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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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fuhr Loreritz fort, »ich habe in meinem Leben mit ungezählten Menschen telefoniert und später ihre Gesichter gesehen. Die Stimme eines Menschen verrät mehr über ihn als man denkt. Ein teurer Anzug mag aus einem armseligen Schlucker eine elegante Erscheinung machen, ein teurer Wagen, ein selbstbewusstes Auftreten verschafft Respekt, den mancher nicht verdient. Aber die Stimme verrät sehr schnell, ob jemand intelligent ist oder dumm. Ob er ehrlich ist oder ein Schwindler. Ob er ruhig und besonnen ist oder ein Choleriker.«
    Ich nahm mir ein Stück Brot und piekste mit meinem Stäbchen einen Käsewürfel auf. »Wie haben Sie mich denn eingeschätzt?«
    Er lachte. »Groß, ein Mann mit ruhigen, gelassenen Bewegungen. Einer, der denkt, bevor er handelt. Der sich seiner Sache aber nicht immer so sicher ist, wie er gerne scheinen möchte.«
    Ich fühlte mich ertappt und wechselte das Thema. »Ist Ihnen inzwischen noch etwas eingefallen zu Sören Kriegel und seiner mutmaßlichen Begleiterin?«
    Gedämpft drang das Summen des Verkehrs durch die Scheiben. Die Stadt strahlte in warmem Licht zu uns herauf. Ein Ausflugsschiff machte unterhalb der Schleuse fest, aus der wir vor Tagen McFerrins Leiche gefischt hatten. Drüben, am anderen Hang des Neckartals lag das riesige Schloss. Hin und wieder zuckten dort Blitzlichter. Touristen beim vergeblichen Versuch, den großen Zauber dieser Stadt in einer kleinen Kamera einzufangen.
    »Gestatten Sie mir zunächst eine Gegenfrage?«, Lorentz betrachtete jetzt den silbernen Knauf seines Stocks. »Warum möchten Sie das wissen? Dies hier scheint mir keine amtliche Ermittlung zu sein. Sie hätten mir sonst ein Dokument vorgelegt und mich zu sich gebeten, statt mich hier zu besuchen. Und außerdem«, mit spitzen Lippen nahm er einen kleinen Schluck Wein, »auch wenn ich diese Menschen, nach denen Sie fragen, nicht persönlich kenne, so haben sie doch ein Anrecht darauf, dass ich ihre Geheimnisse bewahre. Diskretion ist so etwas wie eine Berufskrankheit bei uns.«
    Ich mochte diesen Mann von Minute zu Minute mehr. So erzählte ich ihm die Geschichte von Anfang bis Ende.
    »Stört es Sie, wenn ich rauche?«, fragte er, als ich geendet hatte.
    »Mit welchem Recht könnte ich Ihnen in Ihrem eigenen Haus das Rauchen verbieten?«
    Ein Weilchen kramte er in einem geschnitzten Regal aus dunklem Holz, das mich an alte Klöster denken ließ. Dann kam er mit einer geschwungenen Pfeife im Mund zurück und vollzog das umständliche Ritual des Anzündens.
    »Punkt eins.« Er sog noch einige Male kräftig an der Pfeife, bis sie richtig brannte. Der Tabak roch würzig und süß. »Sie vermuten richtig, da war eine Dame in Nummer einundzwanzig. Die beiden sind mit etwa einer Stunde Abstand angereist. Sie zwischen sieben und acht, er später. Zu zweit gesehen hat man sie allerdings nie.«
    »Woraus schließen Sie dann eigentlich, dass sie zusammengehörten?«
    »Ach«, erklärte er seiner Pfeife, »man hat seine Erfahrungen. Und ich meine mich auch zu erinnern, dass er fragte, ob die Dame in Nummer einundzwanzig schon angekommen sei. Sie sind den ganzen Abend auf den Zimmern geblieben. Im Restaurant hat man sie nicht gesehen, soweit ich mich erinnere. Allerdings ging es hoch her an jenem Abend. Mag sein, dass sie Essen auf die Zimmer bestellt haben. Das Haus war brechend voll. Audi hatte den großen Tagungsraum für eine mehrtägige Veranstaltung gemietet, es müssen um die vierzig Personen gewesen sein, Techniker, Ingenieure. Dennoch bin ich mir sicher, unser Pärchen den ganzen Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen zu haben.« Er lachte. »Wen wundert’s. Sie war schon eine aparte Person.«
    »Punkt zwei?«
    »Die Abreise. Das ist vermutlich der Grund, warum ich mich überhaupt noch an die beiden erinnere. Sie hatten beide schon beim Einchecken bar bezahlt, was, nun ja, ein wenig ungewöhnlich ist. Ihre Ausrede war, sie müssten am anderen Tag früh aufbrechen. Ich dachte, sie werden ihre Gründe haben. Menschen haben ihre Schrullen, und von einem Haus wie dem unseren erwartet der Gast zu Recht eine gewisse Großzügigkeit.«
    »Waren die beiden öfter zu Gast?«
    Er schüttelte langsam den Kopf und blies den Rauch zur gläsernen Decke des Wintergartens. »Es war das erste Mal. Deshalb hatte ich auch ein gewisses Verständnis für den Mann. Er wirkte sehr angespannt.«
    »Nervös?«
    Wieder dieses Lachen, bei dem einem warm wurde. »Sind wir das nicht alle beim ersten Rendezvous?«
    Inzwischen hatte

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