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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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die um sein Haus schlichen, gequält worden sei, bemerkte Katerina, wie Alexander sich zu Elisa beugte und ihr etwas zuflüsterte. Es gelang ihr sogar, seine Worte zu verstehen: »Ich hatte gehofft, Ioan Bitu wäre schon fertig mit seinen Gedichten.«
    Was für eine Vertraulichkeit! Gräfin Katerina wurde unsicher. Hatte es im Garten der Villa doch eine Annäherung gegeben? Sie sah ihre Tochter fragend an, die ihren Blick jedoch nicht wahrnahm. Sie bedachte Alexanders Bemerkung mit einem kleinen Lächeln, das für Katerinas Geschmack viel zu viel Belustigung und zu wenig Vorwurf ausdrückte, und hing nun an den Lippen des Kurdirektors, der erzählte, dass Hanna Boyken, die verkrüppelte Tochter einer armen Fischersfrau, die Beute bei Geesche Jensen entdeckt hatte. »Sie geht im Hausder Hebamme ein und aus, sie ist dort geboren und hilft auch oft bei der Versorgung der Feriengäste.«
    »Sie ist meine Gesellschafterin«, mischte sich Elisa ein und ergänzte zum Verdruss ihrer Mutter: »Wir sind in derselben Nacht im Haus der Hebamme zur Welt gekommen.«
    Katerina warf ihrer Tochter einen vorwurfsvollen Blick zu, der ebenfalls nicht erwidert wurde. Wie konnte Elisa eine solche Intimität auf einer Dinner-Gesellschaft zum Besten geben?
    »Sie scheint eine ehrliche junge Frau zu sein«, meinte Herr Roth. »Es muss ihr schwergefallen sein, Geesche Jensen dem Inselvogt auszuliefern.«
    Graf Arndt sah nicht von seinem Teller auf, als er fragte: »Hat die Hebamme ein Geständnis abgelegt?«
    »Höchstwahrscheinlich«, entgegnete Herr Roth. »Es wird ihr nichts anderes übrig bleiben. Woher soll sie so viel Geld haben? Dafür gibt es nur eine Erklärung.«
    »Das ist kein Beweis, sondern nur eine Vermutung«, tadelte Graf Arndt mit sanfter Stimme.
    Herr Roth musste es zugeben, wies aber gleichzeitig jede Verantwortung von sich. »Das ist Sache des Inselvogts. Er wird die Hebamme schon zu einem Geständnis bewegen.«
    Er wurde von Dr. Pollacsek unterbrochen. »Ich bin sicher, dass es sich um einen Irrtum handelt. Die Hebamme ist keine Diebin. Das wird sich aufklären. Ganz sicher!«
    Herr Roth zuckte mit den Schultern. »Das Gericht wird sich mit dem Fall beschäftigen. Dann werden wir ja sehen, ob sie schuldig ist oder nicht.«
    Damit verlor sich das Interesse an dem Diebstahl der Lohngelder. Die Baronin schien noch immer in Sorge zu sein, dass die nächsten Gespräche sich entweder um die Literatur der Königin oder die Lyrik von Ioan Bitu drehen könnten, dessen Miene immer verschlossener wurde. Anscheinend lag ihr daran, diesem Abend den Unterhaltungswert zu bewahren, undso berichtete sie von ihrem Gärtner, dessen Bruder unter die Strandräuber gegangen war. »Okko ist ein rechtschaffener Mensch und hat immer versucht, seinen Bruder auf den rechten Weg zurückzuführen. Die Eltern wollten nichts mehr mit ihrem jüngsten Sohn zu tun haben, aber Okko, unser Gärtner, hat sich häufig mit ihm getroffen. ›Er bleibt immer mein Bruder‹, hat er gesagt, ›egal, was er tut.‹«
    Ihr Mann nahm ihre Erzählung auf und führte sie weiter. »Aber wie hat der Bruder, dieser miese Halunke, es ihm gedankt?«, fuhr der Baron fort. »Er hat den besonders kostbaren Teil seiner Beute bei Okko versteckt, weil dort niemand danach suchte. Unser Gärtner hatte keine Ahnung, dass in seinem Zimmer Juwelen versteckt waren. Der Bruder hatte sie in einer Schatztruhe gefunden, die angeschwemmt worden war. Und da er nicht mit den anderen Strandräubern teilen wollte, hat er den Inhalt bei Okko verborgen, dem niemand etwas Böses zutraute.«
    Graf Arndt runzelte nachdenklich die Stirn. »Okko? Wir haben auch einen Gärtner, der so heißt. Okko Bendix.«
    »Den meine ich«, bestätigte der Baron. »Als eins unserer Dienstmädchen die Beute zufällig bei ihm fand, wurde er verhaftet. Zu Unrecht, wie sich nach einigen Wochen herausstellte. Als Okko aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatten wir uns bereits einen neuen Gärtner gesucht.«
    Die Baronin ergänzte: »Wir waren sehr erleichtert, dass Okko bei Ihnen eine neue Anstellung gefunden hatte.«
    »Sonst hätten wir ihn selbstverständlich als zweiten Gärtner beschäftigt«, erklärte der Baron. »Schließlich war er unschuldig! Man konnte ihn nicht für die Taten seines Bruders leiden lassen.«
    Der Graf zollte ihm Beifall für diese soziale Einstellung und wurde von allen anderen darin unterstützt.
    »Wollen Sie damit sagen«, fragte Alexander von Nassau-Weilburg, »dass es so auch bei der

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