Heart beats sex
lieber zu Hause im Studio und produziert, als dass er die Welt bereist und auflegt. Außerdem ist er sehr progressiv, man kann nicht zu allem tanzen, was er macht. Zwar wird er von anderen DJs als Musiker sehr geschätzt, doch für eine Party, für das Cocoon zum
Beispiel, eignet sich Hal viel besser. Deshalb ist er auch so beliebt. Seine Musik ist zwar innovativ und vielseitig, aber man will die ganze Zeit dazu auch noch tanzen.«
Dabei streichelte Ulya mein Haar, ich schlief wieder ein und träumte davon, dass ich meinen Geburtstag mit Ulya zusammen verbringen würde.
8. Kapitel
A ls Papi zurückkam, holte Justin ihn vom Flughafen ab, und ich bestand darauf mitzufahren. Ich wollte von Anfang an Papis Stimmung beeinflussen, damit ich in meiner Geburtstagsnacht weg konnte. Jetzt bereute ich, dass ich mich vor ihrer Abreise so bockig angestellt hatte. Doch vielleicht würde ich es mit ein bisschen mehr Geschicklichkeit und Anstrengung hinkriegen.
»Wir müssen mindestens eine halbe Stunde warten, nimm wenigstens deine spanischen Vokabeln mit«, sagte Justin, und ich ärgerte mich wieder darüber, wie frech er geworden war. In Berlin hätte er niemals so einen Vorschlag gewagt. Da musste er hopp, hopp den Müll runterbringen, wenn Mami und ich das wollten, egal, wie sehr er dagegen protestierte. Der Müll war eine der Sachen in Berlin gewesen, mit denen ich mich für sein Herumgeschubse und sein blödes Hip-Hop-Gedibbel gerächt hatte. Zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten hatte er vor meiner Nase herumgefuchtelt, weil er glaubte, er wäre Eminem und ich das Staunen, das ihn umgibt.
Am Flughafen stieg ich gleich aus. Sollte doch er im Wagen sitzen bleiben und spanische Vokabeln lernen!
Und er tat es sogar.
Mir war das schnuppe, ich marschierte zur Ankunft und wartete auf Papi, wie er neulich auf mich gewartet hatte. Er hatte Justin gemailt, er würde alleine kommen, ohne Anna.
Vielleicht hatten sie sich unterwegs verkracht. Mein erster
Gedanke war, soll brechen, was nicht halten will. Tat mir nicht weh, der Gedanke, sondern erinnerte mich an Papis immerwährende Auforderung, weder an Dingen noch an Menschen zu kleben. (»Verlangen und Aversion sind die Klebstoffe. «) Äußerlich sollte ich alles behutsam in der Hand halten, aber innerlich nicht daran haften. Auch nicht an Anna. Kein Problem neuerdings.
Ich war sehr froh, dass er alleine kam, denn Anna und Papi waren jeder für sich allein besser zu ertragen als beide im Doppelpack.
Er strahlte mich an, und wir fielen uns in die Arme.
»Wo ist Justin?«
»Er sitzt im Auto und lernt Spanisch.«
»Das ist gut.«
»Wieso gut? Hätte ich auch im Auto bleiben sollen, damit du hier herumirrst, um uns zu finden?«
»Wenn du hier wartest, reicht es doch. Dann kann er ja lernen. «
Ich verschluckte eine Bemerkung und fragte ihn, wie seine Reise war.
»Man redet nur über Nichtiges«, sagte er.
»Höre ich da Widerwillen?«, fragte ich ihn.
»Was meinst du?«
»Aversion – Klebstoff der Anhaftung«, gab ich trocken zurück.
Er lachte. »Nicht schlecht. Das ist gut, sehr gut. Okay, lassen wir das Klagen.«
Ich beglückwünschte mich zu dem Pluspunkt. Anna vergaß oft, dass er meist schlecht gelaunt war, wenn er zurückkam, und hatte stets die Hoffnung, dass er sich freuen würde. Dabei erlebte sie aber immer ihre kleinen Enttäuschungen, weil sie meinte, er freue sich nicht, sie wiederzusehen. Sie empfand
das als Herabsetzung. Hoffentlich empfand sie es auch als Kompliment, dass er schlecht gelaunt war, wenn er abreiste. Ich denke aber, er war gar nicht schlecht drauf ihretwegen.
Für mich war es wichtig, wie die beiden tickten, denn ich war von ihnen abhängig.
Anna klagte immer darüber, dass er seine Kritik nicht in einem freundlichen Ton übe. Ich hörte da heraus, dass die Kritik in der Sache richtig war – nur der Ton falsch. Manche Freunde meinten, Anna und Carl hätten sich ein Spiel eingerichtet, das so ging: Erstens: Sie erledigt alles für ihn, nur macht sie es nicht richtig. Zweitens: Das ärgert ihn, also ist sein Ton nicht richtig. So hätten sie immer etwas, das an dem anderen nicht richtig wäre.
Ich glaube nicht an solche negativen Muster. Ich denke, dass Anna tatsächlich viele Dinge nicht wusste oder konnte, die er sie machen ließ, aber dass sie sich beide das nicht eingestehen wollten. Er wollte, dass sie rundum toll ist, und sie wollte auch toll sein. Der Streit, den sie dann hatten, war ihre gemeinsame Enttäuschung,
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