Heart Beat
Gasse ab. Puh. Das war knapp.
»Hallo?«
»Erin?«, fragte eine warme Frauenstimme. Ihre Stiefmutter. Die Frau, die ihnen allen das Leben gerettet hatte, als sie sich in ihren Dad verliebte und er sich in sie.
Erins Laune verbesserte sich schlagartig. »Hey, Selena. Was gibt’s? Geht es dir und Dad gut?«
Ein kurzes Zögern. »Ja, uns geht es gut. Wie sieht es bei dir aus? Du klingst gestresst.«
Gestresst nannte man das? »Ich renne wie eine Verrückte durch den Supermarkt, um vor einer netten, aber etwas lästigen Kollegin zu flüchten. Dabei rennt mir die Zeit davon, und ich kann nur hoffen, es noch rechtzeitig nach Hause zu schaffen, um für Cole zu kochen.«
»Das klingt nach mächtig viel Spaß, Honey.«
Erin musste lachen. »So etwas klingt nur für Außenstehende nach Spaß, glaub mir.«
»Du und Cole? Trefft ihr euch wieder regelmäßig?«
»Bitte, Selena, fang nicht du auch noch damit an. Cole und ich sind Freunde. Nichts hat sich daran geändert.« Nicht die kleinste Kleinigkeit. Hoffte sie zumindest.
»Oh, okay.« War es Enttäuschung, die sie heraushörte? »Wie dem auch sei, Honey, der Grund, warum ich anrufe – ich wollte fragen, ob du dieses Wochenende schon verplant hast?«
Das Wochenende hatte bereits vor drei Stunden begonnen, es fühlte sich nur nicht danach an. Noch nicht. Nach dem heutigen Abendessen mit Cole wollte sie es sich die restlichen zwei Tage mit einem Buch und drei ausgeliehenen Liebesschnulzen auf ihrem Sofa gemütlich machen. Im Pyjama versteht sich. Sie würde sich ausschließlich von bestellter Pizza und diesen verdammt leckeren Bio-Sandwiches ernähren und sich nicht mehr bewegen, als unbedingt nötig. Herumgammeln. Abschalten. Relaxen und den gesamten Stress der letzten Wochen hinter sich lassen. Verlockender konnte die Aussicht auf das Wochenende nicht sein.
»Mit nichts Bestimmtem, wieso?«
»Wir dachten, du möchtest vielleicht von Samstag auf Sonntag vorbeikommen. Dein Dad hat sich eine neue Angelausrüstung gekauft, und er würde sie gern mit dir ausprobieren.«
Erin rümpfte die Nase. »Es tut mir wirklich leid, Selena, aber ich hatte letzte Woche einen kleinen Unfall, nichts, worüber man sich aufregen müsste, nur, dass mein Wagen nun in der Werkstatt steht und ich nicht mobil bin.«
»Oh, das ist natürlich sehr schade.«
Sofort hatte Erin ein schlechtes Gewissen. Gott sei Dank hatte sie nicht schwindeln müssen. Sie vermisste ihren Dad, aber im Moment fehlte ihr die nötige Geduld, um sich stundenlang mit Angelausflügen und Fragen über ihr viel zu gefährliches Leben in New York herumzuschlagen. Dennoch. Sie brachte es nicht über sich, die wichtigsten Menschen in ihrem Leben zu enttäuschen. »Was hältst du davon, das Wochenende zu verschieben? Ich melde mich, sobald mein Wagen aus der Werkstatt kommt.«
»Wir freuen uns auf dich, Erin.«
»Ich mich auch. Sag Dad, dass ich ihn lieb habe.«
6. Kapitel
Erin beim Kochen zuzusehen, erinnerte Cole an die Strategien seiner Risikomanagement-Abteilung der Firma. Mit dem Unterschied, dass Erin zwischen all dem brutzelnden und dampfenden Chaos die volle Kontrolle über sämtliche Vorgänge zu haben schien. Flink wie eine Elfe, huschte sie durch ihre Küche und traf neben dem Schnippeln von Gemüse, dem Braten von Fleisch und dem Arrangieren der Töpfe sämtliche Maßnahmen zur Überwachung, Analyse und Bewertung von möglichen Risiken. Dennoch erstaunlich, dass ihre Küche vollständig intakt war, sie alle ihre Finger besaß und die Feuerwehr nicht wöchentlich anrücken musste.
Amüsiert beobachtete er, wie sie sich zum bestimmt hundertsten Mal eine verirrte Haarsträhne hinter das Ohr schob und ihre rote Schürze zurechtrückte, nachdem sie sich daran die Hände abgewischt hatte. Zwischen all dem emsigen Treiben war sie noch aufmerksam genug, um ihn beim Stibitzen zu erwischen.
»Wirst du wohl damit aufhören?« Lachend klapste sie ihm im Vorbeigehen auf die Finger, bevor sie sich wieder den Steaks widmete.
Cole machte ein finsteres Gesicht, ließ das Stück Karotte jedoch brav zurück in die Schüssel fallen. »Spielverderberin«, brummte er und lehnte sich mit der Hüfte gegen die Arbeitsplatte.
Um sich daran zu hindern, nicht doch noch nach einem Stück Gemüse oder der zauberhaften Köchin zu greifen, verschränkte er die Arme vor der Brust. »Du bist sicher, dass ich dir nicht zur Hand gehen soll?«
Milde lächelnd, wischte sich Erin über die Stirn. »Danke, Cole, aber ein Fiasko möchte
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