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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Driest
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Beste auch etwas zu tun.
    Meine Antwort kam klar und unverstellt: »Beschissen.«
    Und er: »Beschissen? Das sind unangenehme Spannungen. Wenn du in der Lage bist, dich zu entspannen, also die unangenehmen Spannungen aufzulösen, dann bist du innerlich frei. Und äußerlich hast du den Effekt, dass die Dinge, die dir verwehrt sind, weniger werden, aber deine sozialen Möglichkeiten oder Chancen sich mehren.« (Die innere Freiheit wächst, die äußere Unfreiheit schrumpft … Die »Schrumpfliste« des Dalai Lama, schon mal von gehört?) »Ist doch ein Vorteil, oder? Kein Vorteil ist es hingegen, wenn man immer sagen muss, nein, früh aufstehen möchte ich nicht, Autofahren kann ich nicht, schwimmen kann ich nicht, kooperativ sein möchte ich nicht, Spanisch lernen kann ich nicht, Termine einhalten ebenso wenig, und die Katze rechtzeitig füttern auch nicht. Oder?«
    Okay, das könnte ja so sein, aber meine unangenehmen Spannungen gingen deswegen nicht weg. Der kreischende Wecker morgens blieb eine Tortur, und wenn ich mich sogleich
entspannte, wie mein Erzeuger das empfahl, schlief ich wieder ein.
    Das war mein Morgenproblem. Aber ich hatte auch ein Abendproblem. Die Hochzeitsparty, meine Nacht mit Hank, die täglichen Berichte in der Schule von Ulya und Sheila über ihre nächtlichen Erlebnisse heizten mir ein und kreierten jeden Abend eine immer größere Spannung, die die wundervollsten Bilder von Tanz, Rausch und Liebe erzeugte. Da ich keine Möglichkeit sah, abends wegzukommen, erzählte ich Papi zwar von diesen wundervollen Bildern, veränderte die Wahrheit aber in dem Sinn, dass ich sagte, es sei eine Freundin, die solche Sehnsüchte habe.
    Sein Tipp: »Man bemerkt die Sehnsucht, versucht aber nicht, sie mit Bildern von Tanz, Rausch und Liebe zuzudecken oder von ihnen per Aktion wegzustreben, sondern taucht in sie ein wie ein Taucher, der in dunkler See mit einer Lampe die Unterwasserwelt erkundet.«
    »Oder?«, fragte ich, weil er immer ein Oder parat hatte, mit dem er seine Vorträge verlängern konnte.
    »Oder wie ein Mädchen, das in einer dunklen unbekannten Höhle alles genau betrachtet und sich alles merkt, um die Orientierung zu finden. Die Höhle ist ihr Körper mit all den Spannungen. Dein Körper ist die Unterwasserwelt.«
    »Oder?«
    »Es ist deine Aufgabe, auch diese Teile von dir kennenzulernen. Das Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen, ist eigentlich die Geschichte von einer, die auszieht, die dunklen Seiten ihrer Seele kennenzulernen.«
    »Der Seele?«
    »Seele ist alles, was in dir ist – körperliche Empfindungen, Gefühle, Gedanken. Sie kennenlernen, dann sie überwinden durch Auflösen. Das Ziel ist die Leere. Es ist die Erlösung.«

    Während ich zuhörte, war mir die Idee gekommen, das, was er sagte, auszuprobieren. Dazu konnte ich die äußeren Dinge meines momentanen Lebens gut benutzen. Ich hatte nämlich nachmittags bemerkt, dass die zwei schwarzen Wachhunde weg waren. Abends, als ich unsere Katze jagte und sie durch das Tor entwischte, bemerkte ich, dass die Köter weg waren. Ich rief sofort Ulya an und machte mit ihr aus, dass sie abends um elf, wenn alle im Haus im Bett lagen, unten an der Straße warten sollte. In unser automatisches Tor war eine Tür eingelassen, die man mit einem separaten Schlüssel öffnen konnte. Dieser Schlüssel lag in der blauen Schüssel der Eingangshalle, niemand kümmerte sich um ihn, weil ihn niemand jemals benutzte, und so würde auch niemand bemerken, wenn ich ihn an mich nähme.
    Zwanzig vor elf schloss ich die kleine Tür auf, warf einen Blick auf meine Uhr, um zu sehen, wie lange ich brauchen würde, um bis zum nächsten Tor zu kommen. Als ich vorsichtig hinaustrat und mich umschaute, schreckte mich plötzlich ein Rascheln auf. Es drang fast gleichzeitig mit einem sehr bösen Knurren an mein Ohr, und im selben Moment spürte ich die beiden Hundchen hautnah vor mir. Weil ich in ihr bewachtes Terrain nicht von außen eindrang, sondern als Anwohner von innen kam, würden sie mir nicht gleich die Kehle durchbeißen, hoffte ich, sondern mich nur zurückdrängen. Aber ich wusste das nicht so genau, stand da wie gelähmt und versuchte mühselig, mich an alle irgendwie hilfreichen Regeln zu erinnern. Endlich – und es schien mir eher wie unendlich – fiel mir das Bild mit der Taucherin ein, die in die Tiefen ihrer Angst taucht, um diese schrille »unangenehme Spannung« kennenzulernen, und ich dachte, eine Taucherin darf auf jeden

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