Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
kotzte mich so gründlich an, dass ich nicht mehr wusste, wohin mit mir. Sollte ich in ihr Zimmer stürmen, sie niederschlagen, sie an den Haaren ziehen, schütteln, treten, etwas kaputtmachen, was ihr wichtig war? Was sollte ich nur tun?
Sie glaubte ernsthaft, dass ich böse Absichten hatte! Ich! Dass ich Ken, ihr und Sepp schaden wollte! Verdammt nochmal!
Das Wasser lief mir heiß aus den Augen und pitschte in kleinen blauen Tropfen auf meine Hände. Kismetblau.
Ich wollte, dass Merrie aus meinem Leben verschwand, ja! Ich wollte sie nicht mehr sehen, ja! Gerade jetzt konnte ich Merrie überhaupt nicht mehr ertragen. Aber ich wollte ihr doch nicht schaden! Nein!
Mit Sepp hatte ich mich arrangiert. Ich hatte nichts mehr dagegen, dass er mit meiner Mutter zusammen war. Damit hätte ich recht gut leben können. Und Ken? Ken wäre der Letzte, dem ich etwas Schlechtes wünschte! Der Allerletzte!
Ich wollte ja nicht mal den kleinsten Liebeszauber für ihn und mich riskieren, obwohl die echt harmlos waren!
Mit dem Kissenbezug wischte ich mir die schwarzgefärbten Tränen aus dem Gesicht. Wenn ich das Foto beim Umzug nicht an mich genommen und ins Tagebuch gelegt hätte, wäre sie nie drauf gekommen, darin rumzuschnüffeln. Nach Kens Taggerei hatte sie doch nur einen Schuldigen gesucht, denn ihr toller Bruder war natürlich nicht selbst darauf gekommen. Jemand musste ihn dazu gebracht haben, diesen dummen Fehler zu begehen. Und wer bot sich dafür besser an als Jannah, die dusselige Kuh, die auch noch eine astreine Steilvorlage im Tagebuch hinterlassen hatte? Die sogar noch schwarz auf weiß verriet, was sie vorhatte?! Die zu allem Überfluss auch noch ein Foto ihres geliebten Bruders bei sich hatte? Ein wunderbarer Gegenstand für schwarze Magie.
Hatte ich aber nicht. Ich hatte es nur zum Angucken in meinem Buch. Zum Sehnen und An-ihn-Denken. Natürlich nur dafür.
Als es da auf dem Boden lag, hatte Ken sich gebückt, das Foto aufgehoben und war zurück in sein Zimmer gegangen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren. Auch Sepp und meine Mutter hatten nichts gesagt, und Merrie hatte zwar komisch geguckt, aber genauso geschwiegen. Niemand hatte mich gefragt, wie ich zu dem Bild gekommen war, warum ich es bei mir hatte.
Bei Lou war besetzt. Mit ihr hätte ich zu gern gesprochen. Wie sollte ich jetzt schlafen? Wie sollte ich mich morgen früh verhalten? Ich konnte mit Merrie nicht mal im gleichen Raum sein, geschweige denn sie ansehen.
Planlos scrollte ich durch mein Handy und blieb bei einer Nummer hängen. Das war die Lösung!
»Ja?«, brummelte eine verschlafene Stimme.
»Papa? Es ist noch nicht mal neun Uhr«, sagte ich, »wieso schläfst du?«
»Weil ich die letzten drei Nächte durchgearbeitet habe«, gähnte mein Vater. »Was ist los?«
»Kannst du mich bitte abholen?«
»Was? Jetzt?«, rief mein Vater. »Och nö, Jannah! Es ist arschkalt draußen, ich liege im herrlich warmen Bett, nein!«
»Papa!«
»Nein!«
Eine Viertelstunde später hatte ich meine Tasche gepackt und mein Handy piepte zum Zeichen, dass mein Vater vor dem Haus stand.
So leise wie möglich kam ich aus meinem Zimmer und tappte auf Zehenspitzen über den Flur. Beide Flügeltüren zum Wohnzimmer standen offen, es brannte Licht. Sepp saß mit dem Gesicht in meine Richtung am Rechner und sah natürlich in dem Augenblick auf, als ich versehentlich gegen unsere Holzbank trat. Verflixt, verflixt, verflixt!
»Ach, hallo, Jannah!«, sagte er. »Ich hab dich gar nicht kommen hören.« Als er die Reisetasche in meiner Hand bemerkte, runzelte er die Stirn. »Willst du gehen?«
»Ähm, ja.«
»Moment mal.« Sepp stand auf und kam in den Flur. »Das geht nicht. Du kannst nicht einfach abends verschwinden. Wo willst du überhaupt hin?«
Jetzt konnte ich nicht mehr weg! Mann!
»Ich ähm … also, mein Vater holt mich ab«, stotterte ich.
»Anne weiß Bescheid.«
Sepp sah mich mit seinen durchdringend schwarzen Augen an. »Warum glaube ich dir nicht?«
»Tja, keine Ahnung«, sagte ich und merkte, wie meine Stimme wieder sicherer wurde. »Kannst ja rausgucken. Mein Vater steht unten und wartet.«
Zweifelnd wandte sich Sepp zum Fenster, behielt mich jedoch wachsam im Auge, als fürchtete er, ich könnte ihm entwischen. »Was für einen Wagen fährt dein Vater?«, fragte er und sah nach unten auf die Straße.
»Schwarzen Jeep«, sagte ich. »Kennzeichen H-GP 198, reicht das?«
»Hm«, machte Sepp. »Das Kennzeichen kann ich von hier nicht
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