Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
knacken. An Kens unsicherem Blick sah ich, was er nun erwartete, und hatte Spaß daran, ihn auf die falsche Fährte zu locken.
»Was?«, fragte er misstrauisch.
»Dass wir … sozusagen … ähm … ich mag’s gar nicht sagen …!«
»Na komm, jetzt erzähl!«
»Ja also, dass wir so was wie … Geschwister werden?«
»Was?« Ken zuckte zusammen. »Nee, oder?«
Ich nickte wieder. »Doch wirklich. Dein Vater und meine Mutter kriegen ein Kind!«
»Das kann nicht wahr sein!«, stöhnte Ken und vergrub sein Gesicht zwischen den Händen. »Ich glaube das nicht! Sind die völlig bescheuert, oder was? Wie soll das denn gehen!?«
»Genau das hab ich auch gesagt.«
»Mann, Mann, Mann!«, schnaufte Ken. »Bist du sicher?«
»Ja. Meine Mutter isst saure Gurken mit Schokocreme.«
»Na und?«, sagte Ken. »Ihr Türken macht ja schon manchmal komische Sachen, muss doch nichts heißen.«
»Ken!«, sagte ich und legte den Kopf schief. »Ihr Afrikaner macht genauso komische Sachen, und sie ist schwanger, glaub mir!«
»Hat sie es dir erzählt?«
»Yep!«
»Schiet!«, sagte er. »Türken, Afrikaner und Deutsche in einer Wohnung …! Da weiß doch keiner mehr, wer die größte Klatsche hat!«
24
Die Schmeißfliegen-Geschwister
Ich telefonierte gerade mit Lou, um ihr die Zutaten für den Rückführungszauber durchzugeben, als mein Vater auf dem Handy anrief. Kismet Multitasking. Ich sagte Lou, dass ich sie zurückrufen würde, dann ging ich ans Handy. Mein Vater sprach leise und entschuldigte sich fünfmal für die peinliche Situation, in die ich geraten war. Ich schwieg die meiste Zeit, weil ich noch verärgert war, und er bat mich, meiner Mutter nichts von Valerie zu sagen, weil es mit ihr »nichts Ernstes« sei.
Um etwas Ähnliches hatte mich meine Mutter auch gebeten. Ich sollte meinem Vater noch nichts von der Schwangerschaft erzählen, weil in ihrem Alter das Risiko einer Fehlgeburt recht groß sei. Möglicherweise also auch »nichts Ernstes«? Womit hatte ich eigentlich so durchgeknallte Eltern verdient?
Zum Glück hatte ich Lou, der ich das alles erzählen konnte und die dabei herrlich locker blieb.
»Deine Familie ist einfach der Wahnsinn, Jannah!«, sagte sie. »Ich will auch so was, bitte!«
»Du bist auch wahnsinnig, Lou!«, sagte ich. »Du weißt ja nicht, was du sagst!«
»Weiß ich wohl!«, widersprach sie. »Ich sitze alleine zu Hause, meine Mutter ist bei ihrem Freund, Jarush ist sonstwo, und bei dir tobt das Leben! Will ich auch!«
Ich musste lachen. Irgendwie hatte sie recht.
»Willst du nicht heute bei mir übernachten?«
»Nein«, sagte Lou. »Heute ist Vollmond, da muss ich zaubern, damit ich meinen Freund wiederkriege.«
»Dann zaubere du«, grinste ich. »Hast du die Zutaten aufgeschrieben?«
»Na sicher!«, sagte Lou. »Du musst mir nur noch mal genau erklären, wo und was und wie.«
Ein wenig schade fand ich es schon, dass Lou nicht zu mir kommen und wir das Ritual gemeinsam vollziehen würden, aber wirksam war es nur, wenn man es allein machte.
Meine Anneanne in Antalya schwor darauf, es sei der älteste und beste Liebeszauber der Welt. Ich war gespannt, ob es funktionieren würde.
Die Tage bis zum Wochenende schlichen im Schneckentempo dahin. Sepp trug meine Mutter buchstäblich auf Händen, wuselte ständig um sie herum, nahm ihr alles aus der Hand, weil sie nicht schwer tragen sollte. Doch als er ihr sogar den Liter Milch für ihren Kaffee abnehmen wollte, protestierte selbst sie. Wenn Ken nicht da gewesen wäre, wäre ich garantiert vor Langeweile eingegangen. Er war der einzige Lichtblick.
In der Schule war Lou nach anfänglicher Hoffnung wieder in Trauer verfallen, weil trotz ihrer Zauberei nichts passierte. Jarush blieb weiterhin auf Distanz. Merrie sah ich nur selten, wir gingen uns aus dem Weg. Ab und zu sprach sie mit Candice und den anderen aus der Ferne über mich, doch es fiel mir leicht, das zu ignorieren.
Genauso wie meinen Vater, der jetzt öfter anrief und mit mir etwas unternehmen wollte. Irgendwie war mir nicht danach. Immer wenn ich mit ihm sprach oder an ihn dachte, hatte ich Jasminduft in der Nase, und obwohl ich den Geruch mochte, wollte ich mich nicht damit beschäftigen. Denn eine penetrante Frage hatte sich in meine Gedanken gebohrt.
Hatten sich meine Eltern vielleicht gar nicht wegen Sepp, sondern vielmehr wegen Valerie getrennt? Mühsam schob ich alles von mir weg. Es war egal. Musste egal sein. Nur der Samstag zählte.
Und als Freitagabend
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