Heartbreaker - Chartbreaker
Schule
schwänzen, nur um dann in eine andere Schule zu gehen?« Victoria explodierte. »Ihr hättet euch lieber ein paar CDs kaufen sollen oder ein bisschen shoppen gehen oder irgendwas anderes!«
»Victoria!«, wies der Wachmann sie zurecht. »Das reicht!« Aber ich hätte schwören können, dass er gerade dasselbe gedacht hatte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in der Highschool früher der totale Kiffer war.
Mr Nielson blickte kurz zu mir, bevor er sich dann wieder an meinen weiblichen Fanclub wandte. »Ihr drei kommt mit in mein Büro. Und ihr beide, Audrey und Victoria, es klingelt in -«, er guckte auf seine Armbanduhr, »- exakt dreißig Sekunden, und ich nehme an, dass ihr zum Unterricht müsst. GENAUSO WIE ALLE ANDEREN HIER AUCH!«, brüllte er die übrigen Schüler an, die unsere kleine Szene neugierig verfolgt hatten. »SUCHT EUCH EINE BESSERE BESCHÄFTIGUNG, ALS HIER HERUMZUSTEHEN UND ZU GLOTZEN!« Man erzählt sich, dass Mr Nielson die Yale Drama School besucht hat, und allmählich glaubte ich diesen Gerüchten.
Die Mädchen schauten mich an. Zwei von ihnen hatten Tränen in den Augen. »Entschuldigung, Audrey«, sagte die dritte. »Wir … wir finden das alles einfach nur so aufregend .«
Und da fühlte ich mich richtig schlecht. Ich meine, ich war schließlich auch Fan. Es war erst vier Tage her, dass ich meine riesengroße private Enttäuschung mit einem Rockstar erlebt hatte. Ich hatte das auch alles gemacht, weil ich es so aufregend gefunden hatte. Ich hatte nicht an irgendwelche blöden Kameras oder andere mögliche Folgen meines Tuns gedacht, und jetzt saß ich deswegen mitten in der Scheiße. Ich war die Letzte, die den Teenie-Girls irgendwelche Vorwürfe machen durfte, denn ich war gar nicht so viel anders als sie.
Aber wenigstens hatte ich nicht die Schule geschwänzt und war dann so blöd gewesen, mich in dieser Zeit auf das Gelände einer anderen Schule zu schleichen.
Und um an diesem Tag das Fass noch ganz voll zu machen: James fehlte heute schon wieder. Ich hatte ihn seit zwei Tagen nicht mehr an der Schule aufkreuzen sehen. Nur so eine zufällige Beobachtung. Ich bin nämlich eine aufmerksame Beobachterin.
Wenn ihr allerdings glaubt, dass der Montag und der Dienstag schon recht aufregende Tage gewesen waren, dann wartet erst mal ab, was ich euch über den Mittwoch zu erzählen habe.
Der Mittwoch übertraf das alles noch bei Weitem.
Denn Mittwoch war der Tag, an dem die Magazine rauskamen.
17
Have you ever been alone in a crowded room?
Jack’s Mannequin, »Dark Blue«
Das erste Bild von mir, das ich am Mittwoch gesehen habe, war auf der Tür der zweiten Kabine rechts in der Mädchentoilette. Der Mädchentoilette, die alle benutzen. Wo sonst. Es war noch ziemlich früh, noch nicht mal neun, und ich bin in die Kabine rein und hab die Tür zugemacht, und, tja, da hatte jemand ein Mädchen hingeschmiert, das einem Jungen gerade den Schwanz lutscht, und darunter war gekritzelt: »AUDRY MACHTS JEDEM SCHWANTZ.«
Als ich gerade beim Händewaschen war, kam Victoria rein und rief: »Nimm besser nicht die zweite Kabine!«
»Zu spät.« Ich drückte besonders heftig auf den Seifenspender. »Hast du’s schon gesehen?«
»Nur davon gehört.« Victoria verschwand in der Kabine, um die Zeichnung selbst zu begutachten. »Da ist überhaupt keine Ähnlichkeit mit dir zu erkennen!«
Ich verdrehte die Augen. »Ich glaub nicht, dass es hier auf den künstlerischen Wert ankommt.«
»Und dein Name ist falsch geschrieben!«
»Ich weiß! Und überhaupt der Spruch! Im Namen von allem, was uns heilig ist, wie schwer kann es denn sein, ›Schwanz‹ richtig zu schreiben?« Ich schüttelte meine Hände, weil es keine Papierhandtücher mehr gab.
»Ein Genie war das jedenfalls nicht.« Victoria kam wieder heraus. Sie sah mir kurz zu, wie ich überallhin feine Wassertröpfchen verspritzte, dann zog sie ihr Lipgloss heraus und tupfte es sich vor dem Spiegel auf die Lippen.
»Ach übrigens«, sagte ich, »willst du von mir welches? Irgend so eine Kosmetikfirma hat mir einen ganzen Karton mit
ihrem neuen Kiss-off-Lipgloss geschickt, alle möglichen Farben. Die wollen, dass ich für sie Werbung mache. Wahrscheinlich haben die auch das Video mit Simon gesehen.«
Victorias Hand blieb auf halbem Weg zu ihrem Mund in der Luft hängen. »Du kriegst kostenlos Kosmetik geschickt?«, rief sie. » Ohmeingott , das wäre mein Traum! Und - hast du zugesagt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, niemals.
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