Heaven (German Edition)
Insider, den nur wir beide verstanden.
«Immer noch heiß auf das wilde freie Leben?», fragte ich.
«Genau, Schwesterchen.» Xavier zwinkerte mir zu. «Du kennst mich einfach zu gut.»
Mary Ellen hatte vor Aufregung inzwischen rote Flecken auf Hals und Dekolleté. Zum Glück klopften in diesem Moment unsere Nachbarinnen Erin und Missy an die Tür und unterbrachen unser Gespräch.
Sie waren nette Mädels und schienen Mary Ellen zu mögen, wenn ich sie auch schon dabei erwischt hatte, wie sie hinter ihrem Rücken die Augen verdreht hatten. Wenn sie nicht gerade über Jungs redeten, verbrachten sie ihre Zeit damit, die Studentenverbindungen durchzuhecheln. Ich versuchte, Interesse zu heucheln, wie so oft bei solchen Themen, langweilte mich aber nach spätestens fünf Minuten und stieg gedanklich aus. Viel spannender fand ich es, die pulsierende Atmosphäre auf dem Campus in mich aufzunehmen und mich auf die neue Welt einzustellen. Immer wieder erstaunte es mich, wie sorglos alle hier waren. Das zeigte mir nur umso mehr, wie belastet mein Leben mit Xavier war.
«Ich freue mich schon so auf die Football-Saison», erzählte mir Mary Ellen, als wir eines Nachmittags durch den Campuspark liefen. «Wir werden zwar nicht gewinnen, aber was soll’s.»
«Warum nicht?», fragte ich überrascht über ihre negative Einstellung.
«Ole Miss gewinnt nie.» Sie lachte. «Das weiß doch jeder.»
«Aber wir haben bestimmt eine Chance», sagte ich. Seltsamerweise deprimierte mich der Gedanke, dass mein Adoptivteam verlieren würde.
«Ehrlich gesagt, nein.» Sie zuckte die Achseln. «Wenn du Football-Spiele gewinnen willst, musst du an ein anderes College gehen.»
«Hm», sagte ich. «Vielleicht haben wir aber dieses Jahr trotzdem Glück.»
Mary Ellen grinste mich an. «Das Spiel werden wir nicht gewinnen, aber die Afterparty wird darum umso besser.»
Mitten im Park entdeckten wir Xavier, Clay und Spencer mit einigen anderen Jungs aus dem Baseball-Team. Sie waren in ein Gespräch über die Rebels, die Sportteams der Ole Miss, vertieft. Als Spencer uns bemerkte, winkte er uns zu. Ich setzte mich neben ihn, während Mary Ellen schnurstracks auf Xavier zuging. Spencer war ein gutaussehender Junge mit wuscheligem blonden Haar und blauen Augen mit Schlafzimmerblick.
«Und, wie war euer erstes Wochenende?», fragte er.
«Ich habe es überlebt», sagte ich. «Es war ziemlich verrückt.»
«Ja, bei den Verbindungspartys hat es vor Erstsemestern nur so gewimmelt.»
Während wir uns unterhielten, fielen mir zwei Eichhörnchen ins Auge, die sich um einen Baumstamm herumjagten. Sie bewegten sich so schnell wie Zeichentrickfiguren. Das eine war eindeutig hinter dem anderen her – ein Gedanke, bei dem ich unwillkürlich lächeln musste.
«Er gibt nicht auf, oder?», sagte ich.
Spencer sah auf und suchte mit den Augen, worauf ich anspielte. Dann lachte er. «Vielleicht sendet sie unklare Signale aus», meinte er. «Er ist völlig durcheinander.»
«Nein.» Ich schüttelte den Kopf. «Für mich ist es eindeutig, dass sie kein Interesse hat.»
Das erste Eichhörnchen hielt plötzlich an, woraufhin das zweite ebenfalls völlig verwirrt stoppte. Dann schoss es wieder los, eine Herausforderung an das zweite, die Jagd wiederaufzunehmen.
«Siehst du, jetzt spielt sie mit ihm», sagte Spencer. «Berechnendes Miststück.»
Ich lachte. Spencer war so relaxed und normal, ich konnte ihn gut leiden. Hier im Park hatte ich das Gefühl, als ob es so etwas wie himmlische Soldaten, die sich die Sieben Reiter nannten, gar nicht geben konnte. Alles, was wir erlebt hatten, kam mir vor wie ein schrecklicher Albtraum.
In diesem Moment klingelte mein Handy. Ich hatte es nach unserer Flucht aus Venus Cove gerade erst wieder angestellt und die unzähligen Nachrichten und verpassten Anrufe von Leuten, die wissen wollten, wo ich steckte, ignoriert. Dies aber war eine Nummer, die ich nicht kannte.
Xavier war sofort angespannt, was aber außer mir niemand bemerkte. Das Handy vibrierte eine ganze Weile auf dem Picknicktisch und drehte sich, bis Mary Ellen mich fragend ansah.
«Willst du nicht drangehen?»
«Hallo?», sagte ich vorsichtig.
«Beth!» Die hohe Stimme am anderen Ende der Leitung klang erleichtert und so vertraut. «Ich dachte, du gehst niemals dran. Ich versuche seit Tagen, dich anzurufen!»
«Molly?», fragte ich und sah, wie Xavier die Stirn runzelte. «Bist du’s wirklich? Von wo rufst du an?»
«Natürlich bin ich’s. Ich habe eine
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