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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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unangenehmen Druck? Nein, erspürte nichts. Dankbar lächelte er zum Horizont. Die Empfehlungen von Dr. Nissen hatten ihm wirklich geholfen. Und dass er seine Angst verloren hatte, ebenfalls. Seit dem Diebstahl der Lohngelder hatte er nie wieder die heimlichen Schritte gehört. Es war vorbei! Und Geesche Jensens Flucht würde nicht ewig dauern. Aber selbst wenn es ihr gelang, sich aufs Festland hinüber zu retten, würde er von seiner Angst befreit sein. Sie war überstanden!
     
    Gräfin Katerina war erst zufrieden gewesen, als Elisa ihr mehrfach versichert hatte, dass ein Spaziergang genau das Richtige für sie sei. »Die Kopfschmerzen werden weggehen, wenn ich mich bewege. Das Gerumpel der Kutsche würde alles nur noch schlimmer machen.«
    Ihre Mutter seufzte. »Also gut. Es wäre schrecklich, wenn du gleich am ersten Tag nach deiner Verlobung mit Leidensmiene vor dem Fürsten erscheinst.«
    Der Graf mischte sich ein. »Hanna wird mit dir gehen?«
    Ehe Elisa etwas erwidern konnte, fuhr ihn seine Frau an: »Natürlich! Glaubst du, ich lasse unsere Tochter allein auf Sylt herumspazieren?«
    Graf Arndt hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut.« Er wechselte schleunigst das Thema. »Wer wird eigentlich zu dieser Einweihung kommen?«
    »Alles, was Rang und Namen hat«, antwortete Katerina. »Der Hofstaat der Königin, Herr und Frau Roth, der Kurdirektor natürlich und vermutlich auch der Inselvogt. Vielleicht auch Dr. Nissen?«
    »Das glaube ich nicht.«
    Katerina sah ihn erstaunt an. »Du meinst, weil er geschieden ist?« Sie nickte. »Du hast recht. Die Königin hat ihn sicherlich nicht einladen lassen.«
    Elisa gab Hanna einen Wink. »Wir gehen schon los.«
    Ihre Mutter trat auf sie zu und zupfte ihre Bluse zurecht.»Pass auf, dass sie so frisch bleibt. Die Wege sind zurzeit sehr staubig.« Dann griff sie an Elisas Hut, zog die Hutnadel heraus und steckte sie erneut fest, nachdem sie den Hut ein wenig schräger gesetzt hatte. »Ein halber Zentimeter kann die Wirkung schon total verändern. Dir fehlt das Händchen für so etwas, mein Kind.«
    Elisa verzichtete auf eine Antwort, sie nickte nur. Als ihre Mutter endlich zufrieden mit ihrem Äußeren war, knickste sie und versprach noch einmal, dass der Spaziergang die reinste Labsal für sie sein würde.
    Elisa und Hanna gingen schweigend durch das Eingangstür und schwiegen, bis das Haus außer Sichtweite war. Elisa war zügig ausgeschritten, als wollte sie Hanna zeigen, dass die Zeit der Rücksichtnahme vorbei war.
    Dann aber blieb sie plötzlich stehen und sah sich um. »Weißt du, warum ich unbedingt zu Fuß gehen möchte?«
    Hanna sah sie erwartungsvoll an. »Weil Sie mit mir sprechen wollen?«
    Elisa wollte zunächst abwinken, ließ Hannas Antwort dann aber unkommentiert. »Weil ich das Mieder nicht ertrage. Meine Mutter hat es mir wieder so eng geschnürt, dass ich kaum Luft bekomme.« Sie sah den Weg hinauf und hinab, dann drehte sie Hanna den Rücken zu. »Du musst es mir lockerer schnüren. Ich halte das nicht aus.«
    Hanna zögerte. »Aber wenn Ihre Mutter das merkt, Comtesse. Und wenn der Fürst nicht zufrieden mit Ihrer Taille ist …«
    »Das wäre ja noch schöner! Los! Fang an!«
    Es dauerte eine Weile, bis Hanna die Bänder gelöst und das Mieder neu geschnürt hatte. Elisa atmete auf, als sie sich umdrehte. Ihr Blick wurde ernst und nachdenklich. »Ebbo war gestern im Garten.«
    Hanna nickte. »Er wollte es mit eigenen Augen sehen.«
    »Du könntest ihm sagen, dass Fürst Alexander ihn als Stallburschen einstellen will.«
    »Das habe ich schon.«
    Elisa ging weiter und ließ es auch diesmal zu, dass Hanna nicht mitkam und stets zwei Schritte hinter ihr zurückblieb. »Und?«
    »Er hat Mutter versprochen, dass er bleiben wird.«
    »Ist wohl auch besser. Selbst wenn der Fürst seine Mätresse behält, ich möchte eine untadelige Ehefrau werden.«
    Hanna versuchte schneller zu laufen, sie konnte kaum sprechen, so sehr geriet sie außer Atem, aber Elisa veränderte ihr Tempo trotzdem nicht. Und sie sprach auch nicht lauter, damit Hanna sie verstand, sie verhielt sich genau so, wie es ihre Mutter von ihr erwartete.
    »Ist es nicht gut, dass Sie wissen, was Sie erwartet, Comtesse? Finden Sie nicht auch, dass es viel besser ist? So bleibt Ihnen die Enttäuschung erspart, wenn Sie irgendwann gemerkt hätten, dass Ihr Gemahl Ihnen nicht treu ist.«
    Nun blieb Elisa so plötzlich stehen, dass Hanna, die sich auf ihre Füße konzentrierte, beinahe gegen sie

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