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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Ende der Steigung in den Wald hinauf war ich restlos außer Atem und musste ein Stück gehen, bis die Sternchen vor meinen Augen wieder verblassten. Mein Trost waren andere, jüngere sogar, denen es kein bisschen besser ging. Die überraschende Wärme hatte offenbar nicht nur mich an die guten Vorsätze der Silvesternacht erinnert.
    Ein drahtiger Kerl, der aus nichts als Muskeln und Sehnen bestand, flitzte ruhig atmend an mir vorbei. Leider war er auch noch deutlich älter als ich. Erfolgreich widerstand ich dem Drang, ihm ein Bein zu stellen, und machte kehrt. Man soll sich am Anfang nicht zu viel zumuten, das liest man überall. Da ich offensichtlich außer Stande war, meine sportlichen Betätigungen regelmäßig zu betreiben, kam ich nur leider aus den Anfängen nie heraus.
    Um elf war ich wieder zu Hause und fühlte mich trotz allem wie ein Sieger. Die Zwillinge saßen in der Küche, heute wieder gleich angezogen, und verputzten munter die Brötchen.
    »Paps, also diese Handys …«, begrüßte Sarah mich mit vollem Mund.
    »Was ist damit? Funktionieren sie nicht richtig?«
    »Klar, funktionieren tun sie schon«, wand sich Louise. »Aber …«
    »Aber?« Ich setzte mich zu ihnen an den Tisch. Die Zeit, die sie brauchten, um von der Einleitung bis zum Punkt zu kommen, war in der Regel ein gutes Maß für die Summe, die mich die Lösung des Problems am Ende kosten würde.
    »Man kann ja bloß telefonieren damit.«
    »Erstens schreibt ihr pro Tag ungefähr eine Million SMS, und zweitens hatte ich bisher gedacht, ein Handy sei ein Funktelefon. Habe ich da was falsch verstanden?«
    Es war ihnen anzusehen, welche Qualen sie litten, weil das Schicksal sie mit einem so begriffsstutzigen Vater geschlagen hatte.
    »Doch. Natürlich.« Endlich holten sie Luft zum Endschlag. »Man kann aber keine Fotos damit machen.«
    »Fotos macht man mit dem Fotoapparat, telefonieren tut man mit dem Telefon.« In stummer Verzweiflung rollten zwei Paar große blaue Augen. »Wisst ihr ungefähr, was das Verschicken eines Fotos per Handy kostet? Dafür könnt ihr drei Ansichtskarten samt Briefmarken kaufen!«
    Das Augenrollen wurde beängstigend.
    »Aber alle haben Foto-Handys«, erklärte mir Louise gequält.
    »Nur wir nicht«, ergänzte Sarah deprimiert.
    »Und was machen diese anderen mit ihren tollen Fotos?«
    Sie musterten mich wie einen Geisteskranken. »Na, angucken, was sonst?«
    »Und findet ihr es nicht auch ziemlich bescheuert, Fotos zu machen, um sie sich anschließend auf einem Display anzusehen, für das man eine Lupe braucht? Wozu habt ihr die Digitalkameras, die euch Oma und Opa geschenkt haben?«
    »Aber darum geht’s doch überhaupt nicht!« Grimmig machten sie sich wieder an ihre Schokoladencreme-Schmiererei. Ihre Laune wurde noch um mehrere Grade schlechter, als ich ihnen klar machte, dass wir heute Abend bei meinem Chef zum Essen geladen waren. Und dass es keine Ausrede gab. Keine.
    »Müssen wir etwa Kleidchen anziehen?«, fragte Louise giftig, die ich noch vor wenigen Tagen in genau diesem Aufzug gesehen hatte.
    »Es reicht, wenn ihr euch menschenwürdig benehmt und nicht allzu laut am Essen herummeckert.«
     
    Als ich eine Stunde später vom Einkaufen zurückkam, waren die Zwillinge verschwunden, und das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte. Es war Sönnchens Stimme. Die Nachricht war erst auf den zweiten Blick interessant. Über Sören Kriegels Firma hatte sie bisher nichts in Erfahrung bringen können, dafür aber etwas anderes. Er war früher schon einmal verheiratet gewesen. Cornelia Johansson, notierte ich, Branichstraße, irgendwo in einem vornehmen Wohnviertel oberhalb von Schriesheim. Sogar die Telefonnummer hatte meine unersetzliche Sekretärin ermittelt.
    Sollte ich? Sollte ich nicht? Ich trödelte eine Weile in der Küche herum, verstaute meine Einkäufe, überlegte, was ich zu Mittag kochen würde und ob ich meine Töchter dabei einplanen sollte. Nein, ich würde nicht anrufen. Auch ein Kripochef hat ab und zu ein Recht auf ein bisschen freie Zeit. Außerdem sah die Küche aus, als hätten die Hunnen darin ihr Erntedankfest gefeiert, der Wäschekorb war kaum noch zu finden unter dem Berg schmutziger Wäsche. Dienst ist Dienst, Haushalt ist Haushalt.
    Eine halbe Stunde später brummten Wasch- und Spülmaschine um die Wette, das ärgste Chaos war beseitigt, und ich hielt es nicht mehr länger aus.
     
    Cornelia Johansson war eine beeindruckende Erscheinung. Nicht gerade eine Schönheit, aber doch um

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