Heaven (German Edition)
Angst – dass Molly sich zu Wade und in die Religion geflüchtet hatte, obwohl sie tief in ihrem Herzen nicht wirklich glaubte. Wenn sie nicht aufpasste, konnte das gewaltig nach hinten losgehen. Gabriel erwähnte sie gar nicht mehr. Hatte sie ihre Erinnerungen an ihn ganz tief vergraben, damit sie sie nicht mehr quälten?
Als Molly und Mary Ellen sich zum ersten Mal begegneten, stand sofort eine stillschweigende Feindschaft in der Luft. In meinem Leben war nicht Platz für beide, und Molly forderte ihre älteren Rechte als beste Freundin und Vertraute ein. Davon abgesehen redete Mary Ellen die ganze Zeit nur über Jungs, oder besser gesagt, über Ford. Sie wollte wissen, ob er etwas über sie gesagt hatte, welche Musik er hörte und was seine Lieblingsfarbe war. Dass sie nicht um ein Haarbüschel von ihm bat, um es sich unters Kopfkissen zu legen, war beinahe erstaunlich. Irgendwie hatte sie seine Handynummer herausgefunden und ihm eine SMS mit der Frage geschickt, ob er nach dem Unterricht mit ihr abhängen wollte. Da sie keine Antwort bekommen hatte, bombardierte sie mich mit Fragen.
«Warum hat Ford mir nicht zurückgeschrieben?» Sie wedelte mir mit ihrem Handy vor der Nase herum. «Hier, lies das. Ich klinge doch nicht zu aufdringlich, oder?»
«Nein, es klingt okay», sagte ich und schob sie zur Seite, in der Hoffnung, dass das Gespräch damit beendet war.
«Und warum hat er dann nicht geantwortet?»
«Keine Ahnung», sagte ich düster. «Vielleicht hat er was Besseres zu tun.»
Noch nie zuvor hatte ich ein Mädchen getroffen, das so wenig Feingefühl hatte wie Mary Ellen. Obwohl Ford ganz offensichtlich kein Interesse an ihr zeigte und ich keine Lust hatte, ständig über ihn zu reden, blieb sie beharrlich dran.
«Glaubst du, er hat Angst vor seinen Gefühlen?»
«Ja, kann schon sein», sagte ich so herablassend, wie ich konnte.
«Du musst mir helfen, Laurie», sagte sie. «Bitte sprich mit ihm über mich.»
«Pass auf», sagte ich, noch immer bemüht, nicht zu zeigen, wie genervt ich inzwischen war. «Ich mische mich in Fords Liebesleben nicht ein. Warum auch? Welcher Typ hört schon auf seine Schwester?»
Ich versuchte, so wenig Zeit wie möglich im Wohnheim zu verbringen. Es war klaustrophobisch eng, und morgens waren oft die Waschbecken im Bad vollgekotzt. Nachdem ich beinahe mein gesamtes irdisches Leben in Haus Byron verbracht hatte, war dies für mich ein unsanftes Erwachen in der wahren Welt der Teenager und ihrer Gewohnheiten. Mary Ellen ging ich so gut aus dem Weg, wie ich konnte. Denn hatte sie mich erst einmal aufgespürt, war es unmöglich, sie loszuwerden. Und egal, welches Thema ich anschnitt – letztendlich drehte sich das Gespräch doch immer wieder um meinen Bruder Ford.
Mary Ellen war nicht das einzige Mädchen, das mir Kummer machte. Bald schon musste ich mich mit einem weit größeren Problem herumschlagen.
Drei Wochen nach Semesterbeginn lernte Xavier im Biolabor Peyton Wynn kennen. Peyton Wynn war in jeder Hinsicht perfekt. Sie stammte aus einer wohlhabenden Familie, war eine Delta-Gamma -Verbindungsstudentin, wahnsinnig klug und verdiente sich ihr Studium unter anderem durch kleine Modeljobs für Abercrombie & Fitch. Ihr Lebenslauf war so beeindruckend, dass sogar das Gerücht herumging, sie sei für ihr soziales Engagement und ihre Arbeit in der Studentenvertretung als «Miss Ole Miss» nominiert. Eigentlich war sie ein Mädchen, mit dem ich gern befreundet gewesen wäre – wenn sie Xavier nicht gefragt hätte, ob er mit ihr zum Ball gehen wollte.
Es geschah an einem Freitagnachmittag, als Xavier und ich zusammen an einem der Picknicktische im Park herumhingen.
«Hi, Ford.»
In Sekundenschnelle ließ Xaviers Fuß, der unter dem Tisch mit meinem gespielt hatte, von mir ab. Wir drehten uns um, und da stand sie, mit dem Rucksack lässig über der Schulter. Jede einzelne Strähne ihrer langen Haare war gebändigt, und sie wirkte taufrisch, trotz der tropischen Temperaturen. Das war nicht fair – es war mein Privileg, nicht zu schwitzen.
«Hallo», begrüßte Xavier sie freudig. «Wie geht’s?» Ich spürte, dass Xavier sie wirklich mochte und nicht nur tolerierte wie Mary Ellen.
«Gut, danke.» Peyton strahlte ihn mit ihrem perfekten Lächeln an. «Ich habe endlich Schluss für heute.»
«Dann kann ja das Wochenende kommen», sagte Xavier. «Das ist übrigens meine Schwester Laurie. Laurie, das ist Peyton. Wir schuften zusammen im Labor.»
«Hi.» Peyton
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