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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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machen?«
    »Siehst du«, hörte ich jemanden wispern. »Er hat’s doch nicht vergessen!«
    »McDonald’s«, sagte die andere fest. »Wir wollen bei McDonald’s essen.«
    Ich seufzte. »Warum wollt ihr euch unbedingt schon mit vierzehn das Leben nehmen?«
    »Alle essen bei McDonald’s. Und keiner stirbt daran.«
    »Aber sie werden kugelrund. Guckt euch die Amerikaner an. Wisst ihr nicht, wie amerikanische Kinder aussehen?«
    »Wir sind aber keine Amerikaner.«
    »Und wir sind auch keine Kinder.«
    »Und wir essen öfter bei McDonald’s, als du denkst.«
    »Und trotzdem sind wir nicht dick. Und außerdem hat Pizza genauso viele Kalorien. Das haben wir in der Schule gelernt.«
    Etwas in ihrem Ton ließ mich wissen, dass ich längst verloren hatte.
    »Okay. Es ist ja eure Gesundheit. Mittags oder lieber abends? Abends ist besser, dann könnt ihr anschließend gleich ins Bett gehen und euch auskurieren.«
    »Mittags und abends«, scholl es im Chor.
    »Kommt nicht in die Tüte!« Ich setzte den Blinker und fuhr bei Durlach von der Autobahn ab.
    »Das ist aber total unfair!«, behaupteten sie empört.
    »Was, bitte schön, ist daran unfair? Das ist Mathematik. Einmal Geburtstag, einmal McDonald’s.«
    »Wenn Meike Geburtstag hat, dann gehen ihre Eltern mit ihr zu McDonald’s. Und wenn ihr kleiner Bruder Geburtstag hat, der Björn, dann gehen sie auch hin.«
    »Ja und?«
    »Wir haben beide Geburtstag. Mittags gehen wir mit Sarah hin«, erklärte mir Louise.
    »Und abends mit Louise«, ergänzte Sarah.
    Es gibt eine Art von Logik, gegen die kommt man selbst mit der natürlichen Autorität eines Vaters nicht an.
     
    Am Freitagmorgen servierte mir Sönnchen unter eisigem Schweigen Kaffee und Croissants. Ich bat sie, den Termin beim Augenarzt abzusagen, weil ich jetzt weder Zeit noch Nerven dafür hatte. Sie nickte nur und wich meinem Blick hartnäckig aus. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    Aber ich hatte keine Ruhe, mich darum zu kümmern.
    Für neun Uhr setzte ich eine Lagebesprechung an.
    »Zur Arbeit ist er immer mit dem Fahrrad gefahren«, berichtete Runkel mit dumpfer Stimme und einem Gesicht, als wäre dies eine ungeheuer tragische Nachricht. »Und allein ist er immer gekommen. Eine von den Schwestern hat gesagt, sie hätte mal gesehen, dass er von Handschuhsheim die Berliner Straße runtergeradelt ist. Mit so einem ganz alten schwarzen Herrenrad.«
    Ich schrieb mit, weil Sönnchen schon wieder unauffindbar war. »Die große Frage ist, langt es für einen Haftbefehl oder nicht?«, warf ich in die Runde.
    »Was haben wir denn?«, fauchte Vangelis. »Nichts als Vermutungen. Kein einziges Indiz. Kein Richter Deutschlands wird Ihnen darauf einen Haftbefehl unterschreiben!«
    Dennoch ging ich später schweren Herzens und ohne Hoffnung zur Staatsanwaltschaft hinüber, um Frau Doktor Steinbeißer vielleicht doch davon zu überzeugen, dass Volker Krahl dringend des Mordes an Patrick und Sylvia Grotheer verdächtig war. Mit eisiger Miene frischte sie meine Kenntnisse der deutschen Strafprozessordnung auf.
    Als ich in mein Büro zurückkam, wartete Runkel schon auf mich. Ich versuchte, nett zu ihm zu sein.
    »Jetzt hab ich endlich diesen Bruder vom Krahl aufgetrieben«, meinte er. »Gar nicht so einfach. Der lebt nämlich jetzt in Vancouver. Hab auch schon ein paar Mal angerufen. Aber der ist nie da.«
    »Gut. Bleiben Sie dran.«
    »Und dann hab ich doch rausfinden sollen, was diese Frau Gardener geschafft hat, früher. Einen Bus hat die nämlich gefahren, einen Schulbus. Bei den Amerikanern.«
    »So einen richtigen großen, dicken Bus, meinen Sie?«
    Er nickte. »Da wird sie auch ihren Mann kennen gelernt haben, schätz ich mal. Was sie dann später gemacht hat, weiß ich noch nicht.«
    »Wer so einen Bus fahren kann, der kann doch bestimmt auch einen Lastwagen fahren«, sagte ich langsam.
    »Klar. Warum nicht?«
    »Ob sie vielleicht doch hin und wieder das Haus verlässt?«
    »Hab ein bisschen bei den Nachbarn rumgefragt. Gesehen hat sie niemand in den letzten Jahren. Aber die Gärten sind groß, nachts ist es dunkel, die Leute gehen früh ins Bett …«
    »Aber wie Georg Simon sieht sie ja nun beim besten Willen nicht aus.« Mir schoss eine Idee in den Kopf. »Und ihr Mann? Was war der bei der Army?«
    »Das ist gar nicht so leicht rauszufinden. Die Amis lachen einen nur aus, wenn man sie fragt. Aber ein früherer Nachbar, der hat gemeint, irgendwas mit Aufklärung, Elektronik und so.«
    Den Rest des

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