosentasche nach dem Handy. Ich sah ihr
nach, als sie sich zwitschernd entfernte. Es wollte noch jemand kommen.
»Natürlich
könnt ihr kommen, Mia! Nein, bring die Kleine nur mit! Du kannst sie in meinem
Büro wickeln. Natürlich mögen wir Kindergeschrei, das macht alles nur lebendiger.
Aber du musst mir versprechen, dass ich sie auch mal auf den Arm nehmen darf,
ja?«
Mein
Gott, wie ich diese Frau liebte.
Mein
Blick glitt noch einmal
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