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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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umzugehen hatte, wenn man einem Stand angehörte, der Einfluss zu nehmen vermochte. Aber das wirkliche Leben? Nein, davon wusste er nicht viel, da war Elisa sich sicher. So wenig, wie sie selbst bisher gewusst hatte vom Leben und von der Liebe, von Glück und Leid, von Reichtum und Armut. Aber seit sie Ebbo liebte, interessierte sie nur noch dieses: das wirkliche Leben. Doch dass es für sie nicht vorgesehen war, wusste sie genauso gut. Auch ohne die mahnenden Blicke ihrer Mutter.
    So ließ sie ihre Grübchen tanzen, als Alexander von Nassau-Weilburg ihre schönen Augen und ihr Lächeln bewunderte, den Klang ihrer Stimme und ihren Liebreiz. Und als die Königin ihm ein zufriedenes Lächeln schenkte, bewunderte er auch Elisas Klugheit und ihr Fröhlichkeit. Katerina von Zederlitz war sehr zufrieden mit ihrer Tochter, als Elisa jedes seiner Komplimente mit einem bezaubernden kleinen Lächeln beantwortete.
    Alexander von Nassau-Weilburg war auf sie aufmerksam geworden, kurz bevor die Königin ihr großes Buch zugeschlagen und die Sylter Nachkommenschaft auf den nächsten Tag vertröstet hatte. Nach einem kurzen Gespräch mit der Königin war er dann über den Strand zu ihnen gekommen und erreichte gleichzeitig mit Graf Arndt den Strandkorb, in dem Katerina von Zederlitz sich erschöpft niedergelassen hatte, nachdem sie von jedem Sandkörnchen befreit worden war.
    Elisa war sofort klar gewesen, dass Alexander von Nassau-Weilburg ihrer Mutter gefallen würde, und sie wusste, wie sie auf die Einladung der Königin zu reagieren hatte. Nach einer formvollendeten Begrüßung übermittelte der junge Fürst die Wünsche der Königin. »Ihre Majestät würde es sehr begrüßen, zusammen mit der Familie von Zederlitz im Strandrestaurant einen Imbiss zu sich zu nehmen. Auf der Terrasse, im Schatten, mit dem Blick auf das Meer scheint es sehr angenehm zu sein.« Voller Ernst hatte er diese Worte überbracht und dann mit einem kleinen Lächeln, das Elisa sympathisch fand, ergänzt: »Ihre Majestät wird sich mit Gräfin Vrancea ansprechen lassen, und auch die Kinder, denen sie gerade vorgelesen hat, kennen nur diesen Namen.«
    Graf Arndt bedankte sich mit der gebotenen Höflichkeit für die Einladung, versicherte, es sei ihm und seiner Familie eine Ehre, die Königin im Strandrestaurant »Erholung« zu erwarten, und Gräfin Katerina legte sogar einen guten Teil ihres Hochmuts ab, als sie sich von Alexander von Nassau-Weilburg die Hand küssen ließ. »Es ist uns eine Freude«, sagte sie und lächelte, wie man sie selten lächeln sah.
    Nun saßen sie seit einer geraumen Weile beieinander, und die Anspannung, die die Anwesenheit Ihrer Majestät zunächst hervorgerufen hatte, fiel allmählich von ihnen ab. Die Königin plauderte über ihre Kindheit in Neuwied, die sie als erstes Kind des Fürsten zu Wied dort verlebt hatte, und berichtete lächelnd, die Eltern seien über ihren stürmischen, unbeugsamenund verschlossenen Charakter bestürzt gewesen. »Deswegen erhielt ich schon im Alter von vier Jahren eine Gouvernante, die mich bändigen und zur Ruhe bringen sollte.«
    Graf Arndt lachte amüsiert, Gräfin Katerina flocht ein, dass ihre Tochter Elisa ihnen noch nie Kummer gemacht habe, und Alexander von Nassau-Weilburg bedauerte, dass er die Königin nicht als Kind habe erleben dürfen.
    Königin Elisabeth schenkte ihm einen warmherzigen Blick. »Ja, mein lieber Alexander weiß von einer glücklichen, unbeschwerten Kindheit leider nur wenig.«
    Elisa dachte an Ebbo, der sich an seinen Vater nicht erinnern konnte, der seine Mutter früh verloren hatte, der froh sein musste, dass deren zweiter Mann ihn bei sich behalten hatte, und der von großem Glück sprach, weil er in Freda wieder eine Mutter gefunden hatte, die ihn liebte wie einen eigenen Sohn. Das nannte er eine glückliche Kindheit. Von Unbeschwertheit wusste Ebbo nichts.
    Dann erzählte die Königin von ihrem schwerkranken Bruder Otto, der unheilbar krank gewesen war und im letzten Jahr seines Lebens qualvolle Schmerzen hatte erleiden müssen und gleichzeitig mit seinem Vater, der an einer unheilbaren Lungenerkrankung litt, dem Tod entgegengesehen hatte. »Eine schwere Zeit! Der Tod regierte unser Leben! Und als er meinen Vater und meinen Bruder erlöst hatte, tat sich eine Leere auf, die nur schwer zu füllen war.«
    Was wusste die Königin wohl von den Krankheiten der kleinen Leute? Unpässlichkeiten manchmal nur, Hinfälligkeiten, die unbehandelt ebenfalls das Leben kosten

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