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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Driest
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mein Gesicht genau sehen konnte. Was ich sah, war eine verdammt junge Frau mit hoch geschwungener Stirn, blondbraunem Haar, intelligenten Augen, einem breiten sexy Mund und einem Körper, der seine besten Leistungen im Hundertmetersprint lieferte. Das alles interessierte mich nicht. Was mich interessierte, war ein Ausdruck amüsierter Entspanntheit, den ich auch an mir sah. Jedenfalls bildete ich mir nach dieser Nacht ein, dass mir
all die kleinen Errungenschaften des modernen Neandertalers, wie bunte Kleider, tolle Autos, neidvolles Vergleichen und Konkurrenz gleichgültig wären. Mit besonderer Entspanntheit schob ich mir Annas Selbstdisziplin und Papis Gleichmut in den Arsch. Ich hatte das herrliche Gefühl, klar zu sehen, wusch meine Augen mit Wasser aus, drückte mir das weiße Handtuch ins Gesicht und schaute mich noch einmal genau an. Ich sah die Entschiedenheit, mir die Liebe zu verschafen, die ich brauchte. Verführ’ andere, kontrollier’ sie, raub’ sie aus!
    Make-up war hier nicht zu finden, auch kein Parfum. Sein Eau de Cologne? Wäre wohl kaum das Richtige, mit seinem Geruch nach zu Hause kommen, wo Anna immer an mir herumschnüffelte. Mir fiel wieder ein, dass ich mich sputen musste, ging zurück ins Schlafzimmer und suchte meine Klamotten. Ich fand nicht mal meinen Slip. Wie sollte ich mir das erklären? Dann fiel mir ein, wo wir angefangen hatten, und ich schlich nackend hinunter ins Wohnzimmer. Ganz leise, und erschreckt stellte ich fest, dass die Schritte, die ich hörte, nicht meine waren. Schnell wickelte ich mich in einen Fenstervorhang, während die Schritte auf den Fliesen näher polterten, aber in fünf Meter Entfernung stoppten. Ohne ein Guten Morgen sagte Hanks Haushälterin schroff: »Hier sind Ihre Sachen.« Sie kam nicht näher, und mir blieb nichts übrig, als mich auszuwickeln und mit ausgestrecktem Arm auf sie zuzugehen. »Gracias«, sagte ich und zog mich konzentriert vor ihr an, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    Als ich später mit Ulya telefonierte, sagte sie, sie sei ein wenig besorgt gewesen, weil sie nicht wusste, ob Hank mich tatsächlich nach Hause fahren würde. Ich erklärte ihr, dass Papi mir Geld für ein Taxi gegeben hatte und bedankte mich bei ihr für die Supernacht.

17. Kapitel
    M ona glimmt morgens – MGM. Träume von Unbeschwertheit und Fröhlichsein wurden täglich um 6.30 Uhr vom Wecker zerstört. Eigentlich hätte ich bis acht schlafen können, räkelte mich aber jeden Morgen hoch, weil Anna mir vermittelt hatte: Damit respektieren wir Carl. Weiß der Himmel warum, aber ich verstand Anna immer weniger, je mehr ich von ihr erfuhr. Vielleicht war es wie bei Fontane vor hundertfünfzig Jahren. Wie Effi Briests Vater stammte auch Papi aus Pommern, und dort war ofenbar das Wichtigste: gesellschaftliche Pluspunkte sammeln! Nicht danebenhauen! Die Regeln der Gemeinschaft achten, von denen eine lautete: früh zu Bett und früh auf (makes the woman sick, unhappy and gross).
    Bald lernte ich, meine Augen aufzukriegen (fünf Minuten) und meine Beine aus dem Bett zu hieven (zehn Minuten). Dann der Weg in die Küche mit dem Ziel: grüner Tee. Mehr war nicht drin, Kaffee und schwarzer Tee gehörten schon in die Kategorie Drogen. Einmal fragte ich, was denn der Unterschied zwischen grünem Tee und Kaffee sei. Das löste in der Familie eine genauere Untersuchung aus und endete mit dem Ergebnis, dass der grüne Tee abgeschafft und Roibuschtee angeschafft werden sollte. Also hieß es bald: Der Weg in die Küche zum Reu-Busch. Er stand als Symbol für meinen Sieg über die Meinung, dass Kaffee mehr aufputschte als Tee (tut er nicht, wirkt nur schneller, war die Auskunft bei Tee Gschwender). Der Reubusch- oder Pyrrhussieg! Sollte ich also
auf weitere Missstände hinweisen? Zum Beispiel, dass Papi noch tief und fest schlief, während ich auf dem Dach die Tibeter schon hinter mich brachte?
    Als ich dies einmal erwähnte, belehrte er mich, man solle nicht vergleichen. Vergleiche blockierten die eigenen Energien. Ich solle mich einfach fragen, was für mich das Beste wäre, statt zu schauen, was für andere schlecht sei.
    Ich wollte gleich loslegen, aber er stoppte mich.
    Was für mich das Beste war, teilte er so auf: Erstens, die Kategorie des sozial Besten; zweitens, die Kategorie des seelisch Besten. Er ließ mich dann das für mich »sozial Beste« eigenmächtig suchen (zum Beispiel guter Schulabschluss) und wollte anschließend wissen, wie es sich anfühlen könnte, für das

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