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Heidelberger Lügen

Heidelberger Lügen

Titel: Heidelberger Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Perspektive gewusst. Kriegel hatte ihn eingeweiht, vielleicht sogar den Erlös mit ihm teilen wollen.
    Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich los musste. Den Autoschlüssel trug ich noch in der Hosentasche. Während der kurzen Fahrt überlegte ich weiter.
    Außer McFerrin gab es möglicherweise noch andere, die Anspruch auf einen Teil der Beute erhoben. Und zumindest einer dieser Mitwisser war mit der geplanten Verteilung nicht einverstanden gewesen. Dieser Jemand musste von Kriegels Plänen erfahren haben, hatte ihn vielleicht längere Zeit beobachtet und schließlich im Hotelzimmer zur Rede gestellt. Sich unbemerkt ins Haus zu schleichen, dürfte zum damaligen Zeitpunkt nicht weiter schwierig gewesen sein. Das Hotel war voller mehr oder weniger betrunkener Audi-Ingenieure, dazu das losbrechende Gewitter und das damit verbundene Chaos.
    Kriegel dürfte nicht erfreut gewesen sein über den unerwarteten Besuch. Vermutlich hatte es Streit gegeben, Diana Gold-Fehrenbach war geflohen und lebte nun sorgenfrei an irgendeinem sonnigen Strand von ihrer Vermittlungsprovision. Kriegel hatte weniger Glück gehabt. Er hatte das Geld zurückgelassen, um es später zu holen. Vielleicht hatte er auch nur den Kopf verloren. Der Unbekannte war ihm gefolgt, Kriegel geriet in Panik, fuhr zu schnell, kam im Sturzregen von der Straße ab oder wurde sogar von seinem Verfolger gerammt und abgedrängt. Auch die Aussage des Mosbacher Schupos ergab plötzlich Sinn: Kriegels Verfolger hatte nach dem Unfall hastig den zerstörten Opel durchsucht, das Geld aber natürlich nicht gefunden.
    Vöhringer entpuppte sich als ein gedrungener, breiter Mann mit glänzender Stirnglatze und sonnigem Gemüt. Im Inneren des nüchternen Gebäudes mit phantasieloser Glas-und-Blech-Fassade roch es nach Putzmitteln und Aktenstaub. Im zweiten Stock schloss Vöhringer ein Büro auf, fiel auf seinen Schreibtischsessel und war im Gegensatz zu mir kein bisschen außer Atem.
    »Sie haben was zu schreiben?«
    Ich zückte meinen Notizblock, er summte einige Augenblicke vor sich hin, bis sein Computer soweit war. Dann schob er die klotzige Brille mit schwarzem Gestell auf die Stirn und begann erstaunlich flott zu tippen.
    »Die Secusoft GmbH, soso. Hier habe ich die Lohnsteueranmeldung von vor drei Jahren. Das war ihre letzte. Gehören sie auch zu denen, die Pleite gemacht haben?«
    Er diktierte mir einige Namen, suchte die dazugehörigen Anschriften aus einer Datenbank, und fünf Minuten später standen wir schon wieder auf dem gut besuchten Baumarkt-Parkplatz und reichten uns die Hände.
    »Dass Sie mir aber keinen Ärger machen, okay?«, rief Vöhringer fröhlich. »Wir braten beide in der Hölle, wenn das rauskommt!« Er klemmte sich hinter das Lenkrad seines schwarzen Audi TT und fuhr mit quietschenden Reifen an. Plötzlich bremste er, setzte rasant zurück, ließ das Fenster herunter.
    »Und wenn ich mal wieder Stress habe mit Ihren grünen Kollegen, wegen ein paar Stundenkilometerchen zu viel, dann darf ich Sie doch anrufen, okay?«
    Ich versprach, im Fall des Falles mein Möglichstes zu tun, und er raste lachend davon. Auf meinem Block standen nur drei Namen: Ilse Lehrmann, Moritz Meyers und Gianfranco Trapatino. Dies waren die letzten Angestellten, die Kriegel bis zum endgültigen Zusammenbruch der Secusoft behalten hatte. Diese drei hatten mit Sicherheit von seinem Projekt gewusst. Eine dieser Personen dürfte Kriegels und McFerrins Mörder sein.
    Nun brauchte ich ein Telefonbuch. Das nächste, das mir einfiel, lag nicht weit von hier im Schreibtisch meiner Sekretärin. Also fuhr ich ins Büro.
    Hundert Meter können im Heidelberger Samstagnachmittagsverkehr ihre Zeit dauern, wenn man aufgrund der Verkehrsführung einige Umwege fahren muss. Ich ärgerte mich darüber, dass ich den Peugeot genommen hatte. Zu Fuß hätte ich keine fünf Minuten gebraucht.
    An den roten Ampeln rund um den Bismarckplatz überlegte ich weiter. Wie und weshalb Kriegel ums Leben gekommen war, glaubte ich nun zu verstehen. Aber weshalb McFerrin? Wie passte sein Tod ins Bild? Nachdem Kriegel nicht mehr am Leben und das Geld unauffindbar war, hatte er vermutlich begonnen, vorsichtig nachzuforschen. Vermutlich ahnte er, wer dahintersteckte. Er kannte alle infrage kommenden Personen und dürfte gewusst haben, wem eine solche Tat zuzutrauen war.
    Die Neckarbrücke kam in Sicht, und es ging wieder zurück in Richtung Süden. Auch hier staute sich der Verkehr und war jede Ampel rot. Noch

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