Heidelberger Lügen
übermotorisierte Lotus, den sie geliebt und gefahren hat wie eine Verrückte. Ansonsten war Diana einsatzbereit, lernfähig, durchsetzungsfähig. Vielleicht eine Spur zu phantasielos. Ohne Vision, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Ich verstand nicht.
»Ein guter Unternehmensberater lebt für seinen Job und in seinem Job«, seufzte Krasnitz. »Er denkt abends beim Fernsehen über seine Arbeit nach und nachts auf der Toilette, morgens unter der Dusche und später beim Frühstück. Was wir hier tun, ist ein Fulltimejob, den man nicht pünktlich zum Feierabend vergisst.«
»Mit welchen Klienten war sie beschäftigt, bevor sie verschwand?«
»Mit wem spreche ich bitte nochmal?«, kam es plötzlich zögernd.
»Kriminalrat Gerlach, Kripo Heidelberg.«
Er schwieg einige Sekunden. Danach war seine Stimme sehr kühl. »Würden Sie mir bitte Ihre Durchwahl geben, ich muss mich erst kundig machen. Ich rufe Sie zurück.«
Während ich mich bei Krasnitz, Geliert & Partners mühsam hatte von unten nach oben telefonieren müssen, machte ich es beim Münchner Polizeipräsidium genau umgekehrt. Ich ließ mich mit meinem Kollegen, dem Leiter der Kripo verbinden und von diesem nach unten weiterreichen. Entsprechend zuvorkommend waren meine Gesprächspartner. Aber man konnte mir wenig über die Firma sagen. Krasnitz und seine Partner hatten regelmäßig ihre Steuern bezahlt, weder Schwarzarbeiter beschäftigt noch gegen Umweltgesetze oder Lebensmittelvorschriften verstoßen. Was natürlich bei einer Unternehmensberatung nicht allzu verwunderlich war.
Ich zog meinen friedlich summenden Laptop auf den Schoß und stöberte ein wenig im Internet. Die Seiten von Frau Gold-Fehrenbachs Arbeitgeber lasen sich wie die Werbung im Manager-Magazin. Da war viel von globalen Herausforderungen, sich rasant ändernden Marktbedingungen und Kundenansprüchen sowie explosiv wachsender Nachfrage im Fernen Osten die Rede. Man schien hauptsächlich für ausländische Firmen zu arbeiten, die sich in Europa engagieren wollten. Wirklich gesagt wurde nichts.
Als Nächstes suchte ich die Seiten der Telefonauskunft auf. Wie erwartet, hatten Rainer Fehrenbach und seine Sekretärin, Beatrix Gerke, auch privat dieselbe Telefonnummer.
Es ist unglaublich, wie viel man heutzutage über einen Menschen herausfinden kann, ohne auch nur die Füße vom Schreibtisch zu nehmen.
Ich klappte den Laptop zu, schloss die Augen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Was war in jener Nacht in Heinsheim geschehen? Wie waren eine mehr oder weniger verkrachte Existenz wie Kriegel und eine offenbar sehr erfolgreiche Unternehmensberaterin aneinander geraten? Woher kannten sie sich? Irgendwo musste es eine Verbindung geben.
Die Einzige, die mir schließlich einfallen wollte, waren die Berufe der beiden. Ich musste herausfinden, wo und was Kriegel gearbeitet hatte. Seine Witwe hatte mir den Namen der Firma einmal genannt, aber ich hatte ihn längst vergessen. Ich griff zum Hörer und bat Sönnchen, ihn für mich in Erfahrung zu bringen.
»Und Sönnchen, können Sie mir eine gute Weinhandlung empfehlen?«
»Eine Weinhandlung?«, fragte sie. »Mehrere.«
»Ich bräuchte eine in der Innenstadt, auf dem Weg zur Alten Brücke.«
10
Meine Wahl fiel auf einen Bordeaux, von der die beiden silberhaarigen Damen, die mich bedienten, übereinstimmend schwärmten, er sei das Beste, was man auf Lager habe. Auf jeden Fall schien er das Teuerste zu sein.
Auf meinem Weg am Neckarufer entlang versuchte ein kettenklirrendes Punkerpärchen mich davon zu überzeugen, dass Kleingeld doch im Grunde eine lästige Sache und in ihren Händen viel besser aufgehoben sei. Ich spendierte ihnen zwei Euro für die gute Show und ärgerte mich anschließend nicht einmal.
Lorenzo gab sich entrüstet. »Ich habe Sie eingeladen, und da erwarte ich schon, dass Sie auch meinen Wein trinken, Herr Gerlach.«
»Ich dachte, ein französischer Wein zum französischen Menü …«
»Ein Château Latour Martillac, Jahrgang 1997!« Hingebungsvoll studierte er das beeindruckende Etikett. »Sie verstehen etwas von der Sache. Ich werde ihn gleich öffnen, er soll ein Weilchen atmen dürfen. Das Essen dauert ohnehin noch ein wenig.«
Aus der Küche duftete es nach südlichen Kräutern und Knoblauch. Was dort vor sich hin köchelte, wollte er mir nicht verraten. Wir setzten uns zu einem Aperitif in den Wintergarten. Lorenzo schenkte einen goldgelben, öligen Sherry in schlanke Gläschen.
Er erzählte mir von Maria,
Weitere Kostenlose Bücher