Hear the Wind blow
über sechzig, er trug eine Brille mit Goldrand und einen gutgeschnittenen dunkelgrünen Anzug, der ihm einen Hauch zu eng war und reichlich große, runde Manschettenknöpfe blicken ließ, die wie vergoldete Uhrwerke aussahen. Schmaler Schlips und goldene Krawattennadel. Blankpolierte schwarze mokassinartige Schuhe mit Fransen. Cremefarbenes Hemd.
»Was kann ich für Sie tun, Sir ?« fragte ich ihn.
»Das weiß ich nicht genau«, sagte er. Sein mitteleuropäischer Akzent bewirkte, daß das »genau« wie » ganau « klang. »Gestern bekam ich Besuch von einem Mann, einem Gangster, einem Mafioso, einem Gauner, einem Tunichtgut. Er hatte mehr Gold am Leib als ich sogar .« Er lächelte und entblößte ein perfektes Gebiß. Ich wette, daß er nie von seinem Zahnarzt gemahnt werden mußte, einen neuen Termin zu vereinbaren.
»Hat er seinen Namen genannt ?«
»Schön wär’s .«
»Wie sah er aus ?«
»Wie ein Gauner! Italienisch. Schwarzes Haar. Schafslederjacke. Bräune von der Sonnenbank .«
»Groß?«
Er zuckte die Achseln. »Für meine Begriffe, ja. Für Ihre, nicht allzu groß.«
»Und was wollte er ?«
»Wie sich herausstellte, wollte er mir Gold verkaufen .«
»Wieviel?«
»Reichlich.«
»Für wieviel?«
»Zwei fünfzig«, sagte Mr. Lubinski.
»Und wieviel ist das in Dollar ?« fragte ich.
»Das ist in Dollar«, sagte er. »Zweihundertundfünfzig US-Dollar die Unze. Gestern hat der New Yorker Comex-Kurs mit dreihundertzweiundvierzig Dollar abgeschlossen. Und zwanzig Cents.«
»Na ja, der Preis ist doch okay«, sagte ich.
»Das ist aber auch alles«, meinte Mr. Lubinski. »Denn bei dem Preis kann es sich nur um gestohlenes oder geschmuggeltes Gold handeln. Ich fragte ihn, ob ihm klar sei, daß es Gesetze gäbe, die derartige Verkäufe ausdrücklich untersagten? Daß alle Großhändler ihre Edelmetalle über eingetragene Zwischenhändler kaufen müßten? Daß über jede einzelne Unze in unserer Inventur und dem Jahresabschlußbericht Buch geführt werden muß? Daß uns sonst automatisch die Lizenz entzogen wird, wir uns vielleicht noch eine Geldstrafe dazu einhandeln oder, wie in der Hälfte der Fälle, man obendrein ins Gefängnis wandert? Was glauben Sie, was er dazu gesagt hat ?«
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Er sagte: >Das ist Ihr Problem, Mr. Lubinski .< Und da hat Mr. Lubinski angefangen, sich Sorgen zu machen.«
»Wieviel sollen Sie ihm abnehmen ?«
»Vier Ladungen à zehntausend Dollar, für den Anfang«, erwiderte Mr. Lubinski und klopfte seine Jackettaschen ab. »Manchmal wäre es schön, wenn ich noch rauchen würde. Ich könnte jetzt eine Zigarette gebrauchen. Einen Drink auch. Gestern abend habe ich einen Drink genommen — mehrere, ehrlich gesagt. Meine Frau wollte wissen, ob eine andere Frau dahintersteckt. Ich sagte bloß, ich wünschte, es wäre so .«
»In welcher Form soll das Gold denn sein ?«
»Er hat sich noch nicht dazu geäußert, aber glauben Sie mir, es müssen Barren sein, oder Teile von Barren. Schmuckarmbänder bestimmt nicht .«
Ich mußte lachen.
»Sie finden das also komisch, ja? Ich habe ihm gesagt, daß Lubinski, Lubinski und Levi solche Mengen ohnehin nicht gebrauchen können, und da sagte er: >Sie haben doch Freunde, oder?< Darauf sage ich: >Hören Sie mal, ich will Ihnen mal was sagen: Mit Lubinski, Lubinski und Levi hat die Sache absolut keinen Zweck, glauben Sie mir, aber versuchen Sie’s doch mal bei dem Irren, dem Salomen drüben auf der Victory , dem Dieb, dem; der macht gern mit Ihnen solche Geschäfte, das macht der mit einem Fingerschnipsen, der billige Schnorrer.<
>Vergessen Sie’s<, sagt er. >Mein Boss hat beschlossen, mit Lubinski, Lubinski und Levi ins Geschäft zu kommen, und glauben Sie mir, Mr. Lubinski, ich bemühe mich, meinen Boss bei Laune zu halten. Wenn man ihn ärgert, flippt er total aus, einfach fürchterlich. Er wird zum Tier<, sagt er, >tobsüchtig. Wahnsinnig. Ja, einmal habe ich gesehen, wie er mit einem Mülleimer auf jemanden eingedroschen hat, das war sogar auch ein älterer Herr, wie Sie einer sind. Und danach ließ er einen Laster, der zwei Tonnen Sand geladen hatte, einfach durch das Schaufenster des Mannes fahren, stellen Sie sich das vor.< Ich sage Ihnen, ich konnte mir das ganz gut vorstellen, und da machte ich mir richtige Sorgen, anstatt nur Sorgen. Dann schüttelt er mir höflich die Hand und geht, er erwähnt nicht mal, daß ich nicht zur Polizei gehen soll — schließlich bin ich ja nicht völlig verrückt,
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