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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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Frau, die des Diebstahls beschuldigt wurde.
    Geesche stand auf und ging zu dem kleinen vergitterten Fenster, das aber so hoch war, dass sie nur den Himmel sehen konnte. Nein, Leonard Nissen würde nicht kommen. Und Marinus auch nicht. Er erst recht nicht! Aber der Graf? Er musste sich sagen, dass sie hier für etwas büßte, das auch seine Schuld war. Und ihm wäre es ein Leichtes, den alten Nermin zu bestechen, damit er ihr genug zu essen gab. Aber Graf Arndt würde genauso wenig kommen wie sein Bruder. Sie war allein. Und irgendwann würde auch Freda nicht mehr kommen …
     
    Hanna war schon oft von der Küche in den Garten gelaufen, um den Tisch zu decken, den Okko aus dem Haus getragen hatte. Sie gab sich besonders große Mühe, damit Elisa ihren guten Willen erkannte, ging langsam und vorsichtig, wenn sie Geschirr nach draußen trug, und so schnell wie möglich, wenn sie wieder ins Haus zurückkehrte. Einmal hatte sie zufällig die Gräfin am Fenster ihres Zimmers stehen sehen. Es schien, als beobachtete sie Hanna bei ihrer Arbeit. Hanna lief daraufhin noch schneller und war noch eifriger bemüht, alles richtig zu machen.
    Anscheinend hatte es sich gelohnt. Gräfin Katerina erschien kurz darauf im Garten, in einem hellen seidenen Hauskleidund streng aufgesteckten Haaren, auf denen ein breitkrempiger Strohhut saß, der ihr Gesicht beschattete. »Das hast du sehr hübsch gemacht«, lobte sie Hanna mit einem Blick zum Frühstückstisch.
    Hannas Stimme zitterte vor Freude, als sie antwortete: »Die Comtesse wünscht im Garten ihr Frühstück einzunehmen.«
    »Eine nette Idee«, erwiderte die Gräfin lächelnd. »Ich werde auch im Freien frühstücken. Sorg dafür, dass ein zweites Gedeck aufgetragen wird. Und Okko soll den Sonnenschirm aufstellen.«
    Hanna beeilte sich, ihren Anweisungen nachzukommen. Sie sorgte dafür, dass das helle Seidenkleid keinen Schaden nahm, als die Gräfin sich auf der Bank niederließ, lief, so schnell sie es vermochte, zu Okko, der im hinteren Teil des Gartens arbeitete, und sorgte dafür, dass er eiligst den Sonnenschirm brachte. Dann humpelte sie atemlos ins Haus, um für das Gedeck der Gräfin zu sorgen. Sie wusste, dass Eile ihr nicht guttat, dass ihr Gang dann noch schwankender und unsicherer war als sonst, dass sie dann erst recht Gefahr lief, etwas fallen zu lassen, und sie wusste auch, dass das Tohk-tik ihrer Schritte der Gräfin schon mehrmals Unmutsfalten auf die Stirn getrieben hatte, aber sie schaffte es dennoch, es ihr recht zu machen. Und das sogar trotz ihres aufmerksamen Blicks, der sie immer nervös machte. An diesem Morgen war er besonders durchdringend. Gräfin Katerina verfolgte sie mit den Augen, wohin sie auch ging. Hanna ertrug ihren Blick nur, weil er trotz der Wachsamkeit liebenswürdig blieb.
    Dann aber wäre ihr doch beinahe die Zuckerdose aus der Hand gefallen, als Gräfin Katerina mit freundlichem Interesse eine sehr persönliche Frage an Hanna richtete: »Sind diese Hüfterkrankungen in deiner Familie häufig vorgekommen?«
    Hanna sah sie erstaunt an. »Nein, soviel ich weiß, bin ich die Einzige mit einer verkrüppelten Hüfte.«
    In diesem Augenblick kam Elisa in den Garten, hübschanzusehen in ihrem weißen Baumwollkleid und den offenen Haaren, die sie mit kleinen weißen Schleifen geschmückt hatte. Sie setzte sich zu ihrer Mutter, und auch der Graf ließ nicht mehr lange auf sich warten. Hanna hatte alle Hände voll zu tun, damit die Gräfin ihren Sanddorntee bekam, der Graf seinen starken schwarzen Tee und Elisa ihre heiße Milch. Für das Brot hatte Rosemarie gesorgt, die es am frühen Morgen bei Owena Radkes Mann abgeholt hatte, und Eveline hatte Käse und Wurst aufgetragen.
    Hanna beobachtete die Mahlzeit aus sicherer Entfernung. Sie stand in der Nähe eines Strandkorbs, den der Graf für seine Frau im Garten hatte aufstellen lassen. Dort musste sie sich aufhalten, damit sie jederzeit gerufen werden, aber die Gespräche der Familie nicht belauschen konnte. Hanna war froh über diesen Platz. Sie konnte sich auf der Armlehne des Strandkorbs aufstützen und musste nicht frei stehen, was für sie eine große Qual war und nach etwa einer halben Stunde unerträglich wurde.
    Elisa rief sie kein einziges Mal für eine Handreichung an den Tisch, sie warf ihr nicht einmal einen Blick zu, wie sie es sonst oft tat. Hanna starrte sie unverwandt an, um ihre Aufmerksamkeit zu erzwingen, aber es half nichts. Elisa, die sonst immer versuchte, Hanna in ihr Leben

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