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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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geschmökert. Er hat mehrfach eine Auszeichnung als bester Schütze der Kompanie gewonnen.«
    »Sofort alles zurückziehen«, befahl ich mit viel zu lauter Stimme. »Nachbarhäuser räumen, Gelände weiträumig absperren! Niemand lässt sich dort mehr sehen!«
    »Die sind längst alle freiwillig verschwunden.« Vangelis’ Ruhe war inzwischen zurückgekehrt. »Alle haben es gehört. Es war ja laut genug.«
    Ich sank in meinen Sessel. Dies war genau die Situation, die ich hatte vermeiden wollen. Mit diesem Schuss hatte Hörrle mir eine Menge mitgeteilt. Nun war es keine Vermutung mehr, dass er sich im Haus seiner Tante verschanzt hatte, sondern eine Gewissheit. Zweitens wusste ich jetzt, dass er mit einem Präzisionsgewehr bewaffnet war und bestens damit umzugehen verstand. Drittens, und das war vielleicht das Schlimmste, er hatte unser Spiel durchschaut. Er wusste, dass wir da waren und das Haus umstellt hatten. Und schließlich war dieser Schuss eine Art Kriegserklärung an mich.
    Woher hatte er dieses verfluchte Gewehr? Es musste schon vor ihm im Haus gewesen sein. Aber seit wann hatten alte Damen Scharfschützengewehre im Schrank?
    Nebenan versuchte Sönnchen fieberhaft herauszufinden, wem dieser Hubschrauber gehörte, der nach wie vor über dem Haus in Wieblingen schwebte.
    »Er kommt aus Mannheim«, rief sie endlich. »Gechartert hat ihn ein Xaver Nollinger, ein freier Journalist, der fürs Fernsehen arbeitet.«
    »Rufen Sie sofort den Vercharterer an«, rief ich zurück. »Sagen Sie ihm, in fünf Minuten lasse ich das Ding abschießen, falls Hörrle es bis dahin nicht selbst erledigt hat!«
    »Ich hab schon angerufen, Herr Kriminalrat. Er müsste inzwischen auf dem Rückflug sein.«
    Warum musste nur immer alles schief gehen? Ich schloss die Augen. In der letzten Nacht hatte ich wieder entschieden zu wenig geschlafen. Früher hatte mir das weniger ausgemacht. Sönnchen kam mit meinem Frühstück.
    »Sie müssen was essen, Herr Kriminalrat. Sie sehen schlecht aus.«
    Normalerweise hasste ich es, bemuttert zu werden. Aber in manchen Situationen war es einfach schön.
    »Es gibt auch gute Nachrichten«, meinte sie aufmunternd lächelnd, als sie sich setzte, um mir bei Croissants und Kaffee Gesellschaft zu leisten. »Ich hab rausgefunden, was aus dieser Firma geworden ist, dieser Analytech.«
    »Und?«, fragte ich zwischen zwei Bissen.
    »Die ist letzten Herbst übernommen worden, von einem französischen Konzern. Und jetzt bauen sie Personal ab. Wie immer bei so was.«
    »Es ist wirklich überall das Gleiche«, seufzte ich. »Manchmal frage ich mich, was aus meinen Kindern werden soll, wenn sie mal groß sind.«
    »Wissen Sie, Herr Kriminalrat«, sagte Sönnchen ernst. »Wenn ich solche Geschichten höre, dann bin ich immer froh, dass die Polizei nicht Bankrott gehen kann. Und dass wir bestimmt nie nach Rumänien verlegt werden oder nach China.«
    »Noch nicht«, warf ich ein. »Aber wenn es so weitergeht mit der Sparerei, dann stellen wir demnächst polnische Saisonpolizisten ein.« Ich leerte meine Tasse. »Wie heißt denn dieser französische Konzern?«
    Sie stand auf, um den Zettel von ihrem Schreibtisch zu holen. »SETAC«, buchstabierte sie, als sie zurückkam. »Ich hab Ihnen die Nummer aufgeschrieben.«
    Ich legte das angebissene Croissant auf den Teller zurück.
    »Die brauche ich nicht«, sagte ich mit belegter Stimme. »Die habe ich schon.«
    Schweigend nahm sie wieder Platz und wartete auf meine Erklärung.
    »Rufen Sie bitte gleich dort an und machen Sie mir einen Termin mit dem Geschäftsführer. Heute noch. Nein, sofort. Sagen Sie den Leuten, es sei wirklich dringend. Sagen Sie ihnen, jemand ist dabei, ihre Entwicklungsabteilung auszurotten.«
    »Heut Morgen hat übrigens so ein Ministerialrat vom Innenministerium angerufen«, gestand mir meine Sekretärin, als sie sich erhob. »Der war ziemlich sauer. Er hat gesagt, wir hätten den Pokal für die am schlimmsten geschönten Zahlen des ganzes Landes Baden-Württemberg gewonnen.«
    Ach, ich liebte sie dafür, dass sie »wir« sagte und nicht »Sie«.
    »Ich hab ihm gesagt, Sie hätten so furchtbar viel Stress zurzeit«, fügte meine Sekretärin tröstend hinzu, als sie meine Miene bemerkte. »Und außerdem würden unsere Computer mal wieder spinnen. Diese Ausrede zieht ja zum Glück immer.«
    Inzwischen war mir der Appetit vergangen. Sie räumte Tasse und Teller ab. »Ich guck mir die Statistik nachher mal an und bring das in Ordnung. Bis Mittag ist

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