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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Unsere Branche gilt als zukunftsträchtig, wir versprechen hohe Gewinne, da investiert man gerne. Bitte glauben Sie mir, die übelsten Geier, das sind derzeit die Analysten der großen Versicherer. Die gehen über Leichen. Genauer, sie zwingen uns, über Leichen zu gehen, damit, verzeihen Sie bitte, wenn ich Sie schon wieder korrigiere, damit später auch Menschen wie Sie ein bisschen mehr haben als zuvor.«
    Holthausen nahm wieder Platz. Sein Lächeln war wieder so unverbindlich freundlich wie zu Beginn.
    Ich atmete tief durch. Dann informierte ich ihn in knappen Worten über die Umstände, unter denen Sören Kriegel im letzten Jahr den Tod gefunden hatte.
    »Könnte es sein, dass er im Auftrag seines damaligen Arbeitgebers unterwegs war? Zu dem Zeitpunkt muss der Analytech das Wasser ja schon bis zum Hals gestanden haben.«
    Mit entspannten Bewegungen schenkte er mir Kaffee nach. Seine Tasse blieb leer. »Das halte ich für unwahrscheinlich. Erstens standen die Verkaufsverhandlungen letzten Sommer schon kurz vor dem Abschluss. Und selbst wenn das Management der Analytech so etwas versucht haben sollte, mit welchem Ziel auch immer, dann hätten sie gewiss nicht einen Sachbearbeiter aus irgendeiner technischen Abteilung losgeschickt. So etwas machen die Chefs persönlich. Oder noch besser, man nimmt Leute, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben. Einen zuverlässigen Anwalt zum Beispiel, einen Unternehmensberater. Man trifft sich an einem neutralen Ort, in einem schönen, abgelegenen Hotel zum Beispiel …«
    »Kriegel war in der Nacht seines Todes in einem schönen und abgelegenen Hotel. Und er hat sich dort mit einer reichlich undurchsichtigen Unternehmensberaterin getroffen, die seither verschwunden ist.«
    Holthausen legte die Zeigefinger an die Lippen und sah mich lange an, ohne mich zu sehen. »Wenn Menschen vor dem Ertrinken stehen, dann machen sie verrückte Sachen. Aber ich kann mir das trotzdem nicht vorstellen.« Langsam, fast enttäuscht, schüttelte er den Kopf. »Tut mir Leid. Es muss eine andere Erklärung geben.«
    »Ist noch jemand von der damaligen Firmenleitung im Haus?«
    »Das Management ist immer das Erste, was man in solchen Fällen feuert. Sogar die Chefsekretärin hat ihren Job verloren. Aber der haben wir immerhin nicht kündigen müssen.«
    Mir kam ein anderer Gedanke. »Halten Sie es für möglich, dass es um diese neuen Geräte ging, die Sie entwickeln? Vielleicht wollte Kriegel unter der Hand die Pläne an die Konkurrenz verkaufen? Womöglich sogar im Auftrag der damaligen Firmenleitung?«
    Er blickte auf den Tisch und überlegte. »Das wäre schon eher denkbar. Innerhalb der Abteilung hat jeder Zugang zu allen Unterlagen. Der Kopierer steht nur ein paar Meter weiter.«
    Ich erhob mich. »Könnten Sie mir die Namen der ehemaligen Chefs beschaffen?«
    »Selbstverständlich.« Holthausen sprang auf und reichte mir die Hand zum Abschied. »Meine Sekretärin wird Ihnen die Adressen der Herren heraussuchen. Ich hoffe, sie sind nicht allzu weit weggezogen mit ihren Abfindungen.«
    »Und was ist aus der Chefsekretärin geworden? Die wurde ja vermutlich nicht mit Geld überschüttet.«
    »Die konnte ich zum Glück im Haus unterbringen. Sie haben sie schon kennen gelernt. Frau Knorr ist jetzt unsere Empfangsdame. Sie erledigt den Job nicht gerade mit Begeisterung, aber sie hält sich wacker. Wenn sie so weitermacht, dann wird sie bald nicht mehr in diesem zugigen Entré sitzen müssen.«
    Zum Abschied nickten wir uns freundlich zu. Merkwürdigerweise schienen wir uns zu mögen.
    Als ich im Wagen saß und den Motor anließ, klingelte mein Handy.
    »Dieser Wahnsinnige hat schon wieder geschossen«, sagte Vangelis nüchtern. »Auf Menschen diesmal.«
    Ein offensichtlich lebensmüder Fotograf hatte sich am gegenüberliegenden Neckarufer in Hörrles Schussfeld gewagt in der Hoffnung, von dort mit Hilfe eines langen Teleobjektivs spektakuläre Bilder zu schießen. Das Objektiv und eine Kamera im Gegenwert von zusammen ungefähr zweitausend Euro hatten sich in ein Häufchen Scherben und Plastik-Schrott verwandelt, der Fotograf wurde zurzeit vom Notarzt wegen eines milden Schocks und seines geprellten Handgelenks versorgt. Erst dachte ich, Hörrle hätte daneben getroffen. Aber dann wurde mir klar, das Gegenteil war richtig. Er hatte perfekt gezielt. Hörrle hatte den Fotografen gar nicht treffen wollen. Wieder hatte er mit seiner Kugel eine Nachricht an mich verschickt: Lasst mich in Frieden. Ich

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