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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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schnappen, während er Julian betrachtete. Ihm kam in den Sinn, dass ihm ein solches Schicksal erspart geblieben war. Aber warum? Warum hatte Mr Drood ihn verschont?
    Scheiße, warum meldete sich niemand? Das war der Notruf und nicht die Hotline der Telefongesellschaft!
    Seine Gedanken sprangen zu Heaven zurück, die nicht mehr da war. Es waren keine klaren Gedanken, eher Gefühle und Töne, die an seiner Seele kratzten wie ein stumpfes Messer auf Metall.
    Ein Klicken in der Leitung.
    Am anderen Ende meldete sich eine Notruf-Dame, die sich gelangweilt und sachlich anhörte. Während er ihr erklärte, was geschehen war, und die Angaben machte, die sie brauchte – Messerstich, tief, eine Bauchverletzung, ja, vermutlich sehr ernst, verdammt viel Blut, dunkel, fast schwarz, nur ein T-Shirt auf die Wunde gepresst, ja, verdammt, schicken Sie jemanden her, und zwar schnell!, nein, Scheiße, ich bin kein Arzt, keine Ahnung, was Sie meinen –, betrachtete er die Szenerie, als wäre er gar nicht richtig hier.
    Julian war bleich. Er atmete hektisch. Dunkles Blut sickerte noch immer zwischen seinen Fingern durch. Das T-Shirt war nass, durch und durch. In dem kleinen Zimmer roch es süßlich.
    Eve schluchzte von Sinnen. Sie kniete neben Julian, schrie ihn an, streichelte das Haar ihres Freundes, berührte sein blutiges T-Shirt, ließ es wieder los, als habe sie sich daran verbrannt. Ihr Gesicht zeigte einige Schrammen und Kratzer, die sie wohl dem Lumpenmann verdankte.
    David folgte nicht den Anweisungen der Notruf-Dame, am Telefon zu bleiben, sondern klickte das Gespräch weg. Einen Moment später kniete er neben Eve. »Wo ist Heaven?« Er gab sich alle Mühe, die Stimme ruhig zu halten.
    Eve schaute auf. »Die beiden haben sie mitgenommen. Sie war bewusstlos.«
    »Und du?«
    Sie kämpfte wieder mit den Tränen. »Ich war bei Julian.«
    Rostrote Wut kam in David auf. Warum hatte sie nicht versucht, die anderen daran zu hindern, Heaven mitzunehmen? Sie hätte doch . . . Er hielt inne. Nein, Eve traf keine Schuld, niemanden traf Schuld, natürlich nicht, er musste sich zusammenreißen, bei Verstand bleiben.
    Wie ging es weiter?
    David stand auf, lief im Raum herum, stand einen Moment nur da, still. Dann schrie er laut, schrill, zornig seine Wut in die Stille und trat verzweifelt gegen die Gegenstände, die sich in der Nähe befanden: einen Blumentopf, einen Stuhl, eine Lampe. Er griff in einen Stapel Zeitungen, die auf dem Boden lagen, und warf sie durch den Raum. Wie getroffene Falter fielen sie zu Boden. Er schrie wieder, brüllte, fühlte sich, als würden ihm Stücke aus dem Körper gerissen.
    Nimm dich zusammen! So hilfst du ihr nicht.
    Er wusste es und doch konnte er es nicht ändern. Er warwie rasend. Ein einziger Gedanke kreischte in großen Lettern in seinem Bewusstsein auf: SIE IST FORT! Sie haben Heaven mitgenommen, irgendwohin. Sie werden sie töten. Sie werden ihr das Herz herausschneiden und niemand wird etwas davon erfahren.
    Er rannte hin und her, raste zu dem kleinen Bullauge, spähte hinaus.
    »Was soll ich nur tun? Hilf mir!« Eve achtete gar nicht auf seinen Wutausbruch. Sie starrte nur Julian an und die Blutlache auf dem Boden, die immer größer wurde.
    Das war es, was David wieder zu Verstand brachte. Denn in diesem Moment wurde ihm bewusst, dass Eve sich genauso fühlte wie er. Der Mann, den sie liebte, lag auf dem Boden und verblutete und sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
    »Okay, er muss wach bleiben«, sagte David zu Eve. Er beugte sich über Julian. Die matten Augen starrten ihn an. David war sich nicht sicher, ob Julian ihn überhaupt erkannte. Die Lider flatterten unruhig. »Julian? Du darfst nicht einschlafen!« David betonte jedes Wort. »Hörst du? Halt die Augen offen, bleib wach.« Er glaubte sich daran zu erinnern, dass man das in Filmen immer sagte. Wenn jemand verletzt war, dann durfte derjenige das Bewusstsein unter gar keinen Umständen verlieren. Er musste wach bleiben, bis die Ärzte eintrafen.
    Aber scheiße, er war kein Arzt.
    Und es war so viel Blut.
    »Gleich kommt Hilfe«, sagte David erneut.
    Er legte Julian eine Hand auf die Schulter, ganz sachte. Sein ganzer Körper glühte förmlich. »Du wirst nicht sterben«,versprach er ihm. »Du bist viel zu cool dafür. Glaub mir.«
    Julian nickte nicht. Er schloss die Augen. Sein Atem ging unregelmäßig.
    »Mist«, fluchte David.
    »Wie lange brauchen die denn?« Eve war für einen Moment ans Fenster getreten, kehrte aber sofort

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