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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Driest
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Säcken vorbei, die einen anmachten. Selbst wenn sich die ganze Jugendszene von den verschiedenen Gymnasien dort traf, störte mich das düstere Licht, mal rot, mal blau oder gelb, das für trübes Tun die Symbolik trägt. Aber ich wollte mich jung und frisch fühlen, so wie ich die Musik empfand. Da ich keinen gefälschten Ausweis hatte, kam ich nirgends rein, aber einmal bequatschten wir den Türsteher so lange, bis er seinen Widerstand aufgab. Es war der erste Blick in die Technowelt, und wir waren total vom Hocker, weil alles ordentlich und schön eingerichtet war. Von bester Qualität war auch die Musikanlage. Schöne Bässe, reine Geräusche, freundliche Besucher, keine Erwachsenen, die Ausländer nett, alle tanzten, niemand war betrunken, keiner haute uns auf den Arsch, ohne dass wir darum gebeten hätten, alle sahen sie gut aus, und die Musik war interessant, fröhlich und intelligent.
    Hatte ich etwas versäumt, wenn ich nicht, wie Ulya, mit einem gefälschten Ausweis all die dreckigen Londoner Rock-und Pop-Clubs kennenlernte? Ulya’s Antwort war: nein. Sei glücklich, dass du hier auf der Insel bist, hier geht es wirklich um Musik. »Alle hier verstehen was davon, und wenn ich an den Strand gehe, spielen Live Bands, und wenn mir einer auffällt, ist er DJ oder Producer oder einer von den berühmten Stars. So habe ich auch Adrian kennengelernt. Alle hier haben Ahnung von Musik und interessieren sich für Musik, und weil wir alle die Musik wirklich gern haben und uns das verbindet, statt uns mit Konkurrenzwahn zu infizieren, kannst du hier
sofort losmachen und tanzen, mit wem du willst. Die Menschen lieben Musik, es ist egal, ob etwas cool ist oder nicht. Musik ist das Medium, andere zu akzeptieren, andere zu lieben und sich ihnen hinzugeben.«
    So dachte ich inzwischen auch, so dachte auch Sheila, und wenn andere riefen: »Keine Zukunft!«, riefen wir: »Keine Schwierigkeiten!« Wo sollten auch Schwierigkeiten auf mich warten? Anna? Papi oder Justin? No, Sir, ich konnte keine sehen. Ich sah nur Hanks nervöses Hüpfen, sah einen sich drehenden Sternenhimmel und spürte fröhlichen Herz-Beat.
    Ich tanzte die ganze Nacht.
    Ich hatte genügend Platz, ich tanzte vor ihm und zu seiner Musik. Die House-Tracks, die Hank auswählte, widmete er mir, und sie wurden immer besser. So wie Ulya gesagt hatte, wurden sie zu meiner Droge und alle Trauer, alle Zweifel, alle Ängste verflogen. Hank war der Gott, ich tanzte für ihn, und es war mir egal, dass ich schwitzte. Ich schloss die Augen, wirbelte herum, drehte mich immer schneller, vergaß die Zeit, bis mich bei den Drehungen eine Hand leicht an der Schulter streifte. Als ich zu einem Stopp kam, steckte er mir eine Zigarette in den Mund und sagte: »Du kannst ja ganz schön abgehen.«
    Ich beugte mich nach vorne, um mit der Zigarette ans Feuer zu kommen, das Hank aufflammen ließ. Dabei fing er mein Haar mit der Hand auf und hielt es fest.
    Bevor ich »danke« exhalieren konnte, zog ich stark an der Marlboro, und es war, als würden meine Lungen mit Zufriedenheit gefüllt.
    »Du schwitzt.« Hank sagte es leise und nur als Feststellung.
    »Ja, ich weiß.«
    Er küsste meine Schweißperlen von der Stirn. Er küsste sie von den Wangen und meinen Lippen.

    Wir küssten uns eine Stunde lang. Von mir aus hätte die Zeit stehen bleiben können, doch plötzlich wurde ich herausgerissen.
    »Schnell, Mona, komm! Du musst um sechs bei Papi und Anna sein!«
    Ulya hatte mir versprochen, mich rechtzeitig nach Hause zu bringen, aber jetzt war es, als würde sie mich von einem blühenden Maienbaum schütteln.
    »Keine Sorge«, sagte Hank. »Ich pass auf, dass sie rechtzeitig zu Hause ist.«
     
    Als ich die Augen aufmachte, sah ich das erste Licht des Morgens hinter hellen Vorhängen, die von der Decke bis zum Boden reichten. Meine Nase war ein bisschen zu, und als ich den Mund öffnen wollte, um besser Luft zu holen, merkte ich, dass meine Lippen aneinanderklebten. Meine Zunge fühlte sich an wie aus Plastik. Ich bewegte sie mühsam, kaute ein paarmal. Dabei fiel mein Blick auf die Digitaluhr neben dem Bett. Halb sechs. Mir wurde klar, wo ich war und dass es höchste Zeit war, nach Hause zu kommen.
    Vorsichtig schob ich die dünne Decke zur Seite, weil ich Hank nicht wecken wollte, stand leise auf und schlich ins Bad. Erst musste ich pinkeln, dann stellte ich mich vor den Spiegel und betrachtete mich nackt. Es war schon langsam hell, aber dennoch knipste ich das Licht an, damit ich

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