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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Couchtischs lag eine feine Staubschicht, der helle Teppich hatte länger keinen Staubsauger gesehen. Vielleicht war die Putzfrau erkrankt. Frau Johansson wirkte auf mich nicht wie eine Frau, die selbst zum Lappen greift.
    Sie kam zurück und nahm wieder Platz. Ihr Blick klebte an der Zigarettenpackung.
    »Was für eine Nervensäge«, schnaubte sie und räusperte sich schon wieder. »Schon zum dritten Mal ruft er an und will unbedingt meinen Mann sprechen wegen irgendwelcher Geschäfte.«
    »Darf ich fragen, was Ihr Mann arbeitet?«
    Nun nahm sie sich doch eine Zigarette. »Geschäfte. Immobilien. Aber zurzeit macht er ein bisschen Ferien. Und ich denke, er hat sich ein paar Tage Ruhe verdient.« Sie stieß den Rauch durch die Nase und sah mich finster an. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Von wem die Trennung ausging.«
    Sie lachte unmotiviert auf und warf den Kopf zurück. »Ich weiß zwar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle, aber gut. Ich habe damals Jakob kennen gelernt. Wie es so geht: Vernachlässigte Ehefrau, ein wohlhabender Mann, der noch dazu nicht schlecht aussieht.« Gierig saugte sie an der Zigarette. »Jakob arbeitet auch viel und ist oft unterwegs. Aber wenn er hier ist, dann ist er hier. Wenn man ihn was fragt, dann bekommt man eine Antwort und wird nicht angeguckt wie ein Goldfisch, der plötzlich anfängt zu singen. Die Geschichte mit uns lief zwei, drei Jahre, ohne dass Sören auch nur den leisesten Verdacht hatte. Ich glaube, wenn ich einfach gegangen wäre, er hätte es erst gemerkt, wenn er im Kühlschrank kein Bier mehr gefunden hätte.«
    Einige Sekunden schwieg sie und überprüfte den Nagellack an ihren Fingern. »Irgendwann fing Jakob an zu drängeln. Ich musste mich entscheiden. Und das habe ich getan.«
    »Wie hat Ihr Mann reagiert?«
    »Gott!« Wieder lachte sie auf. »Ein wenig rumgejammert hat er schon. Aber ich bin sicher, hätte sein Porsche einen Motorschaden gehabt, es hätte ihn härter getroffen. Finanziell gab’s keine Probleme. Ich brauchte nichts und ich wollte nichts von ihm.«
    »Können Sie mir Namen seiner Angestellten nennen?«
    »So viele sind’s ja nicht gewesen. Da war erst mal Dean, Dean McFerrin.« Ich war nicht einmal überrascht, diesen Namen hier zu hören. »Sören und er waren sozusagen der Kern der Firma. Ohne die beiden wäre nichts gegangen. Dann gab’s eine Sekretärin, von der weiß ich aber nur den Vornamen: Ilse. Alle haben sie immer nur Ilsebilse gerufen. Und einer hat Meyer geheißen, glaube ich.«
    »Könnte es auch Meyers gewesen sein?«
    Sie zog eine schiefe Grimasse. »Möglich.«
    Ein Großteil der Belegschaft von Kriegels Firma hatte offenbar nach dem Zusammenbruch erst zur Analytech und später zur SETAC gewechselt.
    »Und das waren alle?«
    Mit einem Ruck leerte sie ihren Cognacschwenker. »Natürlich nicht. Aber wie gesagt …« Inzwischen gab sie sich keine Mühe mehr zu verbergen, dass sie mich los sein wollte.
    »Haben Sie den Namen Hörrle in diesem Zusammenhang einmal gehört? Vitus Hörrle?«
    »Hörrle? Warten Sie …« Sekundenlang sah sie durch mich hindurch. »Ist das so ein Quadratschädel in Uniform?«
    Ich musste lachen. »So könnte man ihn beschreiben. Bei der Bundeswehr ist er allerdings nicht mehr.«
    Sie nickte einige Male in Gedanken. »Irgendwas hat Sören mit dem zu tun gehabt. Fragen Sie mich aber nicht, was. Ein paar Mal hab ich den in der Firma gesehen, abends. Sie hatten irgendwas zu besprechen, dieser Hörrle, Sören und Dean. Hat immer ziemlich gedauert, und wie üblich haben sie ein Geheimnis daraus gemacht. Vielleicht kann Ilsebilse Ihnen mehr darüber sagen? Oder McFerrin?«
    Offenbar hörte Frau Johansson keine Nachrichten. Ich klärte sie über die jüngsten Geschehnisse auf.
    »Wie jetzt?«, fragte sie erschrocken und drückte die halb gerauchte Zigarette aus. »Tot? Dean auch?«
    »Lesen Sie denn keine Zeitung?«
    »Doch. Aber mehr den Teil für Überregionales. Es interessiert mich nicht besonders, wenn ein Hund unter die Straßenbahn kommt oder ein paar Studenten von der Alten Brücke in den Neckar pinkeln.«
    »Wann war das, als Sie Hörrle gesehen haben?«
    Seufzend langte sie wieder nach der Dunhill-Packung. Für heute war das Projekt Nikotinentzug offenbar beendet. Als das Feuerzeug schon brannte, schüttelte sie den Kopf und zerkrümelte die Zigarette im Aschenbecher.
    »Ziemlich gegen Ende schon. Vermutlich hatte er was mit Sörens Projekt zu tun.«
    Ich berichtete im Telegrammstil von

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