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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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starrten auf ihre neuesten Lieblingsspielzeuge und taten, als wäre nichts. Louise wirkte abwesend entspannt, fast fröhlich, Sarah dagegen brütete finster vor sich hin. Die ganze Zeit sprachen sie kein Wort.
    Frauen sind Rätsel, selbst wenn sie noch gar keine sind.
    Anfangs war es reine Faulheit gewesen, die dazu führte, dass wir ihnen die gleichen Sachen kauften. Zwillinge sind anstrengend genug, da kann man auf den zusätzlichen Stress leicht verzichten, den es bedeutet, wegen jeder Hose doppelt zu überlegen, wegen jedes Blüschens mehr als einmal entscheiden zu müssen. Alles wird in zweifacher Ausfertigung gekauft und basta. Und es sieht ja auch süß aus, zwei hübsche und ganz und gar identische Kinder, die Hand in Hand ins Leben hüpfen. Später waren sie selbst es, die Wert darauf legten, dass niemand sie unterscheiden konnte. Immer dieselbe Frisur, die gleiche Kleidung, sogar Lippenstifte, Nagellack und seit neuestem Parfüms wurden schwesterlich geteilt.
    Und nun auf einmal das.
    »Ist was?«, fragte Louise treuherzig. »Du guckst so.«
    »Ihr habt nicht die gleichen Sachen an!«
    »Und? Was ist dabei?«
    »Na ja. Eigentlich nichts. Aber …«
    Achselzuckend lutschten sie ihre Finger sauber, Louise räumte, ohne dass ich sie daran erinnern musste, die Teller weg. Dann packten sie eilig ihre Taschen und verschwanden. Wie üblich waren sie spät dran. Schon in der Tür, hatte Louise noch eine Frage.
    »Paps …?«
    »Hm.«
    »Ich darf doch heute Abend wieder ins Schwimmbad, ja?«
    »Natürlich.« Ich wandte mich an Sarah, die nervös von einem Fuß auf den anderen trat. »Gehst du auch mit?«
    »Mal sehen«, murmelte sie mürrisch.
    Louise dagegen schenkte mir ein Lächeln, als hätte ich ihr Taschengeld verdoppelt.
    Ich hatte mir vorgenommen, die am gestrigen Abend gewonnene Ruhe nicht gleich wieder zu verlieren, warf einen Blick in die Zeitung, schaltete die Spülmaschine ein, freute mich über das bisschen eisige Sonne, das draußen durch die milchige Wolkendecke drang. Als ich mich zu Fuß auf den Weg zur Polizeidirektion machte, war es schon halb neun. Ich durfte nicht vergessen, irgendwann im Lauf des Tages den Peugeot zu holen, der immer noch vor Lorenzos Haus stand.
     
    Als erste Amtshandlung dieses Dienstags suchte ich den Zettel mit Vanessa Kriegels Telefonnummer. Sie wohnte in Viernheim, hatte ich notiert, einem Städtchen nördlich von Mannheim.
    Heute war sie zu Hause.
    Ich sagte ihr im Großen und Ganzen die Wahrheit. Ihr verstorbener Mann habe in besagtem Hotel übernachtet, erzählte ich ihr. Den Grund wusste ich natürlich ebenso wenig wie sie, er habe sein Zimmer jedoch alleine bewohnt. Den vagen Verdacht, jemand könnte ihn von der Straße gedrängt haben, verschwieg ich. Als ich auflegte, waren wir beide erleichtert, und ich hoffte, nie wieder etwas von ihr zu hören.
    Inzwischen war auch mein Laptop zum Leben erwacht. Keine Mail von Theresa, stellte ich befriedigt fest. Noch einige Tage, maximal eine Woche, und ich würde sie vergessen haben. So leicht hatte ich mir die Trennung von ihr gar nicht vorgestellt.
    Bei ihrem morgendlichen Bericht wirkte Klara Vangelis nicht mehr ganz so frustriert wie am Tag zuvor.
    »McFerrin hat sich gerne mit zweifelhaften Damen eingelassen. Seine letzte Favoritin war eine rothaarige Ukrainerin in der Bergheimer Straße, gar nicht weit von hier. Er ist regelmäßig zu ihr gekommen, ungefähr jede zweite Woche, und hat immer brav bezahlt. Er sei ein bisschen pervers gewesen, sagt sie, aber nicht mehr als die meisten anderen auch.« Nervös trommelte sie mit den farblos lackierten Fingernägeln auf ihrer Akte. »So langsam sind wir dann aber am Ende. Wir haben inzwischen alles abgegrast, jeden Telefonanruf gecheckt, mit jedem Menschen gesprochen, der ihn auch nur flüchtig gekannt hat. Wir wissen noch nicht mal, wo er am Montagabend hingefahren ist. Sein Wagen ist und bleibt verschwunden. Wir können die Sonderkommission im Grunde auflösen. Ich habe nicht eine einzige Spur mehr. Es ist wie verhext.«
    »Wie steht’s im Fall Hörrle?«
    »Das Gleiche. Der hat sich in Luft aufgelöst«, schnaubte sie. »Zwei Hubschrauber waren die ganze Nacht unterwegs, dazu eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei. Die Hunde haben nach drei Kilometern seine Spur verloren. Irgendwo nördlich von Berlichingen im Wald sind sie plötzlich im Kreis gerannt. Als wäre Hörrle davongeflogen.«
    »Berlichingen, ist das östlich oder westlich der Autobahn?«
    »Östlich.«
    Das

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