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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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alles erledigt, Sie können sich drauf verlassen.«
    »Sönnchen«, seufzte ich. »Falls ich jemals ins Auge fassen sollte, wieder zu heiraten, Sie werde ich als Erste fragen.«
    Ich nahm meine Denkhaltung ein, legte die Füße auf den Schreibtisch, faltete die Hände im Genick und sah hinaus auf die schnell ziehenden Wolken. Der Wind war über Nacht noch stärker geworden, die Temperatur weiter gefallen, und für heute Abend hatte der Wetterbericht wieder einmal Schnee angedroht.
    Erfolglos versuchte ich, in meinem Kopf Ordnung zu schaffen. Aber anstelle guter Ideen produzierte mein Gehirn nur beunruhigende Gedanken an meine Töchter. Ich musste mich dringend mehr um sie kümmern, ihren Lebenswandel besser kontrollieren, ihre Hausaufgaben. Heute Abend würden sie jedenfalls nicht in diese Disko gehen. Nächste Woche nicht und in der übernächsten auch nicht.
    In der Zwischenzeit wurde unsere Presseabteilung von Anrufen überschwemmt. Eine Geiselnahme, bei der sogar geschossen wurde, und das alles im romantischen Heidelberg. Das war natürlich eine Meldung, die sich kein Sender und kein Blatt entgehen lassen wollte. Die Nachrichtensperre war längst wirkungslos, der Presseaufmarsch in Wieblingen beträchtlich, auch wenn es nichts zu sehen gab als ein altes Haus mit geschlossenen Fensterläden, die dringend einen neuen Anstrich benötigten.
    In mir rumorte eine fiebrige Unruhe, diese ungesunde Anspannung, die Vorahnung einer Gefahr, der man nicht entkommen kann.

13
    »Herr Holthausen lässt bitten.«
    Wie schön. Ich hatte kaum zwanzig Minuten warten müssen.
    Die eine Spur zu freundliche Vorzimmerdame im graublauen Kostüm hielt mir die gepolsterte Tür auf. Dem Lächeln, das sie mir schenkte, sah man die Anstrengung an, die es sie kostete. Zwei gut frisierte Männer in adretten Anzügen und teuren Schuhen hatten eben reichlich überstürzt und mit hochroten Köpfen das Büro des Geschäftsführers verlassen.
    Holthausen kam mir mit weit ausgestreckter Hand und leutseligem Sportlergrinsen entgegen. Er war überraschend jung, sein Händedruck war nicht so kraftvoll wie befürchtet. Die Tür öffnete sich noch einmal, und die Sekretärin brachte zwei Tassen, eine Thermoskanne und ein Tellerchen mit denselben Keksen, die wir in der Polizeidirektion bei weniger wichtigen Besuchern auftischten. Sie verschwand so lautlos, wie sie gekommen war.
    Das Büro des Geschäftsführers war mindestens doppelt so groß wie meines und tausendmal schöner und teurer eingerichtet. Merkwürdigerweise roch es ein wenig nach indischen Räucherstäbchen.
    Wir nahmen auf einer schwarzen Ledersitzgruppe im Bauhaus-Stil nahe der Fensterfront Platz. Der Blick ging auf den Hof, wo auch heute wieder ein roter Lkw herumrangierte. Vereinzelte Schneeflocken wirbelten im Kreis und schienen eher zu steigen als zu fallen. Die Wolken wurden stündlich dichter und dunkler.
    »Was kann ich für Sie tun?« Holthausen schenkte mit präzisen Bewegungen Kaffee ein und schob mir das Tellerchen mit den Keksen hin, als würde er sich davor ekeln. »Ich habe gehört, es geht um den Tod unseres armen McFerrin und den eines gewissen Herrn Kriegel, dessen Name mir allerdings nichts sagt.«
    »Das ist richtig. Ich habe den Verdacht, dass die Todesfälle etwas mit der Tätigkeit dieser beiden Männer in Ihrer Firma zu tun haben. Im Fall Kriegel natürlich in der, die Ihr Unternehmen letztes Jahr aufgekauft hat. Ich nehme an, Sie haben den größten Teil des Personals übernommen. Beide waren Techniker. Beide haben in der Entwicklungsabteilung gearbeitet. Und nun interessiert mich natürlich die Frage: Haben die beiden möglicherweise am selben Projekt gearbeitet? Lässt sich daraus ein Mordmotiv konstruieren?«
    »Diese Fragen kann Ihnen mein Doktor Unterweger tausendmal besser beantworten als ich.« Vorsichtig schlürfte Holthausen einen Schluck Kaffee. »Der arme Kerl hat jetzt Stress ohne Ende. Sie kennen ihn schon?«
    »Ich hatte vor einigen Tagen die Ehre. Aber er konnte mir nicht weiterhelfen.«
    »Tja.« Holthausen lächelte mich breit an. »Guter Mann, aber leider schlechte Nerven.«
    »Gab es in letzter Zeit ungewöhnliche Vorkommnisse? Hat McFerrin sich vielleicht in den Tagen und Wochen vor seinem Tod merkwürdig benommen? All das interessiert mich, aber Herr Unterweger sagte mir, die Projekte, an denen McFerrin gearbeitet hat, sind geheim. Und deshalb sitze ich jetzt hier in der Hoffnung, von Ihnen mehr zu erfahren.«
    »Ja, das sieht ihm ähnlich.«

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