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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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kann man überreden, übertölpeln. Einer, der sich in aller Öffentlichkeit das Leben nehmen will, ist dagegen nicht aufzuhalten. Hoffentlich ließ er im Fall des Falles wenigstens seine Tante am Leben.
    Ich blätterte zurück. Am Abend vor dem Mord hatten Nachbarn wieder einmal Streit gehört. Gegen halb elf sei es dann auf einmal still geworden. Kurz darauf habe Hörrle das Haus verlassen. Wie so oft, um noch ein paar Bierchen zu trinken. Vermutlich war seine Frau da bereits tot gewesen. Die Mordmethode hatten die ermittelnden Kollegen als wichtiges Indiz für Hörrles Täterschaft gewertet. Auf diese Weise setzen Soldaten feindliche Wachposten außer Gefecht, wenn dabei kein Geräusch entstehen darf. Man hält dem Gegner von hinten den Mund zu, zieht seinen Kopf zu sich heran, um ihn dann mit aller Kraft mit der rechten Hand über den linken Arm zu kippen. Das Ganze geht, wenn man es kann, so schnell, dass der andere nicht einmal zu einer Abwehrbewegung in der Lage ist.
    Und genau so, auf dieselbe Weise, war auch McFerrin gestorben. Da hatte Balke schon Recht. Hörrle war in der Nähe gewesen, er hatte ein Motiv gehabt. Und dennoch, ich konnte überlegen, wie ich wollte, die Geschichte stimmte einfach nicht.
    Aus den Lautsprechern drang das Geräusch einer Tür, die ins Schloss fiel, schwere Schritte, das erschreckend laute Quietschen eines Stuhls auf Fliesen. Dann war es wieder still.
    Runkel hustete und zog lautstark die Nase hoch. Ich sah auf die Uhr – halb sieben. Zeit für Lorenzo.

15
    Lorenzo hörte mit gesenktem Blick zu, als ich ihm von Diana Gold-Fehrenbachs Verschwinden erzählte. »Nach Lage der Dinge müssen wir wohl davon ausgehen, dass die Frau tot ist. Genauer, dass sie ermordet wurde.«
    Er nippte an seinem Glas und stellte es mit einer unsicheren Bewegung ab. »Dann bin ich vielleicht der letzte Mensch, der sie lebend gesehen hat?«
    »Außer ihrem Mörder.«
    Wieder saßen wir im Wintergarten. Eine Weile sahen wir schweigend hinunter auf den Neckar, die Stadt, die weißen Türme am Ende der Alten Brücke. »Ihren Beruf möchte ich nicht haben, Herr Gerlach«, murmelte Lorenzo endlich.
    »Man gewöhnt sich an fast alles.«
    »An manches sollte man sich vielleicht besser nicht gewöhnen.«
    Maria klapperte unterdessen in der Küche. Inzwischen wusste ich, dass sie, obwohl rothaarig und groß gewachsen, Italienerin war. Aus dem Friaul stammte sie, hatte Lorenzo mir mit dem strahlenden Blick aller Verliebten erklärt, noch während ich ihm die Hand zur Begrüßung drückte. Und sie könne besser kochen als jeder andere Mensch, den er kannte.
    Heute hatte Maria ausnahmsweise keine Probe, ihr nächstes Konzert war erst am Sonntag. Sie selbst hatte ihr Sphinx-Lächeln gelächelt, das mich schon bei unserem ersten Zusammentreffen nervös gemacht hatte und außer »Ciao« kein Wort gesagt. Reden schien nicht ihre Sache zu sein.
    »Womit haben Sie mich heute in Ihr Haus gelockt?« Ich nahm einen Schluck von dem schweren Merlot, den wir uns als Magenöffner gönnten.
    »Ein Aktenkoffer. Heute Morgen, unter der Dusche, ist es mir eingefallen. Ich war mir nicht ganz sicher, deshalb habe ich erst noch im Hotel angerufen. Aber ich hatte mich nicht getäuscht, dieser Herr Kriegel hat damals einen Aktenkoffer zur Aufbewahrung gegeben.«
    Zufrieden nickte er in sein Glas, freute sich an den rubinroten Lichtreflexen.
    »Und was ist drin?«
    »Das werden Sie schon selbst herausfinden müssen.« Er gluckste vergnügt. »Wir schnüffeln doch nicht in den Sachen unserer Gäste herum!«
    »Und warum hat man das Ding nicht längst seiner Witwe ausgehändigt?«
    »Erstens wusste ja bis vor kurzem niemand, dass der arme Herr Kriegel tot ist und es überhaupt eine Witwe gibt. Und zweitens … Nun ja.«
    »Und zweitens?«
    »Ein gutes Haus tut so etwas eben nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte ich verwundert. »Sie hatten seine Adresse, seine Telefonnummer. Es wäre doch kein Problem gewesen, die Frau anzurufen …«
    Lorenzos Blick ließ mich innehalten. Er stellte sein Glas ab. »Sehen Sie, mein lieber Herr Gerlach, das Schlosshotel ist ein gepflegtes Haus mit Stil und einem gewissen Anspruch. Es liegt abgelegen, aber doch nicht allzu weit von der Autobahn. Was glauben Sie wohl, wie viele Ehepaare ich dort begrüßen durfte, die in Wagen mit verschiedenen Kennzeichen anreisten? Die zwar Ringe trugen, aber nicht die gleichen?«
    »Okay. Das verstehe ich schon, aber …«
    »Was würde wohl geschehen, wenn wir diesen

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