Heart beats sex
aussieht, alle sind gut drauf. Jedenfalls aus meiner Froschperspektive sieht es so aus, nur ich habe wieder mal die Arschkarte, mich knockt dieser Scheiß aus und streckt mich hier hin wie eine zurechtgemachte Superleiche aus dem Blog von diesem Beerdigungsunternehmer. Und ganz tief innen wispert eine Stimme, das sollte doch deine beglückende Hochzeitsparty werden, baby. Ja, sollte. Vielleicht wäre ich sogar auf Paranoia, wenn nicht Ulya neben mir säße, meine Hände streichelt, sich um mich sorgt, mir in die Augen schaut und nicht aufhört zu sagen: »Alles wird wieder gut, der Arzt kommt gleich,
Hal hat ihn schon angerufen, es kann nicht mehr lange dauern. Das ist nur’n Kreislaufkollaps, weil du zu viel Speed reingezogen hast, der spritzt dir ’ne Valium, dann ist wieder alles cool.«
Zwischendurch spricht Ulya mit Zoya, die ihr vorher ziemlich ausführlich erklärt hat, unter welcher momentanen Sternkonstellation ich weggetreten bin. Sie meinte, das hätte so kommen müssen, das war ganz klar, obwohl sie sich nicht absolut sicher sei, weil sie nicht die genaue Stunde und Minute meiner Geburt wisse. Als sie neulich bei uns war, trug sie ein sehr dünnes, flatteriges Leinenkleid bis zu den Knöcheln und hatte ihr hellblondes Haar zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr wie eine Schlange um den Kopf lag (die absolute Kopie von Julia Timoschenko). Aber jetzt sieht sie anders aus, weil sie sich in das Filmkostüm von People’s Dracula geworfen hat, den Irwin Yablans im September rausbringt, dieser Typ, der all die Halloween-Horror-Movies gemacht hat und jetzt in eine neue Serie einsteigt, die die Gräueltaten von Elena und Nicolae Ceauşescu zur Vorlage hat.
Hal hat einen Teil der Musik gemacht, und es wundert mich ( betrübt wäre der bessere Ausdruck), dass er es mir nicht erzählt hat und ich es nun von einer fast Fremden erfahren muss, dazu noch in einem Zustand, der mich daran hindert, etwas dazu zu sagen oder zu fragen. Jedenfalls erklärt Zoya ihr Kostüm, das sie trägt, und zu welcher Gelegenheit Elena Ceauşescu es anhatte und jeder im rumänischen Fernsehen es bewundern konnte. Sie nennt auch eine Jahreszahl, 1966, als ihr Mann sein neues revolutionäres Programm verkündete, wonach jede Frau fünf Kinder kriegen musste und Abtreibung mit fünfundzwanzig Jahren Gefängnis bestraft wurde. Gebären auf Befehl nennt sie es, und ich frage mich, ob Hal auch so eine Befehlsgeburt ist. Zoya wird es wissen, aber ich kann ja nicht fragen.
»Sie ist doch standrechtlich erschossen worden«, sagt jemand, den ich nicht kenne.
»Die Hinrichtung wird erst in Teil vier von People’s Dracula gezeigt, und da hatte sie dieses Kostüm nicht an.«
Irgendjemand fragt sie, was Hal für ein Mensch ist, und sie sagt, Löwe, also im Zeichen des Feuers geboren, und daher werde er von der Sonne beherrscht.
»Besser als vom Regen«, sagt der Typ im weißen Anzug mit den dünnen blauen Streifen und dem nach hinten gegelten Haar.
»Ja. Die Sonne ist im Mittelpunkt unseres Planetensystems, und das wirkt sich auch auf die Löwe-Menschen aus, sie sind großmütig und spenden Wärme und Leben. Der Löwe-Geborene liebt es, im Mittelpunkt zu stehen und seine Mitmenschen anzustrahlen und von ihnen bewundert zu werden.«
Wieder erscheint Ulyas Gesicht über mir, sie lächelt besorgt und legt ihre Hand auf meine Stirn. »Wir schaffen das schon«, flüstert sie, obgleich sie nicht annehmen kann, dass ich irgendetwas verstehe. »Dir geht es gleich wieder besser.«
Dann dreht sie sich um, als Adrian hinter ihr auftaucht, und zischt ihn an: »Verdammt nochmal, wo bleibt denn Doktor Dürrenmatt, oder hat ihn keiner angerufen?«
»Doch. Hal hat ihn angerufen, er muss jeden Moment da sein.«
Im selben Moment gibt es eine Bewegung unter all den Leuten. Ein kräftiger, braungebrannter Mann in einem blauen Hemd mit kurzen Ärmeln, Kakihose, schwarzem Gürtel und einer Ledertasche in der Hand taucht auf, setzt die Tasche ab und beugt sich über mich, so dass Ulya schnell aufspringen und zur Seite treten muss. Er leuchtet mit einer Lampe in meine Augen und zieht mir die Unterlider herunter. Dann nimmt er meine Hand und scheint den Puls zu fühlen, tastet
meine Stirn ab und meinen Brustkorb. Dabei schaut er sich nach einem Ansprechpartner um.
»Der Kreislauf ist runter. Sehr tief. Weiß jemand, was passiert ist?« Er richtet sich auf und blickt sich wieder um, und als Hal kommt, scheint er den gefunden zu haben, den er suchte. »Was ist
Weitere Kostenlose Bücher