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Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
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zusehen, wie er von den Faulpelzen zum Deppen gemacht wird. Zum Trottel, der sich das Geld mit beiden Händen aus jeder Tasche ziehen lässt.« Plötzlich erschien ein müdes Grinsen in seinem Gesicht. »Und außerdem, ja verdammt, ich mag ihn einfach nicht. Er ist ein Waschlappen. Ein Mensch ohne Rückgrat.«
    »Mit welcher Begründung ist er eigentlich seinerzeit so früh pensioniert worden?«
    »Ich bin sein Nachbar, nicht sein Arzt.« Braun setzte sich wieder, stützte die Unterarme auf den Tisch, betrachtete seine kräftigen Sportlerhände mit gepflegten, sauber gefeilten Nägeln. »Von Anfang an war mir der Kerl aus tiefstem Herzen unsympathisch. Mit seinem Bernhardinerblick, den ungebügelten Hosen, diesen ewigen karierten Schlabberhemden, seiner ganzen schleimigen Art. Ich kann Menschen nun mal nicht ausstehen, die sich gehen lassen, keine Energie in sich haben, nichts aus sich machen.«
    Ich begann zu begreifen, warum seine Frau solchen Wert darauf legte, dass ihr Mann nichts von ihrem Kontakt zu Seligmann wusste.
    »Eines kann ich Ihnen jedenfalls versichern«, sagte Braun sehr leise und kalt und mit einem Blick, der mir absolut nicht gefiel. »Noch mal passiert mir so was nicht!«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich habe mir eine Waffe besorgt. Eine Beretta, neun Millimeter. Und ich kann damit umgehen, keine Sorge, und ich werde sie auch benutzen, wenn’s drauf ankommt. Sollte es wieder mal so früh an meiner Haustür klingeln, dann werde nicht ich derjenige sein, der anschließend ärztliche Versorgung braucht.«
    »Ich nehme an, Sie haben die nötigen Papiere dafür?«
    »War überhaupt kein Problem, bei meinem Job und allem, was passiert ist.«
    Wir verabschiedeten uns beinahe freundlich, und ich wandte den uralten Trick an, den Fernsehkommissare so gerne benutzen: Schon in der Tür blieb ich stehen und sah noch einmal zurück, als wäre mir die Frage eben erst eingefallen.
    »Halten Sie es eigentlich für möglich, dass Ihr Nachbar ermordet wurde?«
    »Für möglich halte ich es zwar nicht«, erwiderte er, nun wieder ganz entspannt, »aber man kann ja auch mal Glück haben.«
     
    Sowie ich wieder an meinem Schreibtisch saß, bestellte ich Balke zu mir.
    »Ich hätte einen Job für Sie. Einen, der Ihnen Spaß macht, wie ich Sie kenne.«
    Er sah mich an und wartete auf die Bescherung.
    »Sie haben doch eine Menge Verbindungen. Lassen Sie die mal spielen und versuchen Sie, alles über die Familie Braun in Erfahrung zu bringen, was Sie können. Wie Sie es machen, ist mir gleichgültig, solange ich hinterher keinen Ärger kriege.«
    »Alles?«
    »Wie sind ihre finanziellen Verhältnisse? Was erzählen die Nachbarn? Was sagen die Angestellten über ihren Chef? Was hört man so im Tennisclub?«
    »Haben Sie denn einen Verdacht?«
    »Nur so ein Gefühl.«
    Das stimmte nicht ganz. Es war mehr als ein Gefühl, was mich umtrieb, es war ein Vorurteil. Menschen, die ihre Anständigkeit derart lautstark vor sich hertragen wie Braun, hatten mich schon immer misstrauisch gemacht.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann. Wird nicht leicht werden, aber irgendwas geht ja immer.« Fröhlich sprang er auf. »Am besten, ich ruf nachher gleich mal die kleine Jessica beim Finanzamt an. Die ist mir sowieso noch einen Gefallen schuldig. Und, jetzt fällt’s mir ein, da gibt’s auch noch die süße Coco. Die war vor drei Jahren noch irgendwas Wichtiges in der Verwaltung der Sparkasse. Die redet zwar nicht mehr so wahnsinnig gerne mit mir, aber vielleicht, wenn ich ein bisschen nett zu ihr bin …«
    Abwehrend hob ich die Hände. »Es reicht mir völlig, wenn Sie mir am Ende erzählen, was Sie in Erfahrung gebracht haben.«
    Schon am frühen Nachmittag klopfte er wieder an meine Tür. Die Kraft, mit der er dies tat, war meist ein gutes Maß für seine Zufriedenheit mit den Ergebnissen seiner Arbeit. Heute klopfte er etwas lahm.
    »Viel habe ich auf die Schnelle nicht erreicht«, sagte er. »Aber so viel ist schon mal klar: Dieser feine Herr Braun lebt eindeutig über seine Verhältnisse. Ich weiß jetzt ungefähr, was er als Chef einer kleinen Sparkassenfiliale verdient. Gar nicht mal so berauschend, übrigens. Und da fährt der Mann einen niegelnagelneuen Neunhundertelfer Carrera, der mindestens hunderttausend Mücken gekostet haben muss! Haus und Grundstück sind zusammen eine dreiviertel Million wert, und die Hypotheken sind noch lange nicht getilgt. Der Sohnemann studiert und will bestimmt auch jeden Monat ein bisschen Geld

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