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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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Sylt! Etwas anderes kommt für mich nicht in Frage.«
    Marinus beugte sich vor und nahm ihre Hände. »Du hast schon mal dein Leben geplant. Als du dich mit Andrees verlobt hast, warst du sicher, mit ihm eine Familie zu gründen. Dusiehst, dass das Leben seine eigenen Wege geht. Es lässt sich nicht planen.«
    Geesche suchte verzweifelt nach einer Antwort … da hörte sie, dass die Haustür sich öffnete. Dr. Leonard Nissen rief einen Gruß ins Haus, wie es seiner Gewohnheit entsprach, dann waren seine Schritte in dem Flur zu hören. »Frau Jensen?« Kurz darauf erschien er in der Tür der Wohnstube. »Ich habe Sie in der Küche vermutet«, sagte er erstaunt. Und seine Augen weiteten sich, als er sah, dass Geesche Besuch hatte.
    »Möchten Sie einen Tee mit uns trinken?«, fragte Geesche und übersah Marinus’ Stirnrunzeln, der nicht damit einverstanden war, Geesches Gegenwart mit ihrem Feriengast zu teilen.
    Dr. Nissen schien es ähnlich zu gehen. Er begrüßte Marinus zwar mit großer Höflichkeit, aber dass ihm sein Besuch nicht gefiel, war trotzdem zu erkennen. Er hielt ein Päckchen in der Hand, das er Geesche nun lächelnd überreichte. »Darf ich Ihnen eine kleine Freude machen, Teuerste?«
    Geesche hatte schon oft über Dr. Nissens Art, sie anzureden, gelacht, nun, in Marinus’ Gegenwart, war es ihr peinlich, »Teuerste« genannt zu werden. Doch Marinus verzog keine Miene. Anscheinend war er an diese verschnörkelten Redewendungen gewöhnt.
    Zögernd nahm Geesche Dr. Nissens Geschenk entgegen, während er sich umständlich auf einem Stuhl niederließ, seinen Stock auf den Schoß legte und Geesche erwartungsvoll anblickte. Kein Zweifel, er wartete, dass sie das Päckchen sofort auswickelte, um zu sehen, wie sehr sie sich darüber freute. Es war nicht das erste Geschenk, das Geesche von ihm bekam. Allmählich konnte sie sich keine Illusionen mehr darüber machen, warum ihr Feriengast sich so sehr um sie bemühte.
    Sie ärgerte sich, weil ihre Finger bebten, als sie das Papier löste, denn sowohl Marinus als auch Dr. Nissen würden den Grund für ihre Nervosität falsch beurteilen. Dr. Nissen solltenicht an ihre freudige Erregung glauben, und Marinus sollte nicht denken, dass sie sich von einem Geschenk beeindrucken ließ.
    Gelungen war es Dr. Nissen dann aber doch. Was Geesche auspackte, hatte sie noch nie gesehen. Zu Ohren gekommen war es ihr schon, dass in Lübeck, einer Stadt auf dem Festland, eine Leckerei hergestellt wurde, die Marzipan hieß, eine süße Masse, aus der geschickte Konditoren kleine Kunstwerke formten. Was Geesche in Händen hielt, waren drei Herzen aus Marzipan, mit roten Marzipanrosen verziert und mit Schokolade betupft, die Geesche bis dahin ebenfalls nur vom Hörensagen kannte.
    Sie sah ihn staunend an. »Das kann man essen?«
    Dr. Nissen warf Marinus einen triumphierenden Blick zu, dann lächelte er siegessicher. »Probieren Sie es, Teuerste!«
    Aber Geesche schüttelte den Kopf und legte die drei Marzipanrosen zur Seite. »Nicht jetzt.«
    Dr. Nissen sah enttäuscht aus. »Warten Sie nicht zu lange. Irgendwann verliert das Marzipan an Qualität.«
    Geesche nickte und warf Marinus einen Blick zu, der Dr. Nissen nicht entging. Vielleicht erkannte er sogar, dass dieser Blick wie eine Entschuldigung war.
    »Woher haben Sie das Marzipan?«, fragte Marinus, während Geesche eine weitere Porzellantasse holte, um Dr. Nissen Tee einzuschenken. »Aus Lübeck mitgebracht?«
    Dr. Nissen schüttelte den Kopf. »Konnte ich ahnen, dass es hier eine Frau gibt, der ich gerne eine Freude machen möchte?«
    So deutlich war er noch nie geworden! Bisher hatte Geesche nur geahnt, was Dr. Nissen für sie empfand und welche Absichten er mit seinen Schmeicheleien verfolgte. Nun ließ er keinen Zweifel daran. Und Geesche war sicher, dass seine deutlichen Worte vor allem Marinus galten. Dr. Nissen musste, als er den Raum betrat, gespürt haben, dass er in Marinus einen Rivalen um Geesches Gunst vor sich hatte.
    Marinus gab sich so unbeeindruckt, als hätte er Dr. Nissens Worte nicht gehört oder nicht verstanden. »Wie kommt man auf der Insel an Marzipan?«
    Dr. Nissen ließ Geesche nicht aus den Augen, als er antwortete: »Ich komme aus der Villa Roth. Sie wissen sicherlich, dass Königin Elisabeth von Rumänien dort absteigen wird?«
    Marinus nickte, als wüsste er es tatsächlich.
    »Sie wollte inkognito nach Westerland kommen, aber wer sich hinter der angekündigten Gräfin Vrancea verbirgt, hat sich

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