Heidelberger Lügen
genug, und der Unterweger ist ein Genie. Ohne den gäb’s die Firma sowieso nicht mehr.«
Es wurde immer offensichtlicher: Auch Meyers spielte eine Rolle in diesem Stück. Hoffentlich bedeutete der Umstand, dass wir ihn noch immer nicht gefunden hatten, nicht das, was ich inzwischen befürchtete.
»Meyers muss Kriegel und McFerrin also von früher gekannt haben«, sagte ich mehr zu mir selbst als zu meiner Gesprächspartnerin.
»Da haben Sie Recht«, erwiderte sie zögernd. »Die sind auch gleich per du gewesen. Jetzt, wo Sie’s sagen, fällt’s mir erst auf. Die waren alle drei wie … ja, wie alte Kumpels.«
Vangelis machte mir Zeichen. Ich gab ihre Frage weiter: »Sagt Ihnen der Name Hörrle etwas?«
»Hörrle? Ist das nicht dieser Geiselgangster? Nein, den kenne ich nicht. Gott sei Dank, muss man da wohl sagen.«
Ich bedankte mich mit warmen Worten. Diese Frau war Gold wert.
»Haben Sie schon das Neueste gehört?«, fragte sie zum Schluss. »Wir werden schon wieder verkauft! Die SETAC wird von der amerikanischen Konkurrenz übernommen. Heute Mittag haben wir es erfahren, per Rund-Mail, stellen Sie sich das vor! Früher, da hätte man wegen so was eine ordentliche Personalversammlung einberufen und den Leuten ins Gesicht gesehen, aber heute …« Sie seufzte. »Die Hälfte der europäischen Standorte wird geschlossen. Wegen der Synergieeffekte. Heidelberg ist auch dabei.«
»Das tut mir Leid für Sie.«
»Ach, das braucht es nicht. Ich hätte so oder so früher oder später gekündigt. Ich find schon wieder was. Aber wissen Sie, was mich freut? Dass dieser blöde Holthausen jetzt arbeitslos wird. Dass es auch mal einen von denen erwischt.«
Vangelis verabschiedete sich, um endlich in Wieblingen ihre Schicht anzutreten, und ich versuchte es noch einmal bei Vanessa Kriegel. Dieses Mal nahm sie sofort ab.
»McFerrin? Ja, den Namen hat Sören ein paar Mal erwähnt. War das nicht ein Kollege von ihm?«
»Hat er ihn schon früher gekannt?«
»Das weiß ich nicht. Da war ich ja nicht dabei.«
»Was hat Ihr Mann gemacht, bevor er arbeitslos wurde?«
»Selbstständig war er. Das habe ich Ihnen doch erzählt. Er hat eine kleine Firma gehabt.«
»Was wissen Sie darüber? Was hat die Firma hergestellt?«
»Nur, dass er was mit Computern gemacht hat. Damit hat er sich ja ausgekannt.« Aus ihren letzten Worten klang Stolz.
Im Hintergrund krachte etwas. Björn begann zu brüllen.
»Fast hätte er sogar seinen Doktor gemacht, aber dann hat er doch lieber eine Firma gegründet. Er konnte es nicht leiden, von anderen abhängig sein.«
»Und wie hieß diese Firma?«
»Warten Sie, hier liegen überall noch Kugelschreiber rum, wo es draufsteht.« Ich musste einige Sekunden warten. Was ich dann hörte, machte mich kein bisschen schlauer. »Secusoft. Secusoft GmbH.«
Björn brüllte immer noch.
»Sind im Arbeitszimmer Ihres Mannes vielleicht noch alte Unterlagen? Ordner? Disketten, CDs?«
»Bestimmt. Ich kann später nachsehen. Aber jetzt muss ich erst gucken, was dieses Kind schon wieder angestellt hat.«
Später meldete sich endlich Theresa. Wie üblich von Handy zu Handy. »Ich habe ja versucht, es ihm auszureden. Aber er freut sich schon so auf das Essen morgen Abend, du musst einfach kommen.«
Ich stöhnte auf. »Woher weiß er überhaupt, dass wir miteinander gesprochen haben? Ich hatte das deutliche Gefühl, dass er weiß, dass wir uns treffen.«
»Erstens«, erwiderte sie lachend, »ist das schlechtes Deutsch, ein Satz mit zwei Mal ›dass‹. Und zweitens, was ist das für eine merkwürdige Frage? Egonchen hat mich gebeten, dich anzurufen. Weiter nichts. Was denkst du denn?«
Ich gab mir Mühe, ihr zu glauben. »Es geht aber trotzdem nicht. Würde es helfen, wenn ich krank werde? Wenn meine Mädels Mumps kriegen?«
»Sei ein Mann und stelle dich der Herausforderung!«
Was blieb mir übrig? Wer legt sich schon gleichzeitig mit seinem Chef und seiner Geliebten an? Wir verabredeten uns auf sieben Uhr.
»Legere Kleidung, Smoking ist nicht nötig«, sagte sie am Ende. »Ich muss auflegen, er kommt.«
Sönnchen sah herein, um mir ein schönes Wochenende zu wünschen und zu fragen, wie es mir ging. Ich behauptete, es ginge mir gut, und versprach, mir endlich einmal wieder einen freien Abend zu gönnen.
»Aber wenn Sie zufällig irgendwas über eine Firma Secusoft in Erfahrung bringen, Sönnchen, dann rufen Sie mich bitte sofort an. Auch am Wochenende.«
An diesem Abend waren meine Töchter zu
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