Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heidelberger Wut

Heidelberger Wut

Titel: Heidelberger Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolgang Burger
Vom Netzwerk:
einmal blicken ließ.
    »Wenn Sie mich auch allein hier sitzen lassen!«
    »Sie sind manchmal wirklich ein schrecklicher Mensch, wenn ich das mal sagen darf.«
    »Zur Wiedergutmachung hab ich auch schon die Tasse gespült, haben Sie es gemerkt?«
    »Da am Rand ist sie aber nicht sauber. Und das Kännchen haben Sie gar nicht ausgespült. Das haben Sie vergessen.«
    Immerhin lächelte sie schon wieder. Aber sie gab sich Mühe, es mich nicht merken zu lassen.

16
    »Vergewaltigt? Ein Kind? Sagen Sie mal, sind Sie pervers?«
    »Wer von uns beiden pervers ist, werden wir noch herausfinden. Wir haben Ihre Speichelprobe. Und in ein, zwei Tagen werden wir wissen, wer Jule Ahrens vergewaltigt hat. Bis es so weit ist, würde ich aber gerne Ihre Version der Geschichte hören.«
    Seligmann sah auf seine Hände. Sah wieder auf. Sein Adamsapfel hüpfte noch stärker als gestern. Irgendwo hatte dieser Mann eine Leiche begraben, dessen war ich mir jetzt sicher. Mein Angriff war zu überraschend gekommen, er hatte keine Chance gehabt, sich vorzubereiten, sich seine Antworten zurechtzulegen. Also tat er, was jeder Mensch in seiner Situation tut – er versuchte abzulenken.
    »Sagen Sie mal, was soll das eigentlich? Ich gestehe die Beteiligung an diesem Bankraub, Sie finden eindeutige Beweise in meinem Auto, die ich Blödian dort habe liegen lassen. Und jetzt kommen Sie mir mit dieser uralten Sache? Haben Sie vielleicht noch mehr ungelöste Fälle im Schrank, die Sie mir anhängen möchten?«
    »Ich will Ihnen nichts anhängen. Ich will einfach nur aus Ihrem Mund hören, wie das damals abgelaufen ist.«
    Sönnchen erschien mit zwei Tassen Kaffee. Seligmann nahm einige kleine Schlucke. Stellte die Tasse sehr langsam ab. Schließlich wies er auf die zwei Ordner auf meinem Schreibtisch.
    »Lesen Sie. Da steht alles drin.«
    »Ich würde es trotzdem gerne von Ihnen hören.«
    Er sah mir ins Gesicht. Inzwischen hatte er sich schon wieder besser im Griff. Aber in seinem Blick irrlichterte die Angst.
    »Also gut«, seufzte er. »Ich bin rausgegangen und hab das Kind blutend auf dem Gehweg gefunden. Mein Wagen stand zum Glück ganz in der Nähe. Damals war die Garage noch nicht fertig. Ich hab sie auf den Rücksitz gelegt, besonders schwer war sie ja nicht.«
    »Und sind ins Uni-Klinikum gefahren mit ihr.«
    Wieder nippte er an seinem Kaffee.
    »Vermutlich hab ich mir unterwegs ein paar Geschwindigkeitsüberschreitungen zuschulden kommen lassen. Aber das dürfte inzwischen verjährt sein.«
    »Selbst wenn, Sie hätten in Nothilfe gehandelt. Haben Sie eigentlich immer die Autoschlüssel in der Tasche, wenn Sie nachts auf die Straße gehen?«
    Spätestens an diesem Punkt hatte ich den üblichen Satz erwartet: »Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.«
    Aber er kam nicht. Stattdessen zuckte mein Gegenüber die Schultern und grinste mich schief an.
    »Der ist an meinem Schlüsselbund. Wenn ich den Hausschlüssel dabei hab, dann hab ich auch den Wagenschlüssel. Ihr Kaffee ist übrigens gut!«
    »Machen Sie sich nicht zum Narren«, erwiderte ich kalt. »Wir reden hier nicht über Kaffee.«
    Sein Grinsen erstarb. Als er wieder zur Tasse griff, zitterte seine Hand. Schwach nur, aber sie zitterte. In dieser Sekunde verschwand mein letzter Zweifel daran, dass ich auf der richtigen Fährte war. Was bisher nur eine gut begründete Vermutung war, wurde zur Gewissheit. Ich musste nur lange und tief genug bohren, um zu erfahren, was Seligmann zehn Jahre lang verschwiegen hatte.
    »Jule Ahrens war Ihre Schülerin, richtig?«
    »Richtig.«
    Regel eins, wenn man verhört wird: Alles zugeben, was der andere ohnehin schon weiß oder wissen könnte. Lüge nur, wenn es unumgänglich ist.
    »Ich hatte damals am Helmholtz eine Vertretung. Und da war sie in meiner Klasse, glaub ich.«
    »Glauben Sie?«
    »Ich bin mir fast sicher.«
    »Also haben Sie sie gekannt.«
    »Ich hab im Lauf meines Lebens tausende von Schülerinnen und Schülern gekannt. Und wieder vergessen. Das gehört zu meinem Beruf.«
    »Ich kann mir vorstellen, dass man zu manchen Schülern eine engere Beziehung entwickelt als zu anderen. Wie war das bei Jule Ahrens?«
    Er fummelte seine Zigaretten aus einer Hosentasche.
    »In meinem Büro wird nicht geraucht!«
    Ergeben legte er das zerknautschte Päckchen auf den Tisch.
    »Es war wie bei allen anderen auch. Man kennt das Gesicht. Aber nach zwei, drei Monaten erinnert man sich nicht mal mehr an den Namen.«
    »Jules Name ist Ihnen aber gleich wieder

Weitere Kostenlose Bücher