Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Spiegelbild in ihren Augen erkennen. »Ehrlich, das alles ist so richtig abgefahren, dass wir wohl beide als verrückt durchgehen.«
    Ihre Mundwinkel verzogen sich, aber ein richtiges Lächeln wurde nicht mehr daraus. »Fragt sich nur, was wir Verrückte jetzt nur tun sollen.«
    David stand auf und lief im Raum umher. »Keine Ahnung. Das hab ich mir fast die ganze Nacht überlegt.«
    »Dann hast du also auch nicht geschlafen?«
    »Nicht wirklich.«
    »Und du denkst tatsächlich nicht, dass ich verrückt bin?«
    »Ich habe gehört, was der Arzt im St. Mary’s gesagt hat.« Das war Antwort genug.
    Wieder berührte sie ihre Brust. Erst jetzt fiel David auf, dass sie seine Sachen trug. Schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt, schwarzes Hemd, schwarze Wollsocken.
    Sie sah seinen Blick. »An meinen Klamotten klebt Blut«, erklärte sie und starrte die Tischplatte an. »Mein Blut.« Sie hob den Blick. »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, da hab ich versucht, mir einzureden, dass es ein Traum war. Ein Albtraum, der einem in den Gliedern sitzt und der nur schwer abzuschütteln ist. Aber eben nur ein Traum. Ich hab mir das so lange vorlügen können, bis ich mein T-Shirt gesehen hab.«
    David ging zur Anrichte und machte sich einen Kaffee, lehnte sich gegen den Kühlschrank, schlürfte das heiße Getränk und versuchte verzweifelt, einen klaren Kopf zu bekommen. »Was meinst du«, begann er, »wollen wir es noch einmal durchgehen?«
    Sie nickte.
    Er holte tief Luft. »Okay, wo fangen wir an?« Er starrte für einen Moment auf den weißen Dampf seiner Tasse. Dann blickte er auf. »Du hast also kein Herz. Ich meine, das ist total verrückt, das wissen wir beide. Aber du hast keinen Herzschlag und im Krankenhaus konnten sie sich auch nicht erklären, was los ist. An den Geräten kann es nicht gelegen haben, denn er hat ein einfaches Stethoskop benutzt. Das kann schließlich nicht kaputtgehen. Und unfähig war der Arzt auch nicht, das hast du selbst gesagt.«
    »Nicht zu vergessen, dass er ziemlich außer sich war, genau wie die Schwester.«
    David zuckte die Achseln. »Also gehen wir doch einfach davon aus, dass es möglich ist. Ich meine, du bist da. Du sitzt vor mir. Du redest mit mir. Du bist lebendig.«
    »Irgendwie.«
    »Nicht irgendwie. Du atmest. Du bist . . . du bist Heaven. Und wenn sie dir dein Herz genommen haben, dann müssen wir es eben wiederfinden.«
    Heaven hielt die dampfende Tasse mit Tee in beiden Händen. »So wie du das sagst, klingt das einfach.«
    Er versuchte zu grinsen, aber es missglückte. »Fällt dir etwas anderes ein?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Okay, weiter«, sagte er. »Was ist mit diesen Typen? Alleindie Tatsache, dass sie dich auf dem Dach erwischt haben, spricht ja nicht gerade dafür, dass sie dir zufällig über den Weg gelaufen sind, oder? Schließlich treiben sich nicht allzu viele Leute gewohnheitsmäßig in einer kalten Novembernacht auf den Dächern von Kensington herum. Mal abgesehen von uns beiden.«
    Heaven schüttelte den Kopf. Ihr Haar sah heute womöglich noch wilder aus als gestern. »Aber selbst wenn sie mir gefolgt wären.« Sie sah ihn fragend an. »Warum genau hätten sie das tun sollen? Ich bin ein Niemand. Da gibt es nichts Außergewöhnliches in meinem Leben.«
    David schüttelte den Kopf. »Ich hab nicht den blassesten Schimmer.« Er stellte seine Tasse ab. »Erzähl noch mal. Woran kannst du dich genau erinnern?«
    »An das lange Messer.« Sie verzog angewidert das Gesicht, als würde sie es wieder auf ihrer Haut spüren. »Ich dachte noch, wie ungewöhnlich es aussieht. Lang, dünn, gekrümmt. Dann bin ich ohnmächtig geworden. Und als ich zu mir kam, bin ich aufgestanden und gerannt, immer und immer weiter.«
    Tränen traten ihr in die Augen. »Warum passiert mir so was?«
    David unterdrückte den Impuls, zu ihr zu gehen und sie in den Arm zu nehmen. Sie sah so verdammt verletzlich aus, und wenn er daran dachte, was sie durchgemacht hatte, dort oben auf dem Dach, dann brodelte eiskalte Wut in ihm. Und doch blieb er dort, wo er war, lehnte sich weiter gegen den Kühlschrank. Denn irgendetwas sagte ihm, dass es für Heaven wichtig war, ihren Stolz zu bewahren. Und er wollte nichts kaputt machen, was eigentlich noch gar nicht da war.
    »Ich . . . so ein Scheiß!« Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, bevor sie zu kleinen Kristallen gefroren. »Fuck.« Plötzlich sprang sie auf und ballte zornig ihre Fäuste. Sie sah so aus, als ob sie am liebsten die Tasse in

Weitere Kostenlose Bücher