Hear the Wind blow
lächelte ihr entwaffnend zu, trotz ihres herzlosen Benehmens. Dann machte sie sich an die Arbeit, nach meinen Anweisungen. Schmerztabletten. Kaltes Wasser. Noch mehr kaltes Wasser. Pflaster auf die Stirn. Die Nase so fest verbunden, daß die Augen tränten. Klirrendes, eiskaltes Wasser. Ich hasse kaltes Wasser. Schwamm. Eine Art Einreibemittel. Warme Laken. Warme Evonne neben mir, in ihrem überdimensionalen Wasserbett. Ich hasse Wasserbetten, sie sind so kalifornisch, außerdem muß man jedesmal, wenn man sich ein bißchen näher an ein einmaliges Mädchen rankuscheln will, auf eine günstige Welle warten.
»Schlaf jetzt«, sagte Evonne böse.
Ein starkes Stück, finden Sie nicht? Ich bin derjenige, der im Sterben liegt, und sie ist böse. Und was für eine Ironie des Schicksals, was für ein ungemein ironischer Augenblick
— das erste Mal, daß ich je in ihrem Bett lag, mußte ich ausgerechnet so lädiert sein, daß ich nicht in der Lage war, irgendeines von den lustigen Dingen zu machen, die Leute so treiben, wenn sie zusammen im Bett sind, selbst wenn sie es mir erlaubt hätte. Was sie, muß ich’s überhaupt noch sagen, selbstverständlich nicht tat. Und in ungefähr zehn Sekunden war dieses gefühllose Wesen schon ins Land der Träume geglitten. Wie recht hatte doch Liberace , als er einmal zu einem Trinkkumpan bemerkte: »Weiber machen uns nur Kummer«, worauf sein Kumpel erwiderte: »Und Zeit entschwindet wie im Schlummer .« Mir gefällt der Spruch von Liberace besser, obwohl die Entscheidung schwerfällt.
Es kam die Morgendämmerung. Es kamen die Wehwehchen und die Schmerzen, die blauen Flecken — gelb, lila und rostbraun. Es kamen die Schweißausbrüche. Es kam mein Goldstück mit Schmerztabletten und einem Becher Tee, bereits fertig angezogen und auf dem Weg zur Arbeit. Eine ihrer Augenbrauen war schief angemalt.
»Tu den Schlüssel unter den linken Blumentopf, wenn du gehst«, sagte sie.
»Ja, Liebling«, sagte ich demütig.
Sie fing an, meine Hosentaschen zu durchwühlen.
»Das Geld ist in der Brieftasche, Baby«, sagte ich.
»Laß den Quatsch«, sagte sie. »Dein Auto versperrt meinem den Weg. Ich brauche die Wagenschlüssel .«
»Stecken wahrscheinlich noch«, sagte ich.
Sie stürzte hinaus; kurz darauf hörte ich, wie sie im Versuch, den Rückwärtsgang zu finden, ihr Bestes tat, meine Gangschaltung zu demontieren. Sie kam mit einem von einem Notizblock abgerissenen Zettel ins Haus zurück, den sie auf den Nachttisch legte.
»Doktor Asami . Er wohnt gleich die Straße runter, wenn du ihn brauchst .«
» Nö «, sagte ich. »Mir geht’s gut. Bis Mittag bin ich verschwunden. Vielen Dank für alles. Du hast eine gute Tat vollbracht. Ich wollte auch gar nicht richtig in dein Bett. Ich meine, ich wollte schon, aber nicht so. Oder vielleicht nur ein bißchen.«
»Du große Niete«, sagte sie. »Du Riesenniete, um genau zu sein.« Sie beugte sich über mich und gab mir einen flüchtigen Kuß — Himbeere, mein Lieblingsgeschmack.
Sie ging; ich döste, und Visionen von einem Golfspieler mit wutgerötetem Gesicht und irischem Akzent schwirrten mir im Kopf herum, ein gewisser Mr. »Gillespie«, wie ich nur annehmen konnte. Ich meine, so viele Feinde hatte ich auch wieder nicht, daß ich nicht wußte, wer sie waren. Im Grunde hatte ich nur einen ständigen Feind, und das war Mick the Prick , und der war ungefähr so irisch wie Muhammed Ali und hatte mehr oder weniger dieselbe Hautfarbe. Ich mußte Mr. Gillespie ausfindig machen und mal ein Wörtchen mit ihm reden. Er hatte mich ziemlich mühelos gefunden, und ich konnte mir noch müheloser ausmalen, wie — zuerst verschafft er sich auf die eine oder andere Art meinen Namen und meine Beschreibung von seiner Frau, wahrscheinlich auf die andere. Er schlägt im Telefonbuch nach und läutet an, um zu sehen, ob ich zu Hause bin. Meine Mama macht sich nützlich und sagt ihm, daß ich ausgegangen bin, daß sie aber weiß, wo ich bin, weil ich immer eine Adresse und eine Telefonnummer hinterlasse, wenn ich abends weggehe, für den Fall, daß Feeb mich erreichen muß. Zweifellos vom Dämon Rum in Wallung gebracht, folgt er mir vom Haus der Kalvins , bis er mich allein erwischt, wie ich an der Ecke stehe und auf die Parade warte.
Ich fühlte mich einen Hauch besser, als ich an diesem Morgen zum zweitenmal erwachte, gut genug, um mich anzuziehen. Ich spülte sogar meinen Teebecher aus. Dann rief ich Mama an, die prima klang, und erzählte ihr, daß
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